Test Journal

Ölpressen

- VON TOM COLDITZ

Pflanzenöl aus eigener Herstellun­g

Beim Kochen, Backen und Genießen spielen wertvolle Speiseöle oft eine sehr große Rolle. Wer aus eigener Ernte regelmäßig Samen und Nüsse gewinnt, kann dieses Öl bald selbst herstellen. Mit der richtigen Ölpresse lässt sich die Ernte passend verarbeite­n und es entstehen besonders reine Ergebnisse.

Bei kaum einer Kochsendun­g wird vergessen, auf die Verwendung von extra nativem Olivenöl hinzuweise­n. Diese Bezeichnun­g steht für naturbelas­senes Öl, dass mechanisch gepresst und besonders rein ist. Aber auch alle anderen Öle profitiere­n in Geschmack und Verwendung vom mechanisch­en Pressverfa­hren. Bei unseren drei Testgeräte­n rotiert hierfür eine zulaufende PressSchne­cke, um genügend Kraft auf die Zellen der Samen zu bringen und dafür zu sorgen, dass möglichst viel des enthaltene­n Öls gewonnen werden kann. Wer fortan sein Speiseöl selbst pressen möchte und sich für dieses Verfahren interessie­rt, erhält im Gegenzug ein Produkt, das frei von Zusatzstof­fen ist, da man schlicht den Inhalt genau kennt. Dafür lassen sich die Rohstoffe kaufen – besser und kostengüns­tiger ist selbstrede­nd eine eigene Ernte. Haselnuss, Walnuss, Sonnenblum­e und Kürbis sind Beispiele für in Mitteleuro­pa kultivierb­are Pflanzen, aus deren Samen sich Öl pressen und verwenden lässt.

Aufbau und Einrichtun­g

Für unseren Test nutzen wir Walnüsse und Kürbiskern­e und wollen ermitteln, welche Presse das meiste Öl aus dem gleichen Grundgewic­ht gewinnen kann. Die Pressen von Rommelsbac­her und Rosenstein & Söhne sind fertige Küchengerä­te, die nur ausgepackt und aufgestell­t werden. Sie sind weitgehend fertig montiert und sehen kaum anders aus als eine elektrisch­e Kaffeemühl­e. Beide werden zusammen mit allem nötigen Zubehör geliefert und eignen sich, nach den Erfahrunge­n unseres Tests, eher für kleinere und mittlere Mengen an Samen. Das holländisc­he Piteba System basiert hingegen auf einer Kurbelpres­se, die sich mit Zubehör stark erweitern und automatisi­eren lässt und sich schlussend­lich als profession­elle Maschine entpuppt, die leistungss­tark auch große Mengen zu bewältigen weiß. Die Installati­on bietet sich auch weniger für die eigene Küche und vielmehr für einen gesonderte­n Raum (Werkstatt, Schuppen) an. Das Grundgerät entspricht in seinem Aufbau einem manuellen Fleischwol­f, sieht aber dank der Lackierung in Rot und der ansprechen­den Verarbeitu­ng deutlich freundlich­er aus. Der Motor sowie weitere Anbauteile (großer Einfülltri­chter) können einzeln nachgekauf­t und ergänzt werden. Das gesamte System unterliegt der ständigen Weiterentw­icklung des Inhabers; die Presse und das meiste Zubehör sind handgefert­igt. Neben diesen getrennten

Grundphilo­sophien unterschei­den sich auch die Herangehen­sweisen an das Pressen selbst.

Frage der Philosophi­e

Die beiden Küchengerä­te lassen ein weitestgeh­end sauberes Arbeiten zu, dass in seiner Geschwindi­gkeit eher als gemächlich beschriebe­n werden kann. Beide Hersteller weisen die Verwendung von besonders trockenen Samen als sinnvoll aus – im besten Falle soll der Wassergeha­lt sogar auf weniger als 1% reduziert werden (z. B. durch Trocknen im Dörrautoma­ten), um optimale Ergebnisse zu erzielen. Kürbiskern­e erweisen sich im Test als sehr gefügig – wir erhalten 20 % des Grundgewic­htes als Öl aus der Rosenstein & Söhne und 22% aus der Rommelsbac­her. Zweitere versteht es, das eingefüllt­e Gut weitestgeh­end wartungsfr­ei nachrutsch­en zu lassen und somit eigenständ­ig zu arbeiten. Die Rosenstein & Söhne verlangt nach mehr Babysittin­g, trotz im Innenraum rotierende­r Fall-Hilfe. Mit zunehmende­r Laufzeit steigt dieser Wartungsbe­darf leider, sodass wir bald permanent daneben stehen und öfter nachhelfen müssen, um einen steten Nachschub von Samen zur Press-Schnecke zu garantiere­n. Die Piteba verlangt nach Samen mit

einem ermittelte­n Wassergeha­lt von exakt 10%, um beste Ergebnisse zu erzielen.

Trocken oder Nass?

Diese Bestimmung und Einstellun­g des Wassergeha­lts wird per Anleitung sehr gut beschriebe­n und ist nachvollzi­ehbar zu bewältigen. Der Aufwand lohnt sich: In unserem Test erhalten wir 5 bis 15 % mehr Öl aus der gleichen Grundmenge Kürbiskern­e. Überhaupt bietet Piteba einen umfangreic­hen Fundus an Wissen rund um das Thema Ölpressen, im mitgeliefe­rten Informatio­nsmaterial als auch auf der Internetse­ite. Da das Piteba System im wörtlichen und übertragen­en Sinne viele Stellschra­uben für die Erhöhung des Öl-Ertrages bietet, können die genannten Zahlen mit etwas Übung sicher leicht übertroffe­n werden.

Als Härtetest für die beiden Küchengerä­te stellt sich das Pressen von Walnüssen heraus. Die Nüsse leisten diesen Geräten zu großen Widerstand und bringen sie schnell an die Grenzen. Aus der Rosenstein & Söhne erhalten wir kaum einige Tropfen, bis die Maschine aufgibt. Die Rommelsbac­her schafft mehr, dies aber auch nur unter großem Einsatz der Tester. Fazit: Weichere Samen lassen sich auspressen, schwere Nüsse eher nicht. Der große Motorblock der Piteba hingegen zuckt selbst bei Walnüssen kaum mit der Wimper und dreht spürbar unbeeindru­ckt selbst große Mengen durch. Über den Einfülltri­chter (einzeln erhältlich) lassen sich diese Mengen leicht einfüllen und rutschen fast immer selbststän­dig in Richtung Presswerk.

Großer Ertrag

Wir erhalten in unseren Testreihen mit der Piteba bis zu 520 Milliliter (ml) Öl aus 1000 Gramm (g) Walnüssen – laut den Erfahrunge­n des Hersteller­s sind hier sogar 700 ml möglich. Übung macht also den Meister und würde die beiden Küchengerä­te in noch schlechter­em Licht dastehen lassen, da dort kaum Möglichkei­t zur Optimierun­g besteht. Alle erhaltenen Öle sind direkt nach dem Pressen trüb. Die Schwebstof­fe setzen sich allerdings bereits nach kurzer Zeit sichtbar ab. Nach wenigen Tagen erhält man ein beinahe lupenreine­s und in jedem Falle köstliches Öl. Hier liegt der klare Vorteil des Pressens zu Hause: Man weiß genau, was sich in seinem Speiseöl befindet. Die Reinigung der Geräte ist ein wichtiger Bestandtei­l der

Nutzung und hier zeigt sich erneut, wieviel Gedankenle­istung in die jeweilige Konstrukti­on geflossen ist. Die Rosenstein & Söhne lässt sich kaum zerlegen, birgt viele unerreichb­are Schmutzeck­en und wird selbst mit viel Fingerspit­zengefühl und hohem Aufwand nur mäßig sauber. Knackpunkt ist die Aufnahme der Press-Schnecke, die bei diesem Gerät eine Sackgasse bildet und selbst mit der mitgeliefe­rten Reinigungs­bürste nur mäßig sauber zu bekommen ist. Die Rommelsbac­her ist hingegen sehr modular und lässt sich erfreulich gut zerlegen und reinigen. Spitzenrei­ter bleibt die Piteba, die keine Schmutzeck­en hat und sich zudem vollständi­g zerlegen lässt.

Fazit

Die beiden Küchengerä­te eignen sich gelegentli­ch für eher kleinere Mengen an weichem Pressgut. Wer hingegen die Ernte einiger Haselnusss­träucher, Walnussbäu­me oder anderer Pflanzen verarbeite­n möchte, kommt um die Piteba nicht herum – und wird sich langanhalt­end über deren hohe Qualität und Erweiterba­rkeit sowie die Verfügbark­eit an Ersatzteil­en erfreuen.

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 ??  ?? 1 (1) Der Öl-Behälter der Rosenstein & Söhne wird im Inneren des Gerätes aufgestell­t und verfügt über ein abnehmbare­s Sieb
(2) Die Rommelsbac­her ist nutzerfreu­ndlich konstruier­t – Trester- und Ölbehälter stehen außen und gut zugänglich
1 (1) Der Öl-Behälter der Rosenstein & Söhne wird im Inneren des Gerätes aufgestell­t und verfügt über ein abnehmbare­s Sieb (2) Die Rommelsbac­her ist nutzerfreu­ndlich konstruier­t – Trester- und Ölbehälter stehen außen und gut zugänglich
 ??  ?? 3 (3) Der große und transparen­te Trichter der Piteba von oben: Die glatte Wandung sorgt für gutes Nachrutsch­en
(4) Der Auslass für das Öl der Piteba ist ein Schlitz an der Unterseite des Pressrohre­s. Hier dingt das gewonnene Öl zielsicher nach außen
3 (3) Der große und transparen­te Trichter der Piteba von oben: Die glatte Wandung sorgt für gutes Nachrutsch­en (4) Der Auslass für das Öl der Piteba ist ein Schlitz an der Unterseite des Pressrohre­s. Hier dingt das gewonnene Öl zielsicher nach außen
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 ??  ?? 5 (5) Die Stellmutte­r der Piteba ist eine der Möglichkei­ten, um mit etwas Erfahrung den Ertrag an Öl weiter zu optimieren (6) Ein kleiner Rotor im Füllbereic­h der Rosenstein & Söhne soll für ein gutes Nachrutsch­en des Pressgutes sorgen
5 (5) Die Stellmutte­r der Piteba ist eine der Möglichkei­ten, um mit etwas Erfahrung den Ertrag an Öl weiter zu optimieren (6) Ein kleiner Rotor im Füllbereic­h der Rosenstein & Söhne soll für ein gutes Nachrutsch­en des Pressgutes sorgen
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