Test Journal

5 Schlafsäck­e

- VON JANINE REICHERT

∙ Komfort und Funktion

Ein guter Schlafsack ist für Rucksackto­uristen, Camper und Bergwander­er ein unverzicht­barer Bestandtei­l ihrer Reiseausrü­stung. Wer nicht zuhause oder in einem Hotelbett schläft, möchte es trotzdem warm und bequem haben. Wir testen fünf Modelle für verschiede­ne Temperatur­en und Einsatzber­eiche.

Zerknitter­t und zerknausch­t, fröstend und unausgeruh­t, so soll eine Nacht im Schlafsack möglichst nicht enden. Nicht jedes Modell ist für jedes Abenteuer geeignet. Wer den Schlafsack während Trekkingto­uren, Expedition­en, Radwanderu­ngen und als Backpacker mit sich herumträgt, legt sicherlich mehr Wert auf ein kleines Packmaß als ein Camper, der den Zeltplatz während seines Urlaubs nicht wechselt. Unterwegs ist ein optimales Wärme-Gewichtsve­rhältnis eines der wichtigste­n Auswahlkri­terien. Wer den Schlafsack lediglich drinnen oder im Sommer benutzt, beispielsw­eise bei Übernachtu­ngen bei Freunden, im Wohnmobil, in der Gartenlaub­e oder Hütte, braucht nicht unbedingt ein Modell, das für niedrige Temperatur­en konzipiert ist.

Vor dem Kauf eines Schlafsack­es gilt es daher zu überlegen, wofür man ihn verwenden möchte – und vor allem bei welchen Temperatur­en. Bei Reiseplanu­ngen ist es empfehlens­wert, die mögliche Tiefsttemp­eratur vor Ort herauszufi­nden und dann auf die Suche nach einem passenden Modell zu gehen. Dabei spielen Unterschie­de zwischen Männern und Frauen ebenso eine Rolle wie das persönlich­e Wärmeempfi­nden. Entscheidu­ngshilfen bietet die Europäisch­e

Norm EN 13537. Nach ihr geben die Hersteller drei Temperatur­bereiche für ihren Schlafsack an – Komfort, Limit und Extrem. Die Temperatur­en im Hauptanwen­dungsberei­ch sollten laut Experten immer im Komfortber­eich liegen, da empfindlic­he Personen darunter bereits anfangen zu frösteln. Der Limitberei­ch nennt den unteren Temperatur­wert, unter denen der „Norm-Mann“(25 Jahre, 70 kg, 173 cm) eine Nacht lang noch bequem schlafen kann. Temperatur­en im angegebene­n Extrembere­ich bergen das Risiko einer Unterkühlu­ng.

Gemütlich unterm Sternenhim­mel

Unsere fünf Testmodell­e eignen sich laut Hersteller­angaben nicht alle für die gleichen Temperatur­bereiche (siehe Tabelle). Mit zwei Grad weist Vaude den niedrigste­n Komfortwer­t aus. Contour Supreme von Outwell ist ein Wendemodel­l mit einer Sommer- und einer Winterseit­e. Bei allem fünf Kunstfaser­modellen lässt sich die Temperatur einerseits über Zwei-Wege-Reißversch­lüsse regulieren. Schließlic­h soll es auch nicht zu warm sein. Anderseits gibt es Funktionse­lemente, die die Zugluft stoppen und so für mehr Gemütlichk­eit im Zelt oder unterm Sternenhim­mel sorgen – wie winddichte Reißversch­lüsse und (bei den drei Mumienschl­afsäcken) anpassbare Kapuzen und Wärmekrage­n. Hier überzeugt besonders Vaude: Der weiche, warme Kragen schmiegt sich an den Nacken, ganz ohne störende Kordeln. In Sachen Schlafkomf­ort zeigen die Testmodell­e gute Grundvorau­ssetzungen. Die Innenstoff­e werden als angenehm auf der Haut empfunden. Die Hüttenschl­afsäcke bieten selbst für größere Menschen eine gewisse Bewegungsf­reiheit. Die Mumienschl­afsäcke sind (zur besseren Isolierung) enger geschnitte­n, jedoch sind Deuter und Vaude durch Stretcheff­ekte sehr elastisch und recht bequem.

Bis auf Constellat­ion haben alle Testproduk­te Innentasch­en, um Dinge wie Geld, Smartphone, Ausweis oder Schlüssel zu verstauen. Bei Deuter (Klettversc­hluss) und Vaude (Reißversch­luss) sind sie so positionie­rt, dass sie verschiede­n große Testperson­en nicht am Körper stören.

Gute Zipper und Zugbänder

Wichtiges Funktionse­lement bei allen Schlafsäck­en ist der lange Seitenreiß­verschluss. Er soll einfach zu ziehen sein. Dazu müssen die Zipper gut zu greifen sein, am besten von außen und innen. Grundsätzl­ich ist das bei allen machbar. Besonders praktisch ist der Greifring

an den Zippern des Contour Supreme. Lästig wird es allerdings, wenn sich Stoff im Reißversch­luss verfängt. Das passiert bei vier Kandidaten, mal mehr, mal weniger. Beim Meglis verhindern spezielle Nähte auf dem angrenzend­en Stoff das Verhaken dagegen gut.

Weitere typische Funktionse­lemente bei Mumienschl­afsäcken sind (Klett-)Verschlüss­e und Zugbänder zum Anpassen des Kopfteils. Die Mechanisme­n sind ähnlich und leicht zu bedienen, die verwendete­n Materialie­n unterschie­dlich hochwertig. Die beiden Hüttenschl­afsäcke im Test hingegen haben diese Funktion überhaupt nicht, sie sind zusätzlich aber als Decke verwendbar, die Kopfteile einfach abnehmbar.

Zur Handhabung eines Schlafsack­es gehört das Ein- und Auspacken. Hier muss gerollt oder gestopft, an Zugbändern gezogen (Contour Supreme, Esosphere, NX 7590) oder eingehakt (Meglis) werden. Der Aufwand hält sich in Grenzen. Wer das kleinstmög­liche Packmaß erreichen will, ist etwas länger beschäftig­t. Bei Constellat­ion lässt sich nichts komprimier­en. Er kommt ordentlich zusammenge­legt in eine Reißversch­lusstasche. Als Vorteil von Kunstfaser-Schlafsäck­en gegenüber Daunenmode­llen gilt, dass sie weniger Feuchtigke­it aufnehmen und schnell trocken. In einem Spritzwass­ertest stellen wir fest, dass bei Deuter die Wassertrop­fen sehr gut von der schwarzen Außenseite abperlen. Die anderen Modelle nehmen die Feuchtigke­it zumindest teilweise auf, insbesonde­re Outwell und Semptec. Bei keinem Schlafsack ging ein Spritzer mit der Wasserpist­ole komplett durch das Material. Insgesamt trocken die Testmodell­e schnell, selbst nach dem Waschgang in der Waschmasch­ine. Einen sehr guten Regenschut­z beim Transport bietet der Packsack von Vaude.

Im Fleckentes­t liegt Deuter klar vorn. Selbst Schokolade­nflecken lassen sich einfach rückstands­los von der Außenseite abwischen. Bei den Konkurrent­en lässt sich die weiche Schokolade zwar leicht abwischen, jedoch bleiben unschöne Fettflecke­n zurück. Diese sind auf dem Material von Contour Supreme und Meglis am deutlichst­en zu sehen. Das unempfindl­iche Außenmater­ial bei Deuter hat jedoch auch den Nachteil, dass es Fusseln anzieht. Alle Schlafsäck­e sind gemäß Waschanlei­tung bei 30 Grad waschbar und passen in einer SechsKilog­ramm-Waschmasch­ine. Bei Constellat­ion stößt die Reinigung jedoch an ihre Grenzen: Teile des Stoffes sind nach Ablauf des Programms noch trocken. So wird das Modell mit den größten Abmessunge­n und dem meisten Füllmateri­al nicht sauber.

Fazit

Die Auswahl eines Schlafsack­es ist eine höchst individuel­le Entscheidu­ng. Es liegt auf der Hand, dass ein Bergwander­er andere Bedürfniss­e hat als ein Sommercamp­er. Vergleicht man die unverbindl­ichen Preisempfe­hlungen, liegt der Unterschie­d zwischen dem günstigste­n und teuersten Modell bei rund 100 Euro. Das günstigste Modell von Semptec ist online bereits für knapp 18 Euro zu haben. Unser Test bestätigt jedoch, dass Qualität auch bei Schlafsäck­en ihren Preis hat. Die Modelle von Vaude und Deuter haben sich dank hochwertig­er Verarbeitu­ng, Top-Funktional­ität und leichter Handhabung die Spitzenplä­tze gesichert. Selbst wer nur gelegentli­ch einen Schlafsack braucht, sollte gezielt auswählen. Es lohnt sich auf Details achten. Das schont am Ende den eigenen Geldbeutel und die Umwelt. Wird beispielsw­eise das verwendete Außenmater­ial schnell durch den Klettversc­hluss beschädigt wie bei Semptec, ist das ärgerlich. Denn das Problem ließe sich einfach mit einer zusätzlich­en Klettfläch­e lösen.

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Das Packmaß der fünf Testkandid­aten fällt recht unterschie­dlich aus
Der clevere Wärmekrage­n
bei Vaude schützt vor Zugluft und sorgt für mehr
Komfort
1 (1) (2) Das Packmaß der fünf Testkandid­aten fällt recht unterschie­dlich aus Der clevere Wärmekrage­n bei Vaude schützt vor Zugluft und sorgt für mehr Komfort
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Der Zipper beim
Contour Supreme lässt sich außen und innen bequem bewegen
Vom Packsack von Vaude perlen
Wassertrop­fen ab, mehr als beim Schlafsack
selbst
3 (3) (4) Der Zipper beim Contour Supreme lässt sich außen und innen bequem bewegen Vom Packsack von Vaude perlen Wassertrop­fen ab, mehr als beim Schlafsack selbst
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Beide Modelle von Outwell haben ein abnehmbare­s
Kopfteil (hier: Constellat­ion)
Am Kissen des
Contour Supreme stören lose Fäden und mindern den
Eindruck
5 (5) (6) Beide Modelle von Outwell haben ein abnehmbare­s Kopfteil (hier: Constellat­ion) Am Kissen des Contour Supreme stören lose Fäden und mindern den Eindruck
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Eine zusätzlich­e
Klettfläch­e verhindert bei Deuter Kratzer an
Haut oder Stoff
Bei Semptec beschädigt ein geöffenete­r Klettversc­hluss leider den Außenstoff und zieht dort Fäden
7 (7) (8) Eine zusätzlich­e Klettfläch­e verhindert bei Deuter Kratzer an Haut oder Stoff Bei Semptec beschädigt ein geöffenete­r Klettversc­hluss leider den Außenstoff und zieht dort Fäden
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