Lychener fühlen Kandidaten um das Bürgermeisteramt auf den Zahn
Drei Bewerber wollen ins Rathaus der Stadt. Welche Ideen und Vorstellungen sie haben, wollten die Einwohner von Lychen und aus den Ortsteilen bei einem Wahlforum von ihnen wissen.
LYCHEN – Wie wäre es, am Standort der ehemaligen Gesamtschule in Lychen Wohnraum zu schaffen? Mehr noch: Wäre es nicht auch eine Möglichkeit, das Kriegerdenkmal in der Berliner Straße abzutragen und an einem anderen Standort, zum Beispiel im Friedrich-Ebert-Park, wiederaufzubauen, zugunsten einer Wohnbebauung, beispielsweise für junge Familien? Diese Fragen richtete Sven Klemckow an die drei Bewerber um das Bürgermeisteramt Karola Gundlach, Juliane Primus und Jan Genschow. Klemckow gehörte zu den vielen Lychenern, die ein Wahlforum mit den drei Kandidaten in der Joachim Kolloff Sporthalle besucht hatte.
Für Amtsinhaberin Karola Gundlach (parteilos) stellt sich tatsächlich die Frage, wie es mit der ehemaligen Gesamtschule weitergehen soll. Sie erinnerte daran, dass der Stadt das Gebäude als Denkmal „übergestülpt“wurde. Wohnraum dort zu schaffen, sei sicher eine Option. Das denkmalgerecht dort hinzubekommen, sei allerdings nicht einfach, sagte sie. Für eine Wohnbebauung in der Berliner Straße sieht sie in den nächsten Jahren keine Chance. „Ich weiß, dass vielen dieses Denkmal wichtig ist, und eher gefordert wird, dass wir es wieder ordentlich aufbauen“, so Karola Gundlach.
Juliane Primus (Wählergemeinschaft Wir für Lychen) erinnerte daran, dass es schon einmal einen Interessenten für die Gesamtschule gab. Sie schlug vor, mit ihm noch mal in Kontakt zu treten. „Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass es niemanden gibt, der das Gebäude spannend findet und Lust hat, da etwas zu entwickeln“, so die 36-Jährige. Bevor man etwas wie das Kriegerdenkmal abreißt, sollte man lieber überlegen, Wohnraum in leer stehenden Immobilien zu schaffen, zum Beispiel in einem Mehrfamilienhaus in der Weinbergstraße.
Jan Genschow (Wählergemeinschaft Lychen tut gut) sieht nicht, dass die Stadt das Geld hat, die ehemalige Gesamtschule zu sanieren. „Meine Vision wäre, wir versuchen, an eine Universität zu gehen und ihnen zu sagen: Wir haben hier ein Gebäude für euch. Wollt ihr es nicht nutzen?“, so der 47-Jährige. Er sprach sich zudem für den Erhalt des Kriegerdenkmals aus. „In Lychen mangelt es nicht an Bauf läche“, stellte er fest.
Frank Fock aus Lychen richtete seine Frage an die amtierende Bürgermeisterin. Er schätze ihre Arbeit und ihren Enthusiasmus für die Stadt Lychen. „Wäre es mit Ihrer Erfahrung über 31 Jahre in der Stadtverwaltung nicht besser und vorausschauender, wenn man den jungen Kandidaten einen Vorlauf geben würde, und Sie die Kandidaten unterstützen?“„Das ist eine spitze Frage“, stellte Karola Gundlach fest, drückte sich aber nicht um eine Antwort. „Ich bin noch nicht Rentner. Ich habe Lust weiterzuarbeiten und fühle mich fit“, so die 63Jährige. Es gebe jetzt die Wahl um das Bürgermeisteramt, bei der jeder die Chance gehabt habe, sich zu bewerben. Sie habe für sich entschieden, weitermachen zu wollen.
Uwe Lorenz beschäftigt indes eine ganz andere Frage. Nach Ansicht einer Wählergemeinschaft hat Lychen ein Drogenproblem. Vor dem Hintergrund der Legalisierung von Cannabis wollte er wissen, ob mit einer Verschärfung des Problems zu rechnen sei. Angesprochen fühlte sich Juliane Primus. Sie erklärte, dass darüber in der Wählergemeinschaft diskutiert wurde. Sie selbst habe dazu den Kontakt mit dem Chef des Polizeireviers in Templin gesucht, wie man mit dem Thema umgehen soll. „Er hat gesagt: Beobachten, melden und einfach mit der Polizei in Kontakt bleiben“, sagte sie.
Was aus dem MillionenProjekt eines Indoor-Adventure-Familienzentrums in der historischen Mühle wird, das 2019 vorgestellt wurde, und wie die Kandidaten dazu stehen, wollte ein Retzower Bürger wissen. „Das Problem an der Sache ist, die Stadt müsste den Eigenanteil zahlen. Den würden wir irgendwie zusammenkriegen. Die große Herausforderung war, wenn die Mühle umgebaut ist, wer betreibt sie und wer trägt den
Unterhalt? Darüber sind wir nicht fertig geworden“, sagte Jan Genschow. Nach Corona sei die Diskussion dazu eingeschlafen. Sie müsste wieder aufgenommen werden.
„Es ist nicht so, dass wir nicht alle wollen, dass dort etwas entsteht“, sagte Karola Gundlach. Hinsichtlich Fördermitteln habe die Stadt die Mühle weiterhin im Blick. Die Frage könnte sicher Roland Resch viel besser beantworten, meinte Juliane Primus. „Ich als Bürgermeisterin würde Sie fragen“, sagte sie mit Blick auf Resch. Er hatte das Wahlforum moderiert.
Der Lychener gehört dem Verein „Wasser auf die Mühle“an, der bereits einige Projekte in dem denkmalgeschützten Komplex auf den Weg gebracht und verwirklicht hat. Auch die Idee des Erlebniszentrums verfolgt der Verein. „Die Schwierigkeit ist: Die Stadt muss sich dazu bekennen“, sagte Roland Resch. Das habe sie in den zurückliegenden Jahren nicht mehr können oder wollen. Dieses Bekenntnis sei aber notwendig, damit potenzielle Geldgeber wie die Deutsche Bundesstiftung Umwelt, die Deutsche Stiftung Denkmalschutz sowie zwei größere Naturschutzverbände in das Projekt einsteigen. Zur Diskussion stehe ein jährlicher Eigenanteil der Stadt in Höhe von 80.000 Euro, der nach Aussage der Bürgermeisterin nicht darstellbar gewesen sei. Auch von den Stadtverordneten hätte es kein Signal dazu gegeben.
Noch viele andere Fragen gab es bei dem Wahlforum. Es ist nicht die letzte Gelegenheit für die Bürger, die drei Kandidaten zu befragen. Helge Hoefs, Betreiber des Alten Kinos, hat die Bewerber noch einmal einzeln eingeladen. Zunächst stellt sich am 16. Mai Juliane Primus den Fragen, am 23. Mai Jan Genschow und am 30. Mai Karola Gundlach. Die Veranstaltungen beginnen jeweils um 19.30 Uhr, der Eintritt ist frei.