Das Glück ist ein Vogerl
Buchhändler Thomas Mahr aus Langenau empfiehlt Bettina Balàkas „Die Tauben von Brünn“.
Als Böhmen noch zu Österreich gehörte, vor mehr als 150 Jahren, gab es noch kein Telefon. So konnte eine Brieftaube die in Brünn gezogenen Zahlen einer Lotterie nach Wien übermitteln, wo es noch immer möglich war zu setzen. Vier Stunden brauchte der berittene Glücksbote für den Weg, eine Taube nicht mal zwei. Genügend Zeit also, das Glück zu manipulieren.
„Die Geschichte, die die Österreicherin Bettina Balàka in „Die Tauben von Brünn“erzählt, ist so fantastisch, dass man kaum glauben mag, dass sie auf einem wahren Hintergrund beruht“, sagt der Langenauer Buchhändler Thomas Mahr. Denn mit dem Brieftauben-trick wird der Lotteriebaron Johann Karl von Sothen so reich, dass er ein Schloss und ein Landgut kaufen kann. Ja, er kann dem Thronfolgerpaar zur Hochzeit gar eine Sisi-kapelle stiften. Doch im unmenschlichen Umgang mit seinen Bediensteten zeigt er sein wahres Gesicht. Berta, die Erzählerin, ist die Leidtragende.
Eine Zeit im Zwiespalt
Der Roman sei mehr als nur eine Episode aus dem Kuriositätenkabinett der Donaumonarchie, sagt Mahr: „Er ist geprägt vom krassen Widerspruch des Emporkömmlings in den Kreisen des Wiener Hofes und der Not überall in den Gassen Wiens.“Gute Zeiten für die Lotterien, zumal das Kaiserreich mitverdiente. „Doch das Glück ist ein Vogerl“, weiß Berta. Deshalb liebt sie nicht nur ihre Tauben, sondern alle Vögel, die frei sind zu fliegen.
„Der Roman zeigt eine Zeit, die geprägt ist von dem Zwiespalt des Aberglaubens und dem Aufstieg der Wissenschaften“, so Mahr: „Auch ein Grund, warum sich die Menschen nicht länger mit dem Vertrösten auf das Paradies zufrieden gaben, sondern ihr Glück zu Lebzeiten einforderten.“Am Grabmal des Lotteriebarons in Wien könne man noch heute lesen: „Hier, in dieser schönen Gruft, liegt der allergrößte Schuft, zeigts kein Sechserl runter, sonst wird er wieder munter.“
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