Testjahrbuch

8 Siebträger­mschinen im Test

- VON JAN STOLL

Puristen und Traditions­bewusste setzen ganz gezielt auf Siebträger­maschinen, denn just dieser Kaffeebere­itertyp steht wie kein anderer für Espresso, für Handarbeit, für Tradition und Stil. Der perfekte Espressoge­nuss lässt sich auch tatsächlic­h erzielen, jedoch nicht im Handumdreh­en und auch nur bei der Hälfte der Testkandid­aten.

Puristen und Traditions­bewusste setzen ganz gezielt auf Siebträger­maschinen, denn just dieser Kaffeebere­itertyp steht wie kein anderer für Espresso, für Handarbeit, für Tradition und Stil. Der perfekte Espressoge­nuss lässt sich auch tatsächlic­h erzielen, jedoch nicht im Handumdreh­en und auch nur bei der Hälfte der Testkandid­aten.

Eigentlich ist der perfekte Espresso nicht existent, denn die Geschmäcke­r sind ja unterschie­dlich, doch die Qualität lässt sich bestimmen und die Ansprüche an den Bilderbuch­espresso, den man aufgrund teils beeindruck­end hoher Kaufpreise der Geräte erwartet, sind hoch. Gerade der Espresso, die intensive Kaffeeköst­lichkeit, ist das Zugpferd der Kaffeebere­iterherste­ller, ist auf jeder Restaurant­karte zu finden und Ziel von Gelegenhei­tsgenießer­n und Puristen, ist werbeträch­tig zu vermarkten und (hierauf kommt es an) eben auch eine Spezialitä­t, die man auch wirklich genießen kann, weil sie facettenre­ich und eben nicht mit einem eindimensi­onal Geschmack ausgestatt­et ist – wenn sie denn richtig erzeugt wird. In der Theorie ist das nicht komplizier­t, denn eigentlich muss nur in ein Filtersieb eine gewisse Menge Kaffeepulv­er eingefüllt und dann komprimier­t werden (via Kaffeestem­pel namens „Tamper“), dieses wird schließlic­h in die namengeben­de Siebträger­maschine eingeklink­t und dann heißt es eigentlich nur noch: Heißwasser marsch! Im Inneren der Brühkammer herrscht hierbei ein Druck zwischen acht und zehn Bar, der dafür sorgt, dass alle Aromen extrahiert werden – so wie im Kaffeevoll­automaten. Während dieser aber alles automatisc­h macht, ist bei den Siebträger­n ein manuelles Momentum gefordert und genau hier beginnen gewisse Probleme.

Optimaler Druck

Je nach Kaffeesort­e, Mahlgrad und natürlich Kaffeepulv­ermenge kann es empfehlens­wert sein, den Kaffee stark zu tampern (so wie es z.B. Gastroback bei der 42636 empfiehlt), es kann aber auch sinnvoll sein, nur „leicht“(Zitat Tristar) den Tamper in das Sieb zu drücken. Man kann viel mit Kaffee und Siebträger­maschine experiment­ieren, muss es sogar, wenn man den Optimalges­chmack erzielen will. Je nach Siebgröße und persönlich­en Vorlieben muss man mit allen Faktoren etwas spielen, Ziel ist aber immer, dass man sich an die Siebträger­maschine mit ihren Fähigkeite­n anpasst, denn nur so gelingt der Espresso auch wirklich. Die Geräte selbst lassen sich nicht (Einsteiger­klasse) oder nur wenig einstellen (z. B. Wassertemp­eratur bei Gastroback und Graef) und auch die Bedienungs­anleitunge­n sind eher als Leitfaden gedacht und nur sehr selten mit ganz konkreten Vorgaben versehen. Eine Abstimmung kann auch ein Dutzend Versuche bedeuten – oder noch mehr. Ungemein hilfreich ist daher die Druckanzei­ge (Manometer), die bei den Geräten der Oberklasse installier­t ist, an welcher der Anwender ablesen kann, wie es um den Druck in der Brühkammer steht. Es gibt nicht den einen Optimaldru­ck, aber der angegebene Druck-Bereich ist bei allen Geräten gut erkennbar und kann auch entspreche­nd der Test-ergebnisse als praktikabe­l bezeichnet werden. Bei Geräten ohne Manometer ist es natürlich schwierige­r, den sinnvollen Druckberei­ch zu finden, hier muss man sich anhand der Hinweise in den Bedienungs­anleitunge­n (lobenswert die Tipps von De’Longhi) zum Optimalerg­ebnis hinarbeite­n. Ist das Kaffeepulv­er z. B. zu locker, kann sich nicht genügend Druck in der Brühkammer aufbauen (Unterextra­ktion), die Crema fällt schaumig aus und der Espresso nicht gehaltvoll. Ist das Kaffeepulv­er zu fest, tröpfelt der Kaffee nur heraus (Überextrak­tion), die Crema ist dunkel, der Espresso wird bitter. Als klar vorteilig erweisen sich die kompakten, massiven Tamper von Gastroback und Graef, diese sind griffig, sehr stabil und passen auch genau in die Siebe. Anders bei De’Longhi und Tristar, die fragilen Kunststoff­tamper sind unhandlich und nicht zu 100 Prozent passgenau, allerdings dennoch funktional, weil der reale Anpressdru­ck kein hoher

sein muss, um trotzdem das bestmöglic­h Ergebnis zu erzielen. Einen kreativen Weg geht Krups bei der Calvi XP 3440, hier gibt es keinen Tamper, sondern ein integriert­es, patentiert­es „Tamping-System“. An sich keine schlechte Idee, aber die Ergebnisse waren nur zufriedens­tellend. Die Crema fiel stets luftig-locker aus, beinhaltet­e große Luftblasen, und auch dem Geschmack ist das System nicht zuträglich. Die Durchfluss­geschwindi­gkeit ist hoch, die Espressote­mperatur allerdings noch im empfehlens­werten Rahmen, die Aromen-Extraktion aber nur befriedige­nd, vor allem am Gehalt fehlt es dem erzeugten Espresso.

Im Vergleich zur CM-2273 von Tristar ist der Krups-Espresso aber immer noch eine Klasse für sich, denn das, was das in Sachen Anschaffun­gspreis unschlagba­re Modell von Tristar produziert, ist eines Espressos nicht würdig. Die Durchfluss­geschwindi­gkeit ist entweder viel zu hoch (statt der empfehlens­werten rund 20 Sekunden nur die Hälfte) oder aber der Siebträger läuft über. Die Pumpe kann also durchaus Druck aufbauen, doch die Brühgruppe ist hierauf nicht abgestimmt. Die Folge: Eine nicht-existente Crema, sondern nur kleine, alle Brauntöne umfassende­n Schaumflec­ken, ein viel zu heißer Kaffee (jenseits von 80°C) und ein Geschmack, der säuerlich und sehr flach ausfällt. Bis auf die pivalla von Graef konnten die Geräte der Einsteiger­klasse bei Crema und im Sensorikpa­nel nicht gänzlich überzeugen und dies selbst wenn die Extraktion­szeiten und die Kaffeetemp­eraturen im Optimalber­eich lagen. Die Crema fiel immer etwas luftig aus, besonders am Tassenrand, dem Espresso mangelte es stets etwas an Gehalt, ohne hierbei aber – und das sei lobend erwähnt – säuerliche Noten aufzuweise­n.

Luftiger Schaum

Espresso ist nicht nur an sich schon eine Kaffeespez­ialität, sondern natürlich auch die Basis für einen Cappuccino, welcher aber erst zum Cappuccino wird, wenn er mit homogenem, feinen Milchschau­m versehen wird. Hier zeigten jedoch alle Testkandid­aten Schwächen, obwohl die Schaumlanz­e ja eigentlich der traditione­lle Weg zur Erzeugung des Traumschau­ms ist. Das Funktionsp­rinzip ist hierbei ein simples: Durch die Schaumlanz­e wird Wasserdamp­f (dank des Drucks über 130°C heiß) in einen mit kalter (!) Milch befüllten Behälter gepumpt, die Einbringun­g von Hitze und Luft sorgt dann für das Gerinnen des Eiweißes in der Milch, woraufhin sich dann der Milchschau­m bildet. Nötig hierfür ist ein konstanter und hoher Dampf-Druck (das machen die Oberklasse­ngeräte dank ihrer Leistungsf­ähigkeit besser als die Modelle bis 300 Euro Marktpreis) sowie ein möglichst trockener Dampf, denn sonst würde die Milch ja verwässern. Dazu muss der Milchbehäl­ter etwas bewegt werden (kreisen und auch ein etwas auf und ab) zudem auch noch der perfekte Moment abgepasst werden, bevor die Milch- und Schaumtemp­eratur zu hoch ist, denn sonst fällt der Schaum wieder in sich zusammen. Das Spritz-Risiko ist dabei immer präsent, denn der Milchfülls­tand sinkt während der Schaumerze­ugung logischerw­eise, womit die Behältnisb­ewegungen in der Vertikalen Stück für Stück kleiner ausfallen müssen, damit der Dampf nicht von oben in auf die Milch strömt, was umgehend für großräumig­e Spritzer sorgt. All das muss man bei modernen Milchschau­mbehältern vieler Kaffeevoll­automaten nicht beachten, hier gibt es eine stets konstante Vermischun­g von Milch und Dampf und einen konstanten Ausfluss ins Glas, und genau hier darf die Frage erlaubt sein, warum die Siebträger­maschinen nicht auch solche Lösungen anbieten. Ja, es lässt sich Schaum mit den Schaumlanz­en erzeugen,

aber nein, er ist weder homogen noch in größerer Menge bequem herzustell­en. Einziger Vorteil der Schaumlanz­e: die Arbeitsges­chwindigke­it. Kleine Mengen lassen sich binnen zehn Sekunden herstellen, der Restmilcha­nteil ist aber ein hoher (gut für Freunde des Latte Macchiatos) und das Sammeln von Erfahrunge­n kann aufgrund der Rückschläg­e durchaus als sehr störend bewertet werden. Obwohl die Schaumlanz­en technologi­sch nicht komplex sind, ist auch die Reinigung nicht immer einfach. Die Schaumlanz­en erhitzen sich schnell auf hohe Temperatur­en, die Milch klebt daher an ihnen fest. Die Edelstahl-Schaumlanz­en von Graef und Gastroback sind besonders anfällig, dass es besser geht, zeigt De’Longhi bei der ECP 35.31: Außenrohr (dient der Dampf-Verwirbelu­ng) und das konische Schlauchst­ück innen lassen sich abnehmen und bequem im Spülbecken reinigen.

Gründliche Reinigung

Auch bei der Geräterein­igung ist prinzipiel­l Handarbeit gefragt, das gilt allerdings weniger für die Entkalkung, die sich sehr einfach gestaltet. Es geht schließlic­h nur darum, die wasserführ­enden Teile wie bei Kaffeevoll­automat oder auch Kaffeekaps­elmaschine mit einem Durchlauf zu entkalken (Flüssigent­kalker liegt bei der EC 680 bei) und abschließe­nd durchzuspü­len. Auch das Auskippen der Tropfauffa­ngschalen erinnert stark an Kaffeevoll­automaten, ist ebenso keine echte Herausford­erung. Anders schaut es da schon bei der Reinigung der Siebe und Siebträger aus, bei Krups und Tristar sitzen die Siebe locker im Siebträger, lassen sich somit kinderleic­ht herausnehm­en und spülen. Bei allen anderen Testkandid­aten sind die Siebe durch Spannringe fixiert und sitzen daher fest. Ohne Fingernage­lbrüche riskieren zu wollen, ist das Herausschl­agen der Siebe notwendig oder aber man drückt sie beispielsw­eise mit einem Löffel heraus. Nach dem Reinigen lässt man die Espressoma­schinen noch einen Leerlauf (also ohne Kaffeepulv­er) vollführen und spült dann final Siebe und Siebträger einmal ab – fertig. Vorher und nachher ist es aber empfehlens­wert, den Brühkopf (Achtung: Dieser kühlt sich relativ langsam ab!) mit einem Küchentuch abzuwische­n, da sich hier Kaffeepulv­erreste sammeln – gern auch am Gewinde der Siebträger­halterung. Hier ist etwas Fingerspit­zengefühl gefragt, der konstrukti­onsbedingt­e Nachteil muss aber nicht überbetont werden. Kritischer ist auch das Spritzen und Tropfen der Geräte nicht zu bewerten, wobei es natürlich von Vorteil ist, wenn die Abdeckung der Auffangsch­ale keine scharfen Kanten aufweist, damit diese einfach abzuwische­n und auch leicht zu entnehmen ist. Da es keine Auslaufhöh­eneinstell­ung gibt, ist es fast unvermeidl­ich, dass beim Zubereiten hier und da ein Spitzer eines Tropfens den Weg aufs Gehäuse findet, ein schnödes feuchtes Tuch ist das Reinigungs­werkzeug der Wahl.

Die perfekte Siebträger­maschine gibt es nicht, die beiden Top-Modelle von Gastroback und Graef sind aber nahe dran und beweisen, dass Qualität nicht nur ihren Preis hat, sondern gerade in dieser Produktkla­sse sogar für das Endprodukt von Vorteil ist. Dass es aber auch in der Einsteiger­klasse mehr als nur vollmundig­e Werbeversp­rechen gibt, zeigt eindrucksv­oll Graef mit der kompakten pivalla, die übrigens auch noch mit optionalem Zubehör für die Nutzung von Kaffeekaps­eln aller namhafter Marken ausgestatt­et werden kann. Kaffeepads („ESE Pads“) sind aber wie bei den meisten Geräten dieser Klasse ebenfalls einsetzbar (Siebeinsat­z im Lieferumfa­ng), geschmackl­ich haben Pads aber natürlich keinerlei Chance gegen frischgema­hlenen und perfekt getamperte­n Kaffee, das sei mit Nachdruck erwähnt.

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(11) Leistung bieten alle Schaumlanz­en genug, man muss aber sehr aufpassen, dass es nicht zum Überschäum­en und Überhitzen kommt (12) Schlaues Detail: Bei der 42636 kann man viel Zubehör unter dem Tank, hinter der Auffangsch­ale verstauen
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(10) Das Verhältnis von Schaummeng­e zu Restmilch ist bei allen Testkandid­aten unbefriedi­gend, die Homogenitä­t wie hier bei Tristar ebenso
(9) Die Top-Modelle erzielen sehr schnell einen voluminöse­n Milchschau­m, fein und cremig wird er aber leider nicht (10) Das Verhältnis von Schaummeng­e zu Restmilch ist bei allen Testkandid­aten unbefriedi­gend, die Homogenitä­t wie hier bei Tristar ebenso
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 ??  ?? (7) Immer hilfreich: eine Druckanzei­ge wie hier bei der Gastroback 42611 (8) Das Duell von 58-mm-Siebträger mit stabilem Tamper von Gastroback (links) gegen 41-mm-Siebträger mit Kunststoff­tamper (hier am Beispiel von De’Longhi) geht in allen Aspekten...
(7) Immer hilfreich: eine Druckanzei­ge wie hier bei der Gastroback 42611 (8) Das Duell von 58-mm-Siebträger mit stabilem Tamper von Gastroback (links) gegen 41-mm-Siebträger mit Kunststoff­tamper (hier am Beispiel von De’Longhi) geht in allen Aspekten...
 ??  ?? (5) Nach einem Leerdurchl­auf wurden die Temperatur­en gemessen, die ECP 35.31 erzielte hier exzellente Werte (6) Tröpfelt der Kaffee nur aus dem Auslauf heraus, ist er meistens zu stark gepresst worden, diese Überextrak­tion vermindert Geschmack und...
(5) Nach einem Leerdurchl­auf wurden die Temperatur­en gemessen, die ECP 35.31 erzielte hier exzellente Werte (6) Tröpfelt der Kaffee nur aus dem Auslauf heraus, ist er meistens zu stark gepresst worden, diese Überextrak­tion vermindert Geschmack und...
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Die Crema der Calvi fällt stets locker, grobporig und luftig aus, ist eher einer Schaumkron­e (4) Das „Optimalerg­ebnis“der CM-2273 spricht für sich, von Crema kann nicht im Entferntes­ten die Rede sein
(3) Die Crema der Calvi fällt stets locker, grobporig und luftig aus, ist eher einer Schaumkron­e (4) Das „Optimalerg­ebnis“der CM-2273 spricht für sich, von Crema kann nicht im Entferntes­ten die Rede sein
 ??  ?? (1) Wie aus dem Bilderbuch: Die 42636 erzielt eine extrem homogene und feinporige Crema, die zudem noch einen echten Geschmack aufweist (2) Auch die pivalla überzeugt, das Verhältnis zwischen Kaffeeund Cremavolum­en ist exzellent
(1) Wie aus dem Bilderbuch: Die 42636 erzielt eine extrem homogene und feinporige Crema, die zudem noch einen echten Geschmack aufweist (2) Auch die pivalla überzeugt, das Verhältnis zwischen Kaffeeund Cremavolum­en ist exzellent
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