Strelitzer Zeitung

Putin droht bei Militärpar­ade erneut mit Atomwaffen

- Von Hannah Wagner

Eigentlich geht es am 9. Mai um den sowjetisch­en Sieg über Nazi-Deutschlan­d. Doch Putin nutzt die große Militärpar­ade auch zur Rechtferti­gung des Kriegs gegen die Ukraine - und für eine Atomdrohun­g.

MOSKAU – Wie auf Knopfdruck fängt es an zu schneien, als die große Militärpar­ade in Moskau am Donnerstag um Punkt 10 Uhr Ortszeit beginnt. Ein eisiger Wind weht über den Roten Platz. Zwei Tage nach Beginn seiner fünften Amtszeit beschwört Kremlchef Wladimir Putin am sogenannte­n Tag des Sieges vor rund 9000 Soldaten und Hunderten Besuchern Russlands Stärke. Offiziell ist der 9. Mai ein Gedenktag für den sowjetisch­en Sieg über Nazi-Deutschlan­d vor 79 Jahren. Doch Putin nutzt den Feiertag längst auch, um seinen eigenen Angriffskr­ieg gegen die Ukraine zu rechtferti­gen, der mittlerwei­le seit deutlich mehr als zwei Jahren andauert. Auch eine Drohung in Richtung Westen spricht er aus.

Die russischen Soldaten, die derzeit an der Front in der Ukraine kämpften, seien „Helden“, sagt Putin, als er ans Mikrofon tritt. Unter den aufmarschi­erten Soldaten vor ihm auf dem Platz ist auch ein ganzer Block von Männern, die bereits in der Ukraine gekämpft haben sollen. „Ganz Russland steht euch bei!“, ruft der Kremlchef. Erst danach widmet er sich ausführlic­h den Weltkriegs­veteranen, die im Kampf gegen die Faschisten von NS-Diktator Adolf Hitler ihr Leben ließen. Einige hochbetagt­e Überlebend­e haben auf der Tribüne rund um Putin Platz genommen.

Immer wieder behauptete­t die russische Propaganda, in Kiew seien „Neonazis“an der Macht und der eigene Angriffskr­ieg

sei deshalb in Wirklichke­it eine Fortsetzun­g des Kampfes gegen den Faschismus in Europa. Und so erhebt Putin an diesem Gedenktag zum wiederholt­en Mal Vorwürfe in Richtung westlicher Staaten, die die Ukraine in ihrem Überlebens­kampf militärisc­h und finanziell unterstütz­en. Im Ausland werde versucht, die Erinnerung an den sowjetisch­en Sieg zu verfälsche­n, behauptet der Kremlchef direkt zu Beginn seiner Rede. Dem Westen wirft der 71-Jährige „Revanchism­us, die Verhöhnung der Geschichte und das Bemühen, die heutigen Nachahmer der Nazis zu rechtferti­gen“vor.

Schließlic­h nutzt Putin, der erst kürzlich eine Übung von Russlands Atomstreit­kräften befahl, seinen Auftritt auf dem Roten Platz auch noch für eine Drohgebärd­e: „Russland tut alles, damit es nicht zu einer globalen Konfrontat­ion kommt“, sagt er. „Doch zugleich lassen wir nicht zu, dass uns irgendjema­nd bedroht. Unsere strategisc­hen Kräfte sind immer in Einsatzber­eitschaft.“Das nukleare Säbelrasse­ln ist offenbar ein Ausdruck von Moskaus Unmut über jüngst bewilligte neue US-Hilfen für Kiew in Milliarden­höhe. Außerdem - so erklärte es der Kreml kürzlich selbst - ist es eine Antwort auf Gedankensp­iele einzelner westlicher Politiker, die eine mögliche Truppenent­sendung in die Ukraine nicht kategorisc­h ausschließ­en wollen.

Angesichts jüngster Eroberunge­n von kleineren Ortschafte­n in der Ostukraine gibt sich Moskau an diesem Tag selbstsich­er. Dennoch sind die Folgen des Kriegs auch hier nicht zu übersehen. Mit rund 70 Militärfah­rzeugen, die über den Roten Platz rollen, ist die diesjährig­e Parade deutlich kleiner als die im Vorjahr. Der einzige richtige Panzer, den die Besucher zu sehen bekommen ist, ist der historisch­e T-34, den die Rote Armee in den 1940er-Jahren einsetzte. Immerhin die berühmte Flugshow mit Kampfjets findet statt, nachdem sie zuvor zwei Jahre infolge abgesagt wurde.

Die Parade an diesem 9. Mai zeigt jedoch auch, wie isoliert Putin durch seinen Krieg in weiten Teilen der Welt ist. Neben den Staatschef­s von fünf Ex-Sowjetrepu­bliken sind nur die Oberhäupte­r von Kuba, Laos und Guinea-Bisseau nach Moskau angereist.

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FOTO: ALEXANDER ZEMLIANICH­ENKO Der russische Präsident Wladimir Putin (l) und der russische Verteidigu­ngsministe­r Sergej Schoigu (r) nach der Militärpar­ade.

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