Ratsleute der Kreisstadt lehnen Aufhebung von Moratorium für ehemaliges Stasi-Gefängnis ab
Die Stadt Neubrandenburg kann beim Verkauf des ehemaligen Stasi-Gefängnisses weiter nicht mitbieten. Für ein Ende des fünfjährigen Moratoriums fand sich keine Mehrheit.
NEUBRANDENBURG – Der Neubrandenburger Stadtverwaltung bleibt vorerst jede Veränderung auf dem Gelände des ehemaligen Gefängnisses im Lindenberg-Viertel untersagt. Die Stadtvertretung der Vier-Tore-Stadt stimmte am Donnerstag mehrheitlich gegen einen Antrag, der die Aufhebung eines sogenannten Moratoriums vorsah, das Ende 2022 beschlossen worden war.
Dieses untersagt der Verwaltung für fünf Jahre jede Art von Veränderungen auf dem Grundstück. Damit kamen die Kauf-Verhandlungen zwischen dem Land als Eigentümer und der Stadt zum Erliegen. Auch einen Bebauungsplan für das Gelände, auf dem nach einem Abriss Wohnungen hätten entstehen sollen, kann nicht aufgestellt werden. Das Land will nun das Gelände an Dritte veräußern, für die das Moratorium nicht gilt.
Den Antrag zur Aufhebung des Moratoriums hatte die rechts-konservative Fraktion Bürger für Neubrandenburg (BfN) eingebracht.
Neben ihr stimmte die Linksfraktion mit Ja. Dagegen votierten die Fraktionen von CDU/FDP, AfD und Bündnis 90/Die Grünen. Die SPD enthielt sich diesmal. Bei der denkbar knappen Abstimmung im November 2022 hatten die Sozialdemokraten noch für das Moratorium die Stimmkarten gehoben.
Durch den zeitlichen Aufschub mit dem Moratorium soll genügend Zeit gegeben werden, um ein Konzept für eine Gedenkstätte zu entwickeln, in der an die inhaftierten Opfer in der ehemaligen Untersuchungshaftanstalt des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) der DDR in Neubrandenburg erinnert werden soll.
Die 1987 eröffnete Haftanstalt gilt als Musterbau der DDR-Staatssicherheit für weitere Objekte, die nie gebaut wurden. Nach der Wiedervereinigung wurde das Gebäude umgebaut und bis zu Schließung 2018 als Justizvollzugsanstalt genutzt.
Ein Gutachten kam zu dem Ergebnis, dass der Komplex in Plattenbauweise keinen Denkmalwert hat. Zudem wird häufig darauf verwiesen, dass es in dem ehemaligen Stasi-Gefängnis in der Töpferstraße in Neustrelitz bereits einen Erinnerungsort gibt. Dessen Finanzierung steht aber auf wackeligen Füßen. Der stellvertretende Vorsitzende der BfN
Fraktion, Hans-Jürgen Schwanke, wünschte sich, das Moratorium zu beenden und gleichzeitig eine Gedenkstätte zu initiieren. „Wir blockieren dort Flächen und die Bürger lachen sich tot, weil wir die ehemaligen Flächen der Stasi erhalten“, warb er vergeblich um Zustimmung.
Robert Schnell von der AfD äußerte Unverständnis darüber, dass die Frage überhaupt gestellt werde, dort Wohnraum
entstehen zu lassen. Es gebe in Neubrandenburg genug andere Flächen, auf denen gebaut werden könne.
André Rohloff, Vize-Landesvorsitzender der Vereinigung der Opfer des Stalinismus (VOS), kritisierte, dass „die linken Ewiggestrigen programmatisch wie methodisch ihrer eigenen bewegten Geschichte treu“seien. Er fragt sich nach eigenen Worten, ob sie in den BfN politisch Gleichgesinnte gefunden haben. Rohloff: „Von PolitikerInnen erwarte ich kein Gezank auf den Rücken der Opfer des DDR-Unrechtsstaates. Ich erwarte ehrliche Zeichen der Aufarbeitung, des Erinnerns und Gedenkens.“
Um ungewollte städtebauliche Entwicklungen im Falle eines Verkaufs des Neubrandenburger Gefängnisareals mit einer Fläche von 36.200 Quadratmetern zu verhindern, hat die Stadtvertretung am Donnerstag auf Vorschlag des Rathauses eine sogenannte Veränderungssperre für den entsprechenden BPlan beschlossen. Sie soll dazu dienen, dass alle Nutzungsänderungsund Bauanträge, die während der Planaufstellung eingereicht und genehmigt werden, in Übereinstimmung mit den formulierten Planungszielen stehen. Allerdings kann die Dauer der Veränderungssperre laut Stadt auf maximal drei Jahre verlängert werden.