Tenor brilliert in der Nikolaikirche bei Johannes-Musik von Bach
Musikalischen Hochgenuss durften die Gäste des Gemeinschaftsprojektes der Preußen, des Collegiums Vocale Berlin und des Uckermärkischen Konzertchores sowie von Solisten erleben.
PRENZLAU – Ein Konzert besonderer Art haben die Zuhörer am Osterwochenende in der Prenzlauer St. Nikolai-Kirche erlebt. Unter der Leitung von Thomas Hennig und Mitwirkung des Collegium Vocale Berlin, von Mitgliedern des Uckermärkischen Konzertchores sowie des Preußischen Kammerorchesters wurde am Karfreitag die früheste der heute bekannten Passionsmusiken Johann Sebastian Bachs aufgeführt. Ausführende Solisten der Johannes-Passion (BWV 245) waren Mayu Kawada (Sopran), Elisabeth Starzinger (Alt), Till Schulze (Bariton), Haakon Schaub (Bass/Jesus) sowie Shimon Yoshida (Tenor/Evangelist).
„Ich habe die Johannes-Passion bereits in vielen Aufführungen gehört, auch vom Thomaner- und vom Kreuzchor. Aber so eine überzeugende Leistung des Tenors wie am heutigen Karfreitag in Prenzlau war nicht dabei“, zeigte sich Jürgen Bischof begeistert. Die Stimmführung, die Behandlung der Sprache, der Ausdruck und die dramatische Gestaltung der Passionsgeschichte seien eine Interpretation auf höchstem Niveau gewesen. „Dazu die ganze, sehr umfangreiche Partie auswendig gesungen, das habe ich so auch noch nicht erlebt.“Von Shimon Yoshida war zu erfahren, dass der Versuch einer solchen Vortragsart auch für ihn eine Premiere gewesen sei. Diese Wertschätzung in einer Zeit, da das 300-jährige Jubiläum der Uraufführung von Bachs Johannes-Passion begangen wird, war für das Publikum ein prägendes Erlebnis.
Auch die soliden Leistungen der anderen Solisten trugen zu dem Gesamteindruck des musikalischen Hochgenusses bei. Das anspruchsvolle Projekt war bereits eine Woche zuvor in der Johanniskirche Schlachtensee zur Aufführung gekommen.
„Sowohl der Auftritt in Schlachtensee als auch hier in Prenzlau waren Heimspiele für mich“, sagte die Mitwirkende Waltraut Gumz, die im Wechsel halbjährig in der Uckermark und in Berlin lebt. „Mit dem Preußischen Kammerorchester habe ich die Passion zum ersten Mal gespielt, wirke sonst in Barockorchestern mit meiner Gambe mit. Es war eine angenehme Erfahrung. Und es hat alles gut geklappt.“
Nicht nur der Zusammenklang des Orchesters war ansprechend. Hoch anzuerkennen ist auch, wie die anspruchsvollen Chorpartien und Choräle musiziert wurden. Es wird eine lange und gründliche Vorbereitung gebraucht haben. Der Kammerchor des Konzertchores Schlachtensee, Collegium Vocale Berlin, und ausgewählte Mitglieder des Uckermärkischen Konzertchores Prenzlau setzten die Partitur mit Enthusiasmus um.
Die Johannes-Passion ist neben der Matthäus-Passion die einzige vollständig erhaltene authentische Passion von Johann Sebastian Bach. Sie ergänzt durch Choräle und frei hinzugedichtete Texte den Evangelienbericht nach Johannes von der Gefangennahme Jesu, der Verleugnung des Petrus, dem Verhör beim Hohepriester, dem Gericht des Pilatus, der Kreuzigung und dem Begräbnis.
Matthias Hermsdorf aus Nordwestuckermark hatte Passionsmusik bisher gescheut in Erwartung von Melancholie und Trauer, die diese auslösen könnte. „Ich bin beeindruckt von der Ausdrucksstärke, besonders davon, wie verinnerlicht der Tenor die Geschichte vortrug.“Für ihn habe sich ein Bezug zur Gegenwart offenbart. „Ich habe gehört, wie Wahrheit und Menschlichkeit Machtspielen und Ängsten geopfert werden. Es war aber eine Ermutigung, ehrlich zu vertreten, was einem klargeworden ist.“