4 Filetiermesser ∙ Alles im Griff?
In den meisten Küchen finden sich unzählige Geräte zur Zerkleinerung von Lebensmitteln – denn diese lassen sich in ihrer Ursprungsform meist nicht verarbeiten. Neben allerlei elektrischen Helfern sind es vor allem die klassischen Messer, die unverzichtbar sind für ein gelungenes Mahl. In unserer Testküche treten 4 Filetiermesser gegeneinander an.
Die Prozesse in unserem menschlichen Körper legen einen weiten Weg zurück, um an die Nährstoffe der Lebensmittel zu gelangen. Das Zerlegen der Molekülstrukturen als einer der letzten Schritte vor der Nutzung durch die Zellorgane ist das Ende einer langen Ketten von Zerkleinerungsprozessen. Diese Abfolge beginnt jedoch nicht erst im Verdauungstrakt, sondern bereits mit dem mechanischen Zerkleinern durch die Zähne und eben vorher beim Zubereiten der Speisen.
Was hier sehr komplex anmutet, ist es in Wirklichkeit auch, läuft zum Glück aber ohne unser Zutun ab und ist durch den langen Arm der Evolution bestens ausgefeilt. Was uns nicht erspart bleibt, ist das Kochen selbst. Doch von wegen erspart: Mit dem richtigen Werkzeug kann Kochen viel Freude bereiten und gerade mit guten Messern sinkt sowohl der Energie- als auch der Zeitaufwand. Ein geringes Verletzungsrisiko inklusive, denn wer Wert auf hohe Qualität und scharfe Klingen legt, hütet sich vor übermäßigem Krafteinsatz und macht das Schneiden nicht zum Quetschen.
Präzise und flott
Bei den präzisen und oft langen Schnitten des Filierens stellt der Koch so einige
Ansprüche an sein Messer. Die Wörter Filieren und Filetieren bedeuten im Übrigen das gleiche und werden synonym verwendet. Die Klinge muss dafür selbstverständlich entsprechend scharf sein, zusätzlich ist eine sehr gute Flexibilität gefragt, die einerseits die nötige Bewegungsfreiheit bietet, andererseits das Messer auch nicht heillos schlingern lässt. Ein sehr weiches Zurückstellen der Klinge aus dem gebeugten Zustand ist ebenso angenehmer und wünschenswerter als ein scharfes Zurückschnalzen. Die Gesamtkonstruktion aus Balance, Grip und der Form des Griffs sorgen außerdem für die richtige Schnittführung und der richtigen Portion Sicherheit unter dem angesprochenen Punkt der Schärfe. Unter diesen und weiteren Gesichtspunkten untersuchen wir vier hochwertige Messer zum Filieren in unserer Testküche und lassen Fleisch und Obst dünn aussehen.
Asiatisches Handwerk
Der Kandidat von Tokio Kitchenware fällt zunächst durch seine elegante Aufmachung ins Auge: Eine Holzschatulle beherbergt das beinahe 40 Zentimeter (cm) lange Messer. Von dieser Gesamtlänge entfallen satte 25cm auf die Klinge, die ausgehend vom gehämmerten
Blatt per Hohlschliff in der Schneidfase mündet. Der Griff (Heft) des Messers ist aus afrikanischem Rosenholz gefertigt und abschließend lackiert. Der Grip an diesem im Querschnitt oval-runden Griff ist sehr gut und die Länge auch für große Hände mehr als ausreichend. Ein guter Halt an diesem Messer ist auch nötig, denn durch die ausladende Klinge liegt das Messer mit seinen 190 Gramm (g) sehr kopflastig in der Hand, zeigt gleichzeitig aber eine sehr gute seitliche Stabilität beim Schneiden. Eine Fehlschärfe ist nicht eingebracht - diese ist auch nicht nötig, da der lange Griff die Finger ausreichend weit von der Klinge entfernt hält. Das Klingengewicht und die erwähnte Kopflastigkeit lassen das Messer insgesamt sehr fallend, beinahe hackend wirken - vielleicht etwas zu sehr für ein Filiermesser. Außerdem geht dieses Arbeitsgefühl nach kurzer Zeit sehr über das Handgelenk. Wichtig zu wissen: Die Klinge ist als einzige im Test nicht flexibel, sondern durchgehend starr und kommt somit eher einem Entbeinmesser nahe.
Stark gewichtet
Das Messer des Traditionsunternehmen F. Dick führt den Blick des Betrachters zunächst gezielt zum Griff. Massives
Metall wechselt sich hier geradlinig mit hochwertigem Kunststoff ringweise ab. Dieser vorgelegten Geradlinigkeit folgt der Griff auch in seiner Form: Beinahe vierkantig mit flachen Flanken liegt das Messer ungeahnt formschlüssig in der Hand. Dieser sehr gute Formschluss weiß auch die sonst etwas rutschige Oberflächenbeschaffenheit zu übertönen, sodass das Messer ausgesprochen sicher in der Hand liegt. Das Gesamtgewicht von 170g liegt in Sachen Balance eher treu zur Hand, ohne aber dort schwer zu liegen. Vielmehr sichert auch diese gewählte Gewichtsverteilung das Messer in der Hand ab und bietet während der Schnittführung genügend Substanz. Der Sitz des Zeigefingers bietet viel Führung; die minimale aber wirkungsvolle Fehlschärfe sorgt für eine hohe Sicherheit. Die weiche Klinge biegt sich gefällig und liegt in allen Biegewinkeln jederzeit sehr flach auf, bis in die Spitze. Ein spürbares, aber noch leichtes Rückfedern ist vorhanden.
Enorm scharf
Das Messer K6 der Windmühlenmesser-Manufactur fällt durch das spiegelnd polierte Blatt und dessen enorme Schärfe auf. Es ist über seine gesamte Länge von knapp 35cm leicht überstreckt gestaltet, wodurch die Schneide gefällig zum Schnittgut hin läuft. Für die Beplankung des Griffs stehen beim Hersteller
verschiedene Hölzer zur Wahl, uns liegt das Modell mit braun-rötlichem Pflaumenholz vor. In großen Händen liegt der Griff etwas kurz und dünn, bietet über das geölte Holz jedoch zunächst exzellenten Grip. Es ist keine Fehlschärfe eingebracht und die Klinge ragt minimal über das Griffholz hinaus, was eine bewusste Handhabung nötig macht. Die Verarbeitung ist nahtlos und elegant mit nur minimalen Fehlern am Übergang zur Klinge. Das Leichtgewicht im Testfeld mit seinen nur 90 g liegt durch den kleinen Griff etwas kopflastig in der Hand und macht sein Gewicht dadurch spürbar. Der Klingenrücken ist ein bis zwei Millimeter (mm) breit und läuft keilförmig zur Fase. Diese Form führt zu einer vorhandenen, aber recht steifen Flexibilität, die uns etwas zu straff erscheint. Der kleine Griff leistet hier außerdem zu wenig Unterstützung, um mit der selbstbewussten Klinge konsequent umgehen zu können.
Schwerelose Balance
Als vierter im Bunde schickt der Messerhersteller Burgvogel aus Solingen sein Filiermesser mit Griff aus Olivenholz an die Schneidarbeit. Der nahtlose Verbund von geöltem Holzgriff und teils gebürsteter Klinge ergibt eine wertige Haptik. Das Olivenholz ist weich auf der Haut, minimal rutschig und bietet durch seine gefällige Form dennoch sehr guten Grip und die damit verbundene Sicherheit in der Führhand. Zudem ist der Griff von guter Länge, auch für große Hände. Gerade auch beim Filier-typischen Querlegen des Messers kommt die hervorragend gute Griffform zur Geltung. Über den Zeigefinger lässt sich das Messer bestens führen; es ist keine Fehlschärfe vorhanden, der weiche Übergang von Griff zu Klinge macht dies aber auch nicht nötig. Die immerhin 125 g des Messers verschwinden völlig: Die Gesamtkonstruktion bietet eine exzellente Balance, die das Gewicht vollständig kaschiert. Die dünne Klinge mit durchgehend schmalem Rücken lässt sich sehr weich biegen und die Klinge liegt in jedem Winkel vollständig flach auf, bis in die Spitze. Das Metall liefert anschließend eine elegante Rückstellung ohne jedes Schnalzen oder Federn.
Schnittarbeit
Es kann also begonnen werden: Vier Hersteller zeigen in unserem Test unterschiedlich charakterisierte Filiermesser für die Küchenarbeit und beweisen, dass hohe Qualitäten immer auch im Detail stecken. Da die unterschiedlichen Aufgaben in der Küche ebenso vielfältig sind wie die Köche und anschließend die Gerichte, dürfen auch die Messer durchaus ihre Eigenheiten aufweisen. Die Philosophie des Schmieds lässt sich ohnehin nicht bewerten.