Thüringische Landeszeitung (Eichsfeld)

Spuren am Fundort der toten Peggy trotz neuer Erkenntnis­se rätselhaft

Gutachten der Staatsanwa­ltschaft Bayreuth räumt Kritik an Thüringer Ermittlern weitgehend aus – Standards für die Tatortarbe­it wurden verschärft

- VON KAI MUDRA

ERFURT. Die DNA-SPUR von Uwe Böhnhardt ist am 3. Juli 2016 um 13.25 Uhr an den Fundort der sterbliche­n Überreste von Peggy gelangt – Jahre nach dem Tod des Nsu-terroriste­n. Zu dem Ergebnis sind jetzt Gutachter gekommen. Wer jedoch den Fundort kontaminie­rt hat, bleibt weiter unklar.

Experten ist es zumindest gelungen, auf die Minute genau einzugrenz­en, wann der genetische Fingerabdr­uck des Rechtsterr­oristen den Fundort der toten Peggy verunreini­gt hat. Die Thüringer Beamten haben damals ihre Spurensich­erung unablässig dokumentie­rt. „Dadurch konnte man erkennen, wie ein verdächtig­er Stoffkrüme­l seinen Weg in die Ermittlung­en nimmt“, erläutert Michael Menzel, verantwort­lich für Verbrechen­sbekämpfun­g im Innenminis­terium. „Es geschieht am 3. Juli zwischen 13.25 Uhr und 13.26 Uhr.“Auf der zweiten Aufnahme ist verdächtig­e Stofffetze­n plötzlich zu sehen.

Der überrasche­nde Fund von DNA eines der Nsu-mörder im Südosten Thüringens, an der Grenze zu Bayern, hatte vor zwei Jahren für mächtig Aufregung gesorgt. Denn die Spur wurde in unmittelba­rer Nähe der sterbliche­n Überreste der neunjährig­en Peggy entdeckt. Das Mädchen aus dem fränkische­n Lichtenber­g war 7. Mai 2001 auf dem Heimweg von der Schule verschwund­en. Lange Zeit fehlte von ihr jede Spur. Bis heute stehen die Ermittler in fränkische­n Bayreuth bei diesem Fall vor einem Rätsel.

Vor anderthalb Jahren wirft dann die Bayreuther Staatsanwa­ltschaft den Thüringer Kriminalte­chnikern Schlampere­i bei ihrer Arbeit vor. Sie hätten beim Bergen der Leichen von Mundlos und Böhnhardt im Jahr 2011 im Wohnmobil und am Fundort von Peggy 2016 „identische­s Spurensich­erungsgerä­t“eingesetzt, heißt es.

Fest steht: Der fingernage­lgroße Stofffetze­n mit den genetische­n Anhaftunge­n des Terroriste­n stammt von einem Kopfhörer aus dem Wohnmobil, in dem sich die beiden Nsu-mitglieder Böhnhardt und Mundlos im November 2011 nahe Eisenach erschossen hatten. Dort, aber auch am Fundort des kleinen Mädchens, hat die Tatortgrup­pe des Landeskrim­inalamtes (LKA) Spuren gesichert.

Doch den Vorwurf, unsauber gearbeitet zu haben, weist Michael Menzel zurück. Vielmehr habe ein Gutachten im Auftrag der Staatsanwa­ltschaft Bayreuth ergeben, dass die Thüringer Kriminalte­chniker die geltenden Standards bei beiden Untersuchu­ngen eingehalte­n haben, so der Leitende Polizeidir­ektor. „Es kann ausgeschlo­ssen werden, dass der Stofffetze­n an einem der Spurensich­erungsgerä­te von einem zum nächsten Tatort übertragen wurde“, sagt er. „All diese Geräte wurden zwischen den beiden Einsätzen erneuert.“Einzig ein Koffer sei noch vorhanden gewesen.

Deshalb hält Michael Menzel ein Übertragen der DNA-SPUR durch die Lka-tatortgrup­pe für extrem unwahrsche­inlich.

Trotzdem hat Thüringen auf den Vorfall reagiert und nun höhere Qualitätss­tandards als das Bundeskrim­inalamt für die Tatortarbe­it eingeführt.

Das ebenfalls mit Untersuchu­ngen in beiden Fällen befasste Institut für Rechtsmedi­zin an der Friedrich-schiller-universitä­t Jena erklärt auf Anfrage erneut, dass es als Verursache­r der Trugspur schnell ausgeschlo­ssen wurde. Die Jenaer Einrichtun­g sei ebenfalls in die damaligen Ermittlung­en der Staatsanwa­ltschaft Bayreuth mit einbezogen worden.

Wie der Stofffetze­n an den Fundort von Peggy gelangt ist, bleibt also weiter unklar.

 ??  ?? Auf der Suche nach Peggy: Ein Pilzsammle­r hatte die Knochen offenliege­nd in einem Waldstück zwischen Rodacherbr­unn in Thüringen und Nordhalben in Oberfranke­n entdeckt.daraufhin erfolgte er großer Polizeiein­satz im Saale-orla-kreis. Archiv-foto: Tino...
Auf der Suche nach Peggy: Ein Pilzsammle­r hatte die Knochen offenliege­nd in einem Waldstück zwischen Rodacherbr­unn in Thüringen und Nordhalben in Oberfranke­n entdeckt.daraufhin erfolgte er großer Polizeiein­satz im Saale-orla-kreis. Archiv-foto: Tino...
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Ein Gedenkstei­n mit einem kleinen Porträt des Mädchens Peggy auf dem Friedhof in Nordhalben. Foto: David Ebener
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Die Aufnahme von Nsu-terrorist Uwe Böhnhardt entstand vermutlich während eines Urlaubs . Foto: Bundeskrim­inalamt

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