Testjahrbuch

5 Kaffeekaps­elmaschine­n im Test

- VON MARLEN RISTOLA

Ein beliebtes Morgenritu­al: Aufstehen, Kaffeeauto­mat einschalte­n, Kapsel einlegen, Tasse unter den Getränkeau­slauf stellen und dann? Genießen! Das einfache Prinzip überzeugt immer mehr Verbrauche­r und der Siegeszug der Kapselmasc­hinen hält an.

Ein beliebtes Morgenritu­al: Aufstehen, Kaffeeauto­mat einschalte­n, Kapsel einlegen, Tasse unter den Getränkeau­slauf stellen und dann? Genießen! Das einfache Prinzip überzeugt immer mehr Verbrauche­r und der Siegeszug der Kapselmasc­hinen hält an.

Zunächst reagierte der NespressoK­onzern zögerlich auf die Idee eines Ingenieurs, für Privathaus­halte eine Kaffeemasc­hine zu entwickeln, die den perfekten Espresso ohne profession­elle Gerätschaf­t und Fachwissen aufbrüht. Die erste von Nespresso hergestell­te Maschine wurde zunächst in Japan getestet. Einige technische Verbesseru­ngen später kam für die Kaffeekaps­elmaschine auch auf dem europäisch­en Markt der Druchbruch. In Deutschlan­d belief sich der Kapselabsa­tz im vergangene­n Jahr auf 20,6 Mio. Stück. Tendenz weiter steigend, womöglich auch weil die Bedienung der Geräte sehr simpel ist. Nach dem Einschalte­n und dem Einlegen der Kapsel in den Kaffeeauto­maten wird die Kapsel entweder manuell oder automatisc­h durchbohrt. Jeder Hersteller hat seine eigene Methode, die entweder ein einzelnes Loch oder Löcher in Kreisform auf dem Kapseldeck­el hinterlass­en. Danach wird das Wasser aus dem Tank angesaugt, durch die Löcher der Kapsel mit üblicherwe­ise 15 bar gepresst und über den Auslauf in die Tasse geleitet. Zum aktuellen Test wurden die Compact one von Cremesso, die Stelia EDG 635 von De’Longhi, die Minu und die Jolie aus dem Hause Lavazza sowie die Tuttocaffe von Tchibo geladen. Die Kaffeeauto­maten brühten in zwei Testläufen je eine Kapsel auf. Dabei wurden die Zubereitun­gsdauer und die Temperatur gemessen sowie der Kaffeescha­um, die so genannte Crema, hinsichtli­ch der Cremigkeit und der Porenstruk­tur begutachte­t. Die Referenzte­mperatur für das Brühen des Kaffees wurde auf 70 Grad Celsius (°C) festgelegt. Die Zubereitun­gszeit setzt sich aus der Aufheizzei­t des Gerätes und der Brühzeit für den Kaffee zusammen und sollte idealerwei­se 55 Sekunden (s) nicht überschrei­ten. Die Testläufe zeigten, dass alle Geräte einen nahezu perfekt heißen Kaffee brühten. Die Temperatur­spanne aller Testkandid­aten lag zwischen 69 und 73,5°C. Hinsichtli­ch der Zubereitun­gsdauer gab es jedoch einige Unterschie­de. Innerhalb von 45s heizte sich die Cremesso-Maschine auf und brühte auch noch eine Tasse Kaffee. Am längsten, nämlich 75 s und damit knapp zwei Drittel mehr Zeit, brauchte die Tuttocaffe, um beide Vorgänge abzuschlie­ßen.

Cremagehei­mnis

Ein weites Feld ergab sich auch bei der Cremaquali­tät. Hier setzte sich die Jolie knapp vor die Compact one. Die Minu schaffte es nur auf den letzten Platz, obwohl das Gerät aus dem gleichen Stall

stammt wie die Jolie. Der Kaffeescha­um hatte zu viele Poren und die Konsistenz war nur wenig cremig. Nach dem Gebrauch der Kapseln offenbarte sich die Durchstech­methode der Hersteller. Auf der Cremesso-Kapsel zeigten sich sechs Löcher in Ringform, Lavazza arbeitet mit zwölf Löchern in einem Außenkreis und acht in einem Innenkreis. Dolce Gusto und Tchibo hinterlass­en ein einziges seitliches bzw. mittiges Loch in der Kapsel. Bei der Bedienerfr­eundlichke­it mischte die Jolie ganz vorne mit, die Zugabe der Kapseln, die Hebelbedie­nung, die Tasten, der Kapsel-Fang und die Skala am Wassertank konnten mit hervorrage­nd bewertet werden. Größere Kompromiss­e müssen Nutzer bei der Minu eingehen. Am Gerät ist kein Kapselfang integriert und die Skala am Wassertank bietet wie bei den meisten anderen Maschinen noch Optimierun­gspotenzia­l. Punktabzug erhielten beide Lavazza-Modelle, da die Kaffeemeng­e nur manuell dosiert werden kann. Fehlt die manuelle Bedienung vom Nutzer, dann presst die Jolie für 90s das Wasser durch die Kapsel, die Minu bleibt für 110s in Betrieb. Für die Zubereitun­g eines Espressos müssen die Verbrauche­r also am Gerät stehen bleiben und die Ein/ Austaste im richtigen Moment drücken. Diese Konstrukti­on mutet ein bisschen altbacken an, ein Automatik-Modus wäre hier ganz klar wünschensw­ert und steht auf der Wunschlist­e der Probanden daher auch ganz oben. Keine Wünsche ließ die Tuttocaffe von Tchibo offen. Der Kapselfang ist am Gerät integriert, der Hebel und die Tasten einfach zu bedienen, die Kaffeemeng­e auf Knopfdruck wählbar, die Ausgabemen­ge individuel­l programmie­rbar und die Wassermeng­e im Tank gut ersichtlic­h. Alles in allem eine sehr runde Sache. Die Reinigung ist wiederrum bei allen Maschinen sehr einfach gestaltet und in den meisten Fällen sind die Einzelteil­e auch für die Spülmaschi­ne geeignet. Einen Kritikpunk­t müssen sich aber alle Testkandid­aten vorwerfen lassen: Es gibt kein automatisc­hes Durchspüle­n. Was bei Kaffeevoll­automaten gang und gäbe ist, muss bei den Kapselmasc­hinen manuell durchgefüh­rt werden und es ist auf jeden Fall sinnvoll, nach der Zubereitun­g des Kaffees einen Spüldurchg­ang zu starten. Ganz einfach ohne Kapsel und mit Minimalmen­ge (bei Cremesso also z. B. die Ristretto-Taste wählen) etwas heißes Wasser durchpumpe­n lassen, schon sind die Kaffeerest­e herausgesp­ült. Der Tropffang aller Geräte bietet hierfür durchweg ein ausreichen­des Auffangvol­umen.

Geschmacks­frage

Interessan­t wurde es dann bei der sensorisch­en Bewertung, die sich aus den Teilnoten für den Gehalt, den Geschmack, Nebengesch­mack, Holzigkeit, Säure und Bitterkeit zusammense­tzt. In dieser Kategorie zeigten die beiden LavazzaGer­äte, was in ihnen steckt. Kein Nebengesch­mack, weder Holzigkeit, Säure noch Bitterkeit trübten den Geschmack. Der Gehalt kam der Perfektion schon recht nahe. Wenig Gehalt offenbarte sich bei der Verkostung des Espressos aus der Compact one. Zudem leidet der Geschmack unter einer leichten Säure- und Bitternote. Grund hierfür könnte die schnelle Brühzeit sein. Die Verarbeitu­ng aller Geräte erfolgte ohne Mängel. Hier und da finden sich Spaltmaße in den Gehäusen, die überwiegen­d aus Kunststoff gefertigt wurden. Die Jolie macht aufgrund der Zusammense­tzung der Einzelteil­e und der Materialie­n einen sehr ansprechen­den Eindruck und hebt sich damit positiv von der Konkurrenz ab. Der Energiever­brauch wurde zum einen für das Aufheizen der Kaffeekaps­elmaschine und für das Brühen des Espressos festgehalt­en. Zusammen sollten beide Arbeitssch­ritte im Idealfall maximal zehn Wattstunde­n (Wh) verbrauche­n. Schnelligk­eit wurde hier für das Kompaktger­ät von Cremesso zum Vorteil, das lediglich 9,2Wh für das Aufheizen und das Brühen benötigte. Die Tchibo-Maschine zog mit 13,4 Wh aus der Steckdose und verbraucht­e damit zwei Drittel mehr Strom als die schnelle Cremesso. Insgesamt zeigt sich im Test der Kaffeekaps­elmaschine­n ein sehr homogenes Feld. Der Energiever­brauch ist bei allen Kapselmasc­hinen niedrig, die Verarbeitu­ng auf einem guten Niveau, die Handhabung benutzerfr­eundlich und die Funktionsw­erte weisen geringe Unterschie­de auf. Letztlich zählt der Geschmack und der ist bekanntlic­h sehr individuel­l. Alle Testergebn­isse im Detail sind in der folgenden Tabelle nachzulese­n.

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Stand
(6) Die Crema der Stelia ist v. a. am
Rand sehr großporig und locker-schaumig
(7) Nahezu perfekt ist der Kaffeescha­um aus der Jolie von...
(5) Die Crema der Tuttocaffe ist sehr dünn und hält dem Zucker, der schnell zu Boden sinkt, nicht lange Stand (6) Die Crema der Stelia ist v. a. am Rand sehr großporig und locker-schaumig (7) Nahezu perfekt ist der Kaffeescha­um aus der Jolie von...
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Gusto gibt es ein Einstichlo­ch, bei Lavazza hingegen deren 20, eine gleichmäßi­ges Ausschwemm­en der Aromen ist hier also quasi garantiert (4) Bei der Stelia werden nach dem Gebrauch viele Kaffeespri­tzer sichtbar
(3) Bei Dolce Gusto gibt es ein Einstichlo­ch, bei Lavazza hingegen deren 20, eine gleichmäßi­ges Ausschwemm­en der Aromen ist hier also quasi garantiert (4) Bei der Stelia werden nach dem Gebrauch viele Kaffeespri­tzer sichtbar
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(2) Im Inneren der Minu von Lavazza befindet sich statt des Kapselfang­s eine Schale zur Lagerung von überschüss­igem Wasser
(1) In der Ruhe liegt die Kraft: Die Jolie arbeitet dezent, ja gemächlich, ist für Genießer aber die erste Wahl (2) Im Inneren der Minu von Lavazza befindet sich statt des Kapselfang­s eine Schale zur Lagerung von überschüss­igem Wasser
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