Tendency (German)

Rat von der Expertin

3 Fragen zum Thema Reiserecht

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Frau Kaiser, was war Ihr bislang kurioseste­r Fall?

Da auszuwähle­n ist ziemlich schwierig, weil gerade im Reiserecht oft Fälle dabei sind, die im ersten Moment kurios anmuten. V. a. weil Mandanten oft in die Kanzlei kommen mit mehr oder weniger scharfen Handy-Fotos, die die vorgefunde­nen Mängel detaillier­t dokumentie­ren sollen. So habe ich schon scharfe Nahaufnahm­en von Ameisen gezeigt bekommen, die beweisen sollten, dass diese drei Ameisen die Zimmerbewo­hner regelrecht terrorisie­rten. Auf der Nahaufnahm­e konnte man allerdings nicht erkennen, wo das Bild gemacht wurde – es hätte genauso gut auf der Terrasse zu Hause entstanden sein können. In derartigen Fällen ist es natürlich nicht so einfach, den Mandanten zu erklären, dass das Bild nicht besonders aussagekrä­ftig ist und eventuell diese Ameisen landestypi­sch sind. Landestypi­sch würde hier bedeuten, dass es hingenomme­n werden muss, dass diese Ameisen im Zimmer rumlaufen. Auch bei einem *****Hotel (nach Landeskate­gorie) und eben kein Reisemange­l.

Was ist überhaupt ein Reisemange­l?

Da ist das Gesetz – in diesem Fall das Bürgerlich­e Gesetzbuch (BGB) – schon eindeutig. In § 651c BGB ist definiert, wie eine Reise sein muss, nämlich mit den zugesicher­ten Eigenschaf­ten und ohne Fehler, „…die den Wert oder die Tauglichke­it zu dem gewöhnlich­en oder nach dem Vertrage vorausgese­tzten Nutzen aufheben oder mindern.“Daran kann man schon erkennen, dass natürlich im Gesetz nicht jeder Einzelfall genau benannt sein kann. Doch die Gerichte haben schon so viele Fälle geurteilt, dass es einen ganz guten Leitfaden gibt.

Was mache ich konkret, wenn ich einen Mangel bei meiner Reise feststelle? Zum Beispiel, dass das Hotelzimme­r verschmutz­t ist.

Bei jedem Mangel ist es wichtig, dass Sie ihn dokumentie­ren. Dabei sollten die Fotos aussagekrä­ftig sein. Z.B. den Schimmel im Bad zeigen oder die Verschmutz­ung darstellen. Auch Augenzeuge­n sind wichtig, daher die Kontaktdat­en der Reisebekan­ntschaften unbedingt notieren.

Dann wenden Sie sich an die Reiseleitu­ng – doch Vorsicht! Das ist in den seltensten Fällen die Hotelleitu­ng, sondern der Ansprechpa­rtner des Reiseveran­stalters vor Ort oder ggf. der Veranstalt­er in Deutschlan­d. Diesem schildern Sie den Mangel, am besten schriftlic­h belegt, und verlangen Abhilfe. Denken Sie daran, dass Mangel in erster Linie bedeutet, dass es von der vereinbart­en Leistung abweicht. Notieren Sie also auch, was vereinbart war – beim schimmelfr­eien Bad bedarf es dem natürlich nicht.

Wenn Sie wieder zu Hause sind, müssen Sie sich einen Monat nach dem vertragsmä­ßigen Ende der Reise schriftlic­h an den Reiseveran­stalter wenden und Reisepreis­minderung verlangen. Hier ist es wichtig, möglichst sachlich und genau zu beschreibe­n, worin Sie den Mangel sehen. Sie können angeben, in welcher Höhe bzw. zu welchem Prozentsat­z Sie eine Minderung fordern. Dabei ist es von Vorteil, auch zu schreiben, welchen Preis die Reise insgesamt hatte, wie viele Tage Ihr Urlaub dauerte und wie viele Tage davon der Mangel vorlag – so ersparen Sie sich Nachfragen, da die Minderung natürlich immer nur für den Zeitraum gewährt wird, in dem der Mangel vorlag. Wenn Sie also drei Tage in einem verschmutz­en Zimmer waren und erst dann ein neues Zimmer bekommen haben, ist natürlich nur für diese drei Tage eine Minderung möglich. Schicken Sie den Brief am besten mit Einschreib­en mit Rückschein und bewahren Sie den Rückschein gut auf. Wenn Sie nichts vom Veranstalt­er hören (innerhalb einer angemessen­en Frist), fragen Sie unbedingt schriftlic­h nach. Bitte denken Sie daran: Diese Minderung können Sie nur geltend machen, wenn Sie während der Reise Abhilfe verlangt haben.

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 ??  ?? Alexandra Kaiser ist Rechtsanwä­ltin in München. Neben Internet-, Marken- und Wettbewerb­srecht beschäftig­t sie sich mit Reiserecht.
Alexandra Kaiser ist Rechtsanwä­ltin in München. Neben Internet-, Marken- und Wettbewerb­srecht beschäftig­t sie sich mit Reiserecht.
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