Alpenländisches Lebensgefühl in der Trachtenmode
In Österreich und Bayern ist die Tracht bei der älteren wie jüngeren Generation gleichermaßen Bestandteil der Alltagskultur. In schnelllebigen Zeiten sehnen wir uns nach mehr Beständigkeit, Wertigkeit, Zugehörigkeit, was die Tracht zu einem Teil unseres Lebensstils macht: Traditionen pflegen und dennoch modernen Zeitgeist zur Schau stellen.
„Billigware, in solchen Mengen auf den Markt geworfen, lässt keine echten Bedürfnisse mehr entstehen. Der Markt ist übersättigt. Das Positive an dieser Übersättigung ist ein neues Bedürfnis nach Authentizität und Individualität. Nicht mehr in der Menge mitzuschwimmen, sondern mutig seine Einmaligkeit zu leben und zu zeigen, ist angesagt.“
Designerin Heidi Beck
Allemal fesch anzuschauen sind sie, die Damen in perfekt sitzenden Dirndln und die Herren in ihren beinahe unverwüstlichen Krachledernen. Die Trachtenmode ist heute ungeheuer vielfältig. Das erklärt auch ein wenig, warum sie in anderen Regionen und Ländern ebenfalls recht beliebt ist. Auf der Messe Tracht & Country Premiere 2016 in Salzburg zeigte sich einmal mehr, wie vielfältig Tracht heute interpretiert wird.
„Tracht“kommt von „tragen“, erklärt die Inhaberin von Gaisberger Couture, Andrea Mojescick-Plieschnegger. Diese Mode könne jeder tragen. Ob teuer oder billig, hochwertig oder günstig, es sei ganz wichtig, dass man Tracht und damit die Werte an die nächste Generation weitergibt.
Als Ausdruck solider Beständigkeit erlebt Tracht nicht nur zu festlichen Anlässen immer wieder ein Comeback. Sie zeigt sich vielfältig wie die Mode selbst: klassisch, traditionell oder gerne auch trendig. „Denn wenn sich Tracht nicht weiterentwickelt hätte, wäre sie jetzt tot“, argumentiert Rudi Brunner, Junior Managing Director der Original Stockerpoint GmbH.
Hochwertige Stoffe, wie Seide, ausgesuchte Einzelteile je nach Anlass, Accessoires, wie handgearbeitete Knöpfe, Schürzenbinder, Tücher oder Schmuck, Knie umspielende Rocklängen, die Wahl der Schuhe (z. B. Haferl) und Taschen gelten als Ausdruck eines dauerhaften Verständnisses von guter Kleidung. Leger kombiniert mit T-Shirt und Sneakers unterstreicht die traditionelle Lederhose das Selbstwertgefühl ihrer Träger, ob zu Festen, im Job oder in der Freizeit.
Heute werden weniger Komplettausstattungen gefragt, dafür mehr Einzelteile, wie Westen, kleine Dirndljacken, bedruckte oder gepatchte Shirts, Zweiteiler und geschmückte Hemden. Die Mode mit Volkstumscharakter wird alltagstauglicher durch Blümchenmuster, Blaudruck, Jaquards, Vintage-Look oder aufgedruckte Trachtenmotive.
Während einige Hersteller an Klassischem festhalten, experimentieren andere mit pfiffigen Extras, wie Kapuze, Reißverschluss und Materialmix, die vor allem die jüngere Kundschaft ansprechen. Ein Hauch von Hippie-Look: „Flower Power“erlebt in der Trachtenmode eine Renaissance mit Blümchen auf sportlichen Polo-Shirts, traditionellen Westen und Miedern sowie Accessoires.
Selbst Traditionsunternehmen können problemlos Kapuzenmodelle etablieren, weil sie sehr gut von den Jungen angenommen werden. Auch knallige Farben, wie ein kräftiger Beerenton zeigen, dass traditionelle Strickmode mit modernen, zeitgemäßen Akzenten seine Liebhaber findet.
Der Trend beim Dirndl geht weg von schweren Bauwollstoffen. Leichtigkeit und eine noch bessere Passform beweisen, dass die Tracht jünger geworden ist. Die Rocklängen pendeln sich wieder bei 70 bis 90 Zentimetern ein. Wer es kürzer mag, greift zu einer kurzen Jeans im Trachtenlook. Die Nachfrage nach Modellen aus Jeansstoff sei laut Brunner sehr gut: „Es rockt!“
Ob klassisch oder modern: Eine hohe Qualität, die oftmals heimische Fertigung in Deutschland bzw. Österreich und viel Handarbeit sind ein herausragendes Merkmal vieler der auf der Salzburger Messe gezeigten Produkte.
Accessoires machen das Trachtenoutfit perfekt.
Was wäre ein Trachten-Outfit ohne passende Accessoires? Klassisch oder Vintage, verspielt oder glamourös – alles ist möglich. Kettchen und Applikationen dürfen heute funkeln. Der Trend bei den Accessoires geht wieder hin zu mehr Hochwertigkeit.
Längst durchlebte Trends werden von Designern neu interpretiert, wie die Geweihda-Kollektion von Petra Schmidt-Grabsch auf der Secret Fashion Show Vol. 5 eindrucksvoll bewies: Nach laut und bunt folgten 2016 sanfte Nude-, Puder- und Beigetöne, „Back to the roots, klassisch mit einem gewissen Pfiff“. „Petzie“, wie die Designerin genannt wird, kreierte für die Kollektion einen modernen Schalk, ein Dirndl mit einem eingearbeiteten Bustier und einem Ärmchen, woran der Kenner einen traditionellen Schnitt erkennt.