Whisky, Wild und Schokolade
Thüringer Ernährungsbranche zeigt ihr Können auf der Grünen Woche
Berlin. Den Weg nach Thüringen findet man gar nicht so leicht. Wer auf der 83. Internationalen Grünen Woche in Berlin auf der Suche ist nach Spezialitäten aus dem Freistaat, kommt auf dem Weg dahin im einfachsten Fall durch Niedersachsen. Oder die Pfalz. Bereits um zehn Uhr dampft das Wildragout bei einem pfälzischen Weingut. Passend zum Weißburgunder, den man sich kistenweise nach Hause schicken lassen kann. Genau darum geht es bei der Ernährungs- und Landwirtschaftsmesse: Essen und trinken. Tourismus spielt auch eine immer wichtigere Rolle
Die Thüringer Unternehmen sind am Gemeinschaftsstand des Freistaates zusammengefasst. 44 Aussteller sind es dieses Mal. Dabei hat Sturmtief Friederike verhindert, dass alle zur rechten Zeit auf das Berliner Messegelände gekommen sind. „Eine Mitarbeiterin fehlt noch“, sagt Frank Gerhard, MarketingManager bei Born Feinkost. Die Kollegin ist durch die Probleme im Zugverkehr nicht zum Auftakt gekommen. Auf der Messe hat die Knobi-Sauce der Firma Premiere, aber auch der SenfGin, den man eigens in Erfurt herstellen lässt, „läuft wie Sau.“
Auf die Messe kommen nach Erfahrung der meisten Aussteller zwar viele Berliner. Die Hälfte der Besucher jedoch reist eigens an, viele sind Stammgäste. „Viele Firmen nutzen die Plattform, um herauszufinden, wie Produkte beim Publikum ankommen“, sagt Stefan Ritter. Er kümmert sich bei der Herzgut Landmolkerei aus Schwarza um den Vertrieb.
Doch es geht auch um langfristige Geschäfte: „Das eine oder andere Geschäft kommt auch zustande, weil die Einkäufer der großen Einzelhändler hier unterwegs sind. Die sind auch immer auf der Suche nach Neuheiten, die für ihr Sortiment geeignet sind“, sagt Heiko Rogge, zuständig für Marketing und Vertrieb bei der Brauerei Neunspringe aus Worbis. Die Eichsfelder bieten in diesem Jahr kein Bier an. Der Schwerpunkt liegt für das Unternehmen in diesem Jahr auf Spirituosen: Whisky, Rum, Gin. „Der Whisky wird gut angenommen“, so Rogge. Längst ist man damit in Spezialitätengeschäften in den großen ostdeutschen Städten vertreten. Derweil haben die Musical-Darsteller von „Faust – Die Rockoper“immer wieder Auftritte und lassen manchen Gast länger am Thüringen-Stand verweilen. Schwerer hat es aktuell mancher Zweig der Landwirtschaft. Die Sorge um die Afrikanische Schweinepest bewegt die Schweineproduzenten. Das weiß auch Thüringens Landwirtschaftsministerin Birgit Keller (Linke), die zusammen mit den Mitgliedern des Agrar-Ausschusses im Thüringer Landtag gekommen ist, um die Unternehmen aus dem Freistaat auf der Messe zu besuchen.
Man müsse mit kühlem Kopf agieren. Die Bauern-Funktionäre haben sich für eine starke Verkleinerung des Wildschwein-Bestandes ausgesprochen. Der Schwarzkittel wird mit verantwortlich gemacht, dass die für Schweine tödliche Tierseuche in Europa weiter voranschreitet und nach Deutschland kommen könnte. „Aber wir haben nicht die Illusion, dass der Bestand bis zum Sommer um 70 Prozent verkleinert werden kann“, sagt die Ministerin.
Sorge machen ihr Missstände in der Tierhaltung. Sie werfen ein schlechtes Licht auf die Branche. „Das nervt mich. Es entsteht ein Image-Schaden für die Tierhalter in Thüringen, da haftet die ganze Branche.“Sie wolle nicht, dass die Tierproduktion im Land kleiner wird. „Thüringen ist das Land der Bratwurst. Wenn ich Thüringer Bratwurst essen will, soll das Fleisch nicht aus Polen oder SchleswigHolstein kommen“, so Keller.
Andere Sorgen hat Stefan Ritter von der Herzgut-Molkerei. „Das letzte Jahr war eines mit vielen Umbrüchen.“Nicht nur Kapriolen beim Milchpreis haben dazu geführt, dass sich die Firma neu aufstellt. Einige Joghurt-Sorten sind aus dem Sortiment verschwunden. Stattdessen liefert man nun ein Mozzarella-Vorprodukt nach Italien. Zudem sieht man einen großen Bedarf für Bio-Lebensmittel: „Da wollen wir künftig rein, BioMilch soll angeboten werden.“Das dürfte der Ministerin gefallen. Schließlich wird der Bedarf für Bio-Lebensmittel in Thüringen derzeit noch zu 70 Prozent mit Einfuhren gedeckt.
„Image-Schaden für die gesamte Branche“
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Die Ausstellung ist bis zum . Januar für Besucher geöffnet.