4 Astscheren
∙ Kraft und Hebel
Was einen Garten von der Natur unterscheidet, das ist der regulierende Eingriff des Menschen. Ein wesentliches Handwerkszeug dabei ist die Astschere, um Gehölze in die gewünschte Form zu bringen und sie regelmäßig zu verjüngen. Wir unterziehen vier verschiedene Astscheren einem gründlichen Praxistest.
Ohne scharfe Schere geht es nicht im Garten, das gilt für zarte Blütenstängel wie für knorrige Äste gleichermaßen, nur dass eine Astschere viel mehr leisten muss als eine einfache, kleine Gartenschere.
Kleine Sortenkunde
Es wird unterschieden zwischen Astscheren mit Amboss-Klinge oder Bypass-Klinge. Die Amboss-Astschere in unserem Test – die Wolf RS 800V – besitzt eine scharfe Klinge, die beim Schneiden mittig auf die plan geschliffene Amboss-Fläche trifft. Unsere anderen Testgeräte gehören – wie die Wolf RR 750 – zu den Bypass-Astscheren mit zwei geschwungenen Klingen, die eine konvex und weniger scharf – darin liegt der Ast stabil, die andere scharf angeschliffen und konkav, sie teilt den Ast und schiebt sich dabei an der Gegenklinge entlang. Das Bypass-Prinzip soll für einen besonders sauberen Schnitt sorgen, für das Amboss-Prinzip soll etwas weniger Kraftaufwand erforderlich sein. Das Wörtchen „soll“deutet es schon an: unser Praxistest hat dies zwar bestätigt, aber entscheidend für den Kraftaufwand dürften andere Konstruktionsmerkmale sein. Die Wolf-Amboss-Astschere ist nicht nur 5 Zentimeter (cm) länger, was die Hebelwirkung verbessert, sondern zusätzlich mit einer Ratsche am Schneidenteil ausgestattet, die den Öffnungswinkel für dickere Äste vergrößert und die Kraftübertragung nochmals günstiger gestaltet.
Wirkprinzip Hebelgesetz
Am leichtesten funktioniert der Astschnitt mit den längsten Scherenhebeln, das hat theoretisch schon jedes Kind im Physikunterricht beim Thema Hebelgesetz gelernt. Unser Testgerät von Gardena besitzt verlängerbare Teleskophebel, so dass die Schere um insgesamt 25 cm stufenweise verlängert werden kann. Mit den maximal verlängerten Scherenhebeln fällt es nicht mehr schwer, einen 3cm starken Ast sauber zu kappen. Beim Kürzen dünner Äste in größerer Anzahl – etwa beim jährlichen Formschnitt für einen halbhohen Strauch – kommt es mehr auf schnelles Arbeiten als Kraftaufwand an. Da hantiert es sich mit einem kürzeren Hebelarm meistens leichter, das Schwergewicht der Schere liegt in diesem Fall halt günstiger und führt nicht so rasch zur Ermüdung der Arme. Weniger ermüdend wird die Gartenarbeit natürlich auch mit einer besonders leichten Astschere. Die Kinzo-Schere bringt wesentlich weniger Gewicht als die anderen Testkandidaten auf die Waage. Für dünnere Äste in durchschnittlicher Höhe dürfte sie eine gute Wahl sein. Sie ist allerdings nur 66 cm lang, man kommt damit nicht besonders hoch. Und einen 3cm starken Ast damit schneiden zu wollen, soll laut Herstellerangabe zwar möglich sein – aber es ist ehrlich gesagt eine Qual. Und das vielleicht nicht nur für den Gärtner, sondern auch für das Gerät. Möglicherweise macht es diese Tortour nicht besonders oft mit (wir verzichten gerne auf diesen Test).
Scharfe Klinge schneidet gut
Scharfe Klingen sind selbstverständlich auch eine Voraussetzung für leichte Handhabung und gute Schnittergebnisse. Aber bei neuen Geräten kann man wohl davon ausgehen, dass die Schnei
den scharf sind. Während die BypassScheren im Test einen fast untadeligen Schnitt bei dünnen wie starken Zweigen (siehe Einschränkung bei Kinzo) hinlegen, kommt es bei der AmbossSchere zu einer geringen Quetschung am Astende, was aber ohne Folgen für das Gewächs bleiben dürfte. Besonders hochwertige Astscheren können sogar über einen Hohlschliff verfügen, solch eine Schere haben wir aber nicht im Test. Um die volle Funktionstüchtigkeit seiner Astschere möglichst lange zu erhalten, sollte man die Klingen regelmäßig nach dem Gebrauch reinigen und ölen. Schutz vor fest anhaftender Verschmutzung bietet eine AntihaftBeschichtung der Klingen, wie sie die Test-Astscheren von Gardena und Wolf aufweisen. Die beiden Astscheren von Wolf verfügen sogar über austauschbare Klingen, so dass sie nachgeschliffen oder die verschlissenen Teile ersetzt werden könnten.
Für einen Kraftakt geeignet?
Volle Hebelkraft gilt es anzuwenden bei den dicken Ästen. Da muss auch das Gartengerät so einiges aushalten und entsprechend gebaut sein. Das gilt sowohl für die Hebel- und Scherenarme wie für deren Verbindung. Entsprechend ihrem geringen Gewicht weist die Kinzo-Schere die schmalsten Hebelarme und kleinste Schneide auf. Die Teile sind mit einer kräftigen Schraube von 6 mm miteinander verbunden. Die ist sicher auch notwendig, da man mit voller Kraft drücken muss, um einen stärkeren Ast abzuknipsen. Die Gardena-Schere verfügt über kraftsparende Teleskop-Hebel, eine kräftige Klinge und eine Schraub-Verbindung von ebenfalls 6mm. Die Wolf-Scheren weisen gleich mehrere Schraubverbindungen an den Klingen auf, so dass sich die Kräfte durch Hebelverschiebung vervielfachen und auf mehrere Punkte verteilen.
Bequem, sicher und praktisch
Eine Astschere sollte nicht nur scharf sein, sondern auch bequem in beiden Händen liegen. Oftmals trägt man beim Ausästen auch Arbeitshandschuhe. Rutschfeste, große Griffe, wie sie vor allem die beiden Wolf-Astscheren besitzen, eignen sich optimal. Da man mitunter auch größere Kraft bei der Bedienung aufwenden muss, gehört ein Klemmschutz für die Finger unbedingt zu solch einem Gartengerät. Wie bedienfreundlich eine Astschere ist, hängt nicht nur von ihrer Beschaffenheit ab. sondern in hohem Maße auch davon, wofür man sie benutzen will.
Für viele relativ dünne Zweige ist eine leichte Schere mit kurzen Hebelarmen bequemer zu handhaben als eine große, schwerere Schere. Letztere ist aber erforderlich, um ältere Gehölze kräftig zurück zu schneiden. In einem Garten fallen früher oder später beide Pflegearbeiten an. Entweder schafft man sich mehrere Astscheren an, oder man sucht nach einem guten Kompromiss, wie einer Astschere mit Teleskoparmen. Viel mehr gehört nicht zu einem von Hand zu bedienenden Gartengerät, außer noch einer weiteren Überlegung: Wo lässt sie sich sicher und griffbereit verstauen? Nur zur Astschere von Kinzo gehört eine solche Lösung: Eine kleine Kunststoff-Tasche für die Schneide zur Sicherheit, versehen mit einer Öse zum Aufhängen.