Viel Harmonie bei den Grünen
Grünen-Chef Habeck spricht sich auf Parteitag gegen Nationalismus aus. Kritik an Kretschmann
Leipzig.
Der Chef sprach ganz zum Schluss. „Bringen wir Europa wieder zum Leuchten“, rief Robert Habeck am Sonntag den Delegierten auf dem GrünenParteitag in der Messehalle in Leipzig zu. Der Parteivorsitzende sprach sich in einer leidenschaftlichen Rede für mehr Europa und gegen Nationalismus aus. Sichtlich erfreut über die guten Umfragewerte – die Grünen liegen in mehreren Umfragen bei 22 bis 24 Prozent – erwähnte Habeck auch eine Studie, nach der, wenn nur Frauen in Deutschland wählen dürften, die Grünen stärkste Partei wären. Die Frauen, rief er den Männern in der Halle zu, „sind schlauer als wir“.
Die Grünen verabschiedeten auf einem harmonischen Parteitag ihr Programm für die Europawahl im Mai. Kernpunkte sind die Forderung nach einem sozialeren Europa und mehr Klimaschutz. Die Grünen plädieren dafür, dass Deutschland mehr Geld für die EU ausgibt, weil durch den Brexit Einnahmen fehlen werden. Eine Digitalsteuer soll dafür sorgen, dass Internetgiganten wie Google und Facebook Steuern zahlen. Zur Eröffnung des Parteitags hatte Co-Parteichefin Annalena Baerbock die Delegierten auf die Europawahl eingeschworen: „Europa ist das größte Friedensprojekt der Welt.“Ska Keller und Sven Giegold wurden mit 87 Prozent beziehungsweise 97 Prozent zu den Spitzenkandidaten gewählt.
Lob für die Grünen gab es von der politischen Konkurrenz. Friedrich Merz, aussichtsreicher Bewerber um den CDUVorsitz, nannte die Umweltpartei, zu der er früher ein „extrem kritisches“Verhältnis gehabt habe, im Gespräch mit der „Bild am Sonntag“„sehr bürgerlich, sehr offen, sehr liberal und sicherlich auch partnerfähig“.
Für Irritation sorgte am Wochenende ein Grüner, der gar nicht zum Parteitag gekommen war: Winfried Kretschmann. Baden-Württembergs Ministerpräsident plädierte in einem Interview mit der „Heilbronner Stimme“dafür, „junge Männerhorden“unter den Flüchtlingen aus Sicherheitsgründen von Großstädten fernzuhalten. „Der Gedanke, dass man da welche in die Pampa schickt, ist nicht falsch“, sagte Kretschmann.
Die Spitzen-Grünen distanzierten sich von seiner Wortwahl. „Das ist nicht unsere Sprache“, sagt Bundesgeschäftsführer Michael Kellner am Rande des Parteitags. Auch Baerbock und Habeck gingen auf Distanz zu Kretschmann.