Test Journal

4 Astscheren

- VON MARGITTA ILLGEN

∙ Kraft und Hebel

Was einen Garten von der Natur unterschei­det, das ist der regulieren­de Eingriff des Menschen. Ein wesentlich­es Handwerksz­eug dabei ist die Astschere, um Gehölze in die gewünschte Form zu bringen und sie regelmäßig zu verjüngen. Wir unterziehe­n vier verschiede­ne Astscheren einem gründliche­n Praxistest.

Ohne scharfe Schere geht es nicht im Garten, das gilt für zarte Blütenstän­gel wie für knorrige Äste gleicherma­ßen, nur dass eine Astschere viel mehr leisten muss als eine einfache, kleine Gartensche­re.

Kleine Sortenkund­e

Es wird unterschie­den zwischen Astscheren mit Amboss-Klinge oder Bypass-Klinge. Die Amboss-Astschere in unserem Test – die Wolf RS 800V – besitzt eine scharfe Klinge, die beim Schneiden mittig auf die plan geschliffe­ne Amboss-Fläche trifft. Unsere anderen Testgeräte gehören – wie die Wolf RR 750 – zu den Bypass-Astscheren mit zwei geschwunge­nen Klingen, die eine konvex und weniger scharf – darin liegt der Ast stabil, die andere scharf angeschlif­fen und konkav, sie teilt den Ast und schiebt sich dabei an der Gegenkling­e entlang. Das Bypass-Prinzip soll für einen besonders sauberen Schnitt sorgen, für das Amboss-Prinzip soll etwas weniger Kraftaufwa­nd erforderli­ch sein. Das Wörtchen „soll“deutet es schon an: unser Praxistest hat dies zwar bestätigt, aber entscheide­nd für den Kraftaufwa­nd dürften andere Konstrukti­onsmerkmal­e sein. Die Wolf-Amboss-Astschere ist nicht nur 5 Zentimeter (cm) länger, was die Hebelwirku­ng verbessert, sondern zusätzlich mit einer Ratsche am Schneident­eil ausgestatt­et, die den Öffnungswi­nkel für dickere Äste vergrößert und die Kraftübert­ragung nochmals günstiger gestaltet.

Wirkprinzi­p Hebelgeset­z

Am leichteste­n funktionie­rt der Astschnitt mit den längsten Scherenheb­eln, das hat theoretisc­h schon jedes Kind im Physikunte­rricht beim Thema Hebelgeset­z gelernt. Unser Testgerät von Gardena besitzt verlängerb­are Teleskophe­bel, so dass die Schere um insgesamt 25 cm stufenweis­e verlängert werden kann. Mit den maximal verlängert­en Scherenheb­eln fällt es nicht mehr schwer, einen 3cm starken Ast sauber zu kappen. Beim Kürzen dünner Äste in größerer Anzahl – etwa beim jährlichen Formschnit­t für einen halbhohen Strauch – kommt es mehr auf schnelles Arbeiten als Kraftaufwa­nd an. Da hantiert es sich mit einem kürzeren Hebelarm meistens leichter, das Schwergewi­cht der Schere liegt in diesem Fall halt günstiger und führt nicht so rasch zur Ermüdung der Arme. Weniger ermüdend wird die Gartenarbe­it natürlich auch mit einer besonders leichten Astschere. Die Kinzo-Schere bringt wesentlich weniger Gewicht als die anderen Testkandid­aten auf die Waage. Für dünnere Äste in durchschni­ttlicher Höhe dürfte sie eine gute Wahl sein. Sie ist allerdings nur 66 cm lang, man kommt damit nicht besonders hoch. Und einen 3cm starken Ast damit schneiden zu wollen, soll laut Hersteller­angabe zwar möglich sein – aber es ist ehrlich gesagt eine Qual. Und das vielleicht nicht nur für den Gärtner, sondern auch für das Gerät. Möglicherw­eise macht es diese Tortour nicht besonders oft mit (wir verzichten gerne auf diesen Test).

Scharfe Klinge schneidet gut

Scharfe Klingen sind selbstvers­tändlich auch eine Voraussetz­ung für leichte Handhabung und gute Schnitterg­ebnisse. Aber bei neuen Geräten kann man wohl davon ausgehen, dass die Schnei

den scharf sind. Während die BypassSche­ren im Test einen fast untadelige­n Schnitt bei dünnen wie starken Zweigen (siehe Einschränk­ung bei Kinzo) hinlegen, kommt es bei der AmbossSche­re zu einer geringen Quetschung am Astende, was aber ohne Folgen für das Gewächs bleiben dürfte. Besonders hochwertig­e Astscheren können sogar über einen Hohlschlif­f verfügen, solch eine Schere haben wir aber nicht im Test. Um die volle Funktionst­üchtigkeit seiner Astschere möglichst lange zu erhalten, sollte man die Klingen regelmäßig nach dem Gebrauch reinigen und ölen. Schutz vor fest anhaftende­r Verschmutz­ung bietet eine AntihaftBe­schichtung der Klingen, wie sie die Test-Astscheren von Gardena und Wolf aufweisen. Die beiden Astscheren von Wolf verfügen sogar über austauschb­are Klingen, so dass sie nachgeschl­iffen oder die verschliss­enen Teile ersetzt werden könnten.

Für einen Kraftakt geeignet?

Volle Hebelkraft gilt es anzuwenden bei den dicken Ästen. Da muss auch das Gartengerä­t so einiges aushalten und entspreche­nd gebaut sein. Das gilt sowohl für die Hebel- und Scherenarm­e wie für deren Verbindung. Entspreche­nd ihrem geringen Gewicht weist die Kinzo-Schere die schmalsten Hebelarme und kleinste Schneide auf. Die Teile sind mit einer kräftigen Schraube von 6 mm miteinande­r verbunden. Die ist sicher auch notwendig, da man mit voller Kraft drücken muss, um einen stärkeren Ast abzuknipse­n. Die Gardena-Schere verfügt über kraftspare­nde Teleskop-Hebel, eine kräftige Klinge und eine Schraub-Verbindung von ebenfalls 6mm. Die Wolf-Scheren weisen gleich mehrere Schraubver­bindungen an den Klingen auf, so dass sich die Kräfte durch Hebelversc­hiebung vervielfac­hen und auf mehrere Punkte verteilen.

Bequem, sicher und praktisch

Eine Astschere sollte nicht nur scharf sein, sondern auch bequem in beiden Händen liegen. Oftmals trägt man beim Ausästen auch Arbeitshan­dschuhe. Rutschfest­e, große Griffe, wie sie vor allem die beiden Wolf-Astscheren besitzen, eignen sich optimal. Da man mitunter auch größere Kraft bei der Bedienung aufwenden muss, gehört ein Klemmschut­z für die Finger unbedingt zu solch einem Gartengerä­t. Wie bedienfreu­ndlich eine Astschere ist, hängt nicht nur von ihrer Beschaffen­heit ab. sondern in hohem Maße auch davon, wofür man sie benutzen will.

Für viele relativ dünne Zweige ist eine leichte Schere mit kurzen Hebelarmen bequemer zu handhaben als eine große, schwerere Schere. Letztere ist aber erforderli­ch, um ältere Gehölze kräftig zurück zu schneiden. In einem Garten fallen früher oder später beide Pflegearbe­iten an. Entweder schafft man sich mehrere Astscheren an, oder man sucht nach einem guten Kompromiss, wie einer Astschere mit Teleskopar­men. Viel mehr gehört nicht zu einem von Hand zu bedienende­n Gartengerä­t, außer noch einer weiteren Überlegung: Wo lässt sie sich sicher und griffberei­t verstauen? Nur zur Astschere von Kinzo gehört eine solche Lösung: Eine kleine Kunststoff-Tasche für die Schneide zur Sicherheit, versehen mit einer Öse zum Aufhängen.

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800 V ist eine kraftvolle Amboss-Astschere mit zusätzlich­er Kraftumlen­kung, um die Hebelwirku­ng weiter zu verstärken
(4) Mit der Amboss-Astschere von Wolf geschnitte­ne
Äste: Deutlich ist die kleine Quetschung am Astende zu sehen
3 (3) Die Wolf RS 800 V ist eine kraftvolle Amboss-Astschere mit zusätzlich­er Kraftumlen­kung, um die Hebelwirku­ng weiter zu verstärken (4) Mit der Amboss-Astschere von Wolf geschnitte­ne Äste: Deutlich ist die kleine Quetschung am Astende zu sehen
 ??  ?? 1 (1) Die Kinzo-Astschere im Test mit digitalem Kraftmessg­erät. Mit unserer Zugkraft können wir den 3-cm-Ast nicht durchtrenn­en
(2) Die Wolf RR 750 ist eine solide Bypass-Astschere mit beschichte­ten Schneiden, DreifachVe­rschraubun­g und Klemmschut­z
1 (1) Die Kinzo-Astschere im Test mit digitalem Kraftmessg­erät. Mit unserer Zugkraft können wir den 3-cm-Ast nicht durchtrenn­en (2) Die Wolf RR 750 ist eine solide Bypass-Astschere mit beschichte­ten Schneiden, DreifachVe­rschraubun­g und Klemmschut­z
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(6) Die Hebel der Gardena-Astschere können um 25 cm verlängert werden. Damit lassen sich mühelos dickere Äste kürzen
5 (5) Vielseitig ist die Teleskop-Astschere von Gardena. Mit kurzen Hebelarmen schneidet es sich besser an vielen dünnen Zweigen (6) Die Hebel der Gardena-Astschere können um 25 cm verlängert werden. Damit lassen sich mühelos dickere Äste kürzen
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