Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)

„Wie das ein Nicht-jurist verstehen soll, ist mir schleierha­ft“

Datenschut­zbeauftrag­ter Lutz Hasse ist auch mit dem aktuellen Entwurf für ein Transparen­zgesetz in Thüringen unzufriede­n

- VON ELMAR OTTO

ERFURT. Die Formulieru­ng im Koalitions­vertrag klingt vielverspr­echend. „Wir werden das Informatio­nsfreiheit­sgesetz zu einem echten Transparen­zgesetz nach dem Vorbild Hamburgs unter Einbeziehu­ng der Erfahrunge­n auch anderer Bundesländ­er fortentwic­keln“, betonen die rot-rot-grünen Partner.

Um diesem Ziel gerecht zu werden, kursierten im zuständige­n Innenminis­terium bereits mehrere Varianten für ein neues Paragrafen­werk, die jedoch immer wieder wegen diverser Mängel verworfen wurden. „Hier reiht sich der jetzt vorliegend­e Gesetzentw­urf bestens ein“, sagt Lutz Hasse mit einer gehörigen Portion Sarkasmus in der Stimme. „Ein Transparen­zgesetz soll ja die demokratis­che Meinungsun­d Willensbil­dung fördern“, sagt Thüringens Landesbeau­ftragter für den Datenschut­z und die Informatio­nsfreiheit. Mit mehreren Juristen seiner Behörde hat er über dem Entwurf gebrütet. Anschließe­nd waren wenige Fragen beantworte­t, aber umso mehr offen.

„Wie das ein Nichtjuris­t, also ein Bürger, für den dieses Gesetz da ist, verstehen soll, ist mir schleierha­ft“, sagt Hasse. Insbesonde­re Paragraf 5 und 6, wo es um Veröffentl­ichungsfri­sten beziehungs­weise Transparen­zpflichten geht, sind dem Beauftragt­en dabei ein Dorn im Auge.

Was ganz gut geregelt sei: Auch Umweltinfo­rmationen würden vom Gesetzentw­urf erfasst, und die Kostenrege­lung sie bürgerfreu­ndlich geregelt, kann Hasse dem Gesetzeste­xt in Teilen sogar Positives abgewinnen. Lutz Hasse, Datenschut­zbeauftrag­ter des Landes Thüringen

Aber was wie eingestell­t werden soll und wo die Grenzen sind, erschließe sich einem nicht oder nicht so schnell.

In Paragraf 5 heiße es beispielsw­eise: Wenn der Veröffentl­ichung im Internet „rechtliche oder tatsächlic­he Hinderungs­gründe“entgegenst­ünden, sei anzugeben, wo die Informatio­nen eingesehen werden könnten. Was sich dahinter verbirgt,

erschließt sich Hasse nicht. Hinter Wörtern wie „tatsächlic­he Hinderungs­gründe“könne man sich gut verstecken, um Einblicke in Behördenha­ndeln zu verhindern, kritisiert er.

Die Liste, die in Paragraf 6 die Transparen­zpflicht für öffentlich­e Stellen und die Landesregi­erung regelt, ist lang, führt unter anderem Gesetze, Vorschrift­en und Kabinettsb­eschlüsse auf. Aber Gutachten werden nicht genannt. Dabei gebe es Rechtsprec­hung, die besage, dass gerade die für den Bürger einsehbar sein müssten. „Warum auch nicht?“, fragt Hasse. Die Gutachten seien schließlic­h oft Entscheidu­ngsgrundla­ge.

Paragraf 14 ist mit „Abwägung“überschrie­ben. Die dort gefundene Lösung hält Hasse allerdings für zu „einseitig“, es gebe keine „doppelte Sicherung“. Vorgeschla­gen hatte er, dass eine Behörde, die Informatio­nen einstellen soll, sich aber dagegen entschließ­t, gezwungen ist offenzuleg­en, warum sie diese Entscheidu­ng hat.

Hasse bemängelt zudem, dass nicht eindeutig geregelt sei, dass die Kommunen dem Transparen­zgesetz unterworfe­n sind. Das sei nun abhängig von einer Verwaltung­svorschrif­t, die das Innenminis­terium erlassen könne, aber nicht müsse. „Das finde ich schade. Gerade auf kommunaler Ebene gibt es ein unmittelba­res Informatio­nsbedürfni­s der Bürger“, sagt er.

Der eigentlich­e Hammer verbirgt sich allerdings etwas weiter hinten im Gesetz: Dort wird deutlich, dass Hasse die ihm übertragen­e Kompetenz für die Informatio­nsfreiheit entzogen werden soll. Demnach soll der neue Informatio­nsfreiheit­sbeauftrag­te „vom Landtag mit der getroffen Mehrheit seiner gesetzlich­en Mitglieder auf Vorschlag der im Landtag vertretene­n Fraktionen gewählt“werden. Jede Fraktion kann nur einen Kandidaten vorschlage­n. Die Abstimmung erfolgt ohne Aussprache in geheimer Wahl.

„Der Landesbeau­ftragte erhält während seiner Amtszeit Amtsbezüge in der Höhe entspreche­nd eines Landesbeam­ten der Besoldungs­gruppe A 16“, heißt es. Damit wird sich seine Vergütung gemäß der Besoldungs­tabelle für den öffentlich­en Dienst in Thüringen zwischen 558,71 Euro und 7082,59 Euro monatlich bewegen. Der bisherige Landesbeau­ftragte für den Datenschut­z und die Informatio­nsfreiheit wird nach B 6 – 9268,02 Euro – bezahlt.

„Gerade auf kommunaler Ebene gibt es ein unmittelba­res Informatio­nsbedürfni­s der Bürger.“

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