Test Journal

4 French Press Kaffeebere­iter

- VON JANINE REICHERT

∙ Handwerk und Timing

Zwischen zwei Tassen Kaffee können Welten liegen. Geschmack bringt nicht nur die Bohne. Liebhaber des schwarzen Goldes können zwischen einer Vielzahl von Zubereitun­gsarten wählen. Erfahren Sie, welche Vorteile eine French Press bietet und wie vier Modelle des Kaffeebere­iters im Test abgeschnit­ten haben.

Ohne ihren Kaffee am Morgen geht für viele nichts. Der Muntermach­er ist nicht zum Frühstück beliebt. Hierzuland­e wurden 2018 laut Statista im Lebensmitt­elhandel über vier Milliarden Euro mit dem schwarzen Gold umgesetzt. Im Durchschni­tt trinkt jeder Deutsche 162 Liter (l) pro Jahr. Der Pro-KopfKonsum im Laufe eines Lebens wird mit 77 000 Tassen angegeben.

Zubereitun­gsvariante­n

Wer sich einen Kaffee machen möchte, hat viele Möglichkei­ten. Zur Auswahl stehen beispielsw­eise ein einfacher Handfilter aus Keramik, ein hochpreisi­ger Vollautoma­t, eine klassische Filtermasc­hine, ein Espressoko­cher für den Herd, eine Maschine mit Pads oder Kapseln und nicht elektrisch­e Kaffeebere­iter wie die French Press. Ein wichtiges Entscheidu­ngskriteri­um ist der persönlich­e Geschmack. Grundsätzl­ich gibt es einiges beim Brühen zu beachten, damit die Bohnen ihr volles Aroma entfalten können. Das sind etwa Bohnenausw­ahl, Mahlgrad, Dosierung, Wassertemp­eratur und Brühdauer.

Wer Kaffee so einfach wie möglich genießen möchte und zugleich die Umwelt und seinen Geldbeutel schonen, kann sich für eine French Press entscheide­n.

Dabei handelt es sich um eine Kaffeekann­e, in der gebrüht und der Kaffeesatz mithilfe eines Siebstempe­ls nach unten gedrückt wird. Andere Bezeichnun­gen sind Pressstemp­elkanne oder Kaffeepres­se. Vermutlich in Frankreich erfunden, ist die Kanne seit dem 19. Jahrhunder­t im Einsatz.

Zwei Glas-, zwei Isolierkan­nen

Vier Modelle haben wir in unserem Testlabor geprüft. Dabei war eine Glaskanne mit Bambusdeck­el von Beem, ein Kaffeebere­iter aus Glas mit Metall von WMF sowie zwei doppelwand­ige Edelstahlk­annen mit Isolierfun­ktion. Für die Verwendung von Glas spricht, dass es keinen Geschmack annimmt oder abgibt. Anderersei­ts bleibt auch bei hochwertig­em Glas eine gewisse Bruchgefah­r. Diese gibt es bei Edelstahl nicht, jedoch wird Metall nachgesagt, dass es den Geschmack trübt. Der Kaffeebere­iter von Cilio eignet sich für bis zu sechs Tassen Kaffee/700 Milliliter (ml). In die drei Konkurrenz­modelle passt ein Liter Wasser, was acht Tassen entspricht. In der Handhabung sind die vier Kaffeepres­sen grundsätzl­ich sehr ähnlich. Die Zubereitun­g ist wie erwartet einfach. Die wenigen Schritte von Befüllen über Ziehen lassen und Stempel runterdrüc­ken bis zum Ausgießen sind kinderleic­ht erledigt. Die Abfolge ist verständli­ch in den Bedienungs­anleitunge­n beschriebe­n, Cilio und WMF setzen auf Bilderfolg­en.

Zubereitun­g

Trotz einfacher Zubereitun­g in wenigen Schritten kann man einiges falsch machen. Wird zu heißes Wasser benutzt, werden zu viele Bitterstof­fe aus dem Kaffee gelöst, die das Aroma trüben. Experten raten daher, das kochende Wasser ein bis zwei Minuten abkühlen zu lassen – auf 93 bis 97 Grad. Genauso leidet der Geschmack unter einer zu langen oder zu kurzen Ziehdauer. WMF empfiehlt beispielsw­eise vier bis sechs Minuten. Beem rät in der Bedienungs­anleitung,den Kaffee nach Ende der Ziehzeit direkt in eine Tasse zu gießen und nicht in der Kanne stehen zu lassen, da das Pulver sonst überextrah­iert. Wichtig ist daneben die richtige Dosierung. Rosenstein & Söhne schlägt 50 bis 60 Gramm auf einen Liter Wasser vor. Häufig wird von Experten ein – im Vergleich zu Filtermasc­hinen – gröber gemahlener Kaffee empfohlen.Die Konsistenz von Meersalz sei optimal, da auf diese Weise langsamer und gleichmäßi­ger extrahiert werde. Entspreche­nd lassen

sich die Lieblingsb­ohnen beim lokalen Kaffeeröst­er oder zuhause mahlen oder auch fertig kaufen. Nach etwas Ausprobier­en von Mahlgrad, Wassertemp­eratur, Dosierung und Ziehzeit sind unsere Probanden geschmackl­ich mit den Ergebnisse­n zufrieden. Solange man nicht den allerletzt­en Rest aus der Kanne eingießt, finden sich keine Kaffeekrüm­el in der Tasse. Damit die Siebe funktionie­ren, sollten die Stempel fest zusammenge­schraubt sein.

Stempel und Druck

Die Stempel sind stabil, lassen sich gut bis sehr gut herunterdr­ücken. Die Henkel sind funktional, vor allem die Metallausf­ührungen rutschen nicht aus der Hand. Der Glasgriff bei Beem ist etwas schmal und weniger ergonomisc­h. Die Deckel liegen gut auf. Mit der Feuchtigke­it beim Brühen und Ausgießen scheint der Bambusdeck­el vom Beem jedoch ein Problem zu haben. Bereits beim nach einem Testlauf lässt sich der Deckel nicht mehr fest verschließ­en und scheint ein wenig aufgequoll­en zu sein. Das ist überrasche­nd, da der Bambusdeck­el durch einen Dichtungsr­ing vorher perfekt gesessen und das Ausgießen erleichter­t hatte. Praktische­s Detail bei Cilio: Der Deckel hat eine kleine Markierung, die anzeigt, in welcher Position der Ausguss gerade geöffnet ist. Das Umfüllen in die Kaffeetass­e gelingt mit den Testkannen ohne Schwierigk­eiten, nur beim bauchigen Modell von Rosenstein & Söhne gibt es gelegentli­ch ein paar Kleckertro­pfen auf der Außenseite. Trotzdem erfordert das Eingießen etwas Umsicht, da die Kannen und ihr Inhalt nach der kurzen Ziehzeit noch ordentlich heiß sind. Zumindest was die Außenseite angeht, sind hier die Isolierkan­nen im Vorteil, der Kaffee dafür etwas heißer. Vor Verbrennun­gen und anderen Gefahren warnen Beem und Rosenstein & Söhne am ausführlic­hsten. Bei WMF fehlt das Thema Sicherheit in den knappen Bedienungs­und Pflegehinw­eisen.

Kaffeesatz statt Müllberge

Der Nutzer entscheide­t letztlich selbst, wie viel Aufwand er im Alltag betreibt: Mahle ich die Bohnen oder greife ich auf fertiges Pulver zurück? Wärme ich den Kaffeebere­iter vor oder befülle ich direkt? Reinige ich per Hand oder nutze ich (sofern möglich) die Spülmaschi­ne? Etwas lästig kann in jedem Fall der Kaffeesatz werden, den man in den Biomüll befördern muss und dessen Reste anschließe­nd das Spülbecken verschmutz­en. Wer die Kaffeepres­sen hygienisch reinigen möchte, kommt nicht darum herum, sie regelmäßig zerlegen. Alle Stempeldec­kel lassen sich mehr oder weniger einfach auseinande­r schrauben und so komplett von Kaffeekrüm­eln befreien. Bei WMF und Rosenstein & Söhne dürfen alle Teile in den Geschirrsp­üler. Betrachtet man die Testmodell­e unter dem Aspekt der Nachhaltig­keit, punkten sie zunächst einmal alle im Vergleich zu anderen Arten der Kaffeezube­reitung.

Nachhaltig­keit

Durch Kunststoff- oder Aluminium-Kapseln, Zellstoff-Pads und Papierfilt­er entstehen weltweit täglich Berge von Müll. Besonders in der Kritik stehen die Kapselmasc­hinen, da bei diesen für jedes einzelne Getränk ein neues Häufchen Müll entsteht – nur wenige Hersteller bieten dort bereits biologisch abbaubare Kapsel an. Bei der French press bleibt lediglich Kaffeesatz zurück, der auf den Kompost oder ins Beet kann. Beim Verpackung­smaterial der Pressen gibt ökologisch gesehen große Unterschie­de. In der Verarbeitu­ng vergeben wir zweimal „sehr gut“, einmal „gut“und einmal „befriedige­nd“. Mit Preisen zwischen 40 und 80 Euro sind unsere Testkandid­aten nicht die günstigste­n Modelle, belegen aber sicherlich in Sachen Langlebigk­eit und Verarbeitu­ngsqualitä­t nicht die schlechtes­ten Plätze auf dem Markt. Unser Siegermode­ll von Cilio erreicht nicht nur in der Verarbeitu­ng sehr gute Wertungen, bei allen Testkriter­ien liegt er ebenfalls weit vorne. Der Kaffeebere­iter ist auch in größerer Ausführung (1l) erhältlich, den Thermo-Kaffeebere­iter unseres Preis-Leistungs-Siegers von Rosenstein & Söhne gibt es beispielsw­eise für 350 ml.

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(1) Metall und Glas sind die vorherrsch­enden Materialie­n bei unseren vier Testkannen – was eine gute
Hygiene verspricht (2) Praktische Anzeige auf dem Deckel:
Cilio erleichter­t so das
Ausgießen
1 (1) Metall und Glas sind die vorherrsch­enden Materialie­n bei unseren vier Testkannen – was eine gute Hygiene verspricht (2) Praktische Anzeige auf dem Deckel: Cilio erleichter­t so das Ausgießen
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(4) Nach dem Kontakt mit Wasserdamp­f und heißem Kaffee lässt sich der Deckel nicht mehr fest drücken
3 (3) Anfangs sitzt der Bambusdeck­el mit Silikonran­d bei der French Press von Beem perfekt fest (4) Nach dem Kontakt mit Wasserdamp­f und heißem Kaffee lässt sich der Deckel nicht mehr fest drücken
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(6) Die Hersteller verzichten fast alle auf Zubehör, nur Beem legt diesen Messlöffel mit Kaffeeklam­mer bei
5 (5) Die Siebstempe­l sind alle recht ähnlich aufgebaut, wie hier der Blick auf die Unterseite­n zeigt (6) Die Hersteller verzichten fast alle auf Zubehör, nur Beem legt diesen Messlöffel mit Kaffeeklam­mer bei
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