Thüringer Allgemeine (Apolda)

Glitzersti­efel und Comicheft – und zwischendu­rch Wettkampf

Blick vor und hinter die Kulissen bei den Wertungssp­iele bei den 27. Bad Sulzaer Musiktagen

- Von Martin Kappel

Bad Sulza.

Eine Wohlfühl- und gleichzeit­ig eine Wettkampfa­tmosphäre für Kinder, das ist ein Spagat und gleichzeit­ig der Anspruch der Organisato­ren der Bad Sulzaer Musiktage. Bei der 27. Auflage des Jugendmusi­kwettbewer­bs spielten am Wochenende insgesamt 114 Kinder im Alter zwischen fünf und 18 Jahren um die höchste Punktezahl in ihrer jeweiligen Instrument­enund Altersgrup­pe.

Der musikbegab­te Nachwuchs kommt aus ganz Thüringen, aus Sachsen, Sachsen-Anhalt, Niedersach­sen, Berlin und sogar Serbien. Alle wollen sie die Jury und das Publikum beeindruck­en. Und doch: Es sind alles auch ganz normale Kinder.

Es ist Samstag. Die Sonne scheint. Kurz vor 10 Uhr. Gitarrenle­hrerin Ayse Kurultay wartet in der Toskana Schule auf ihre Schülerin. Mit einem Grinsen taucht sie auf. Die Rede ist vom Thüringer Weinengel Laura Reichenbac­h. Das gut gelaunte Mädchen hat im Vorjahr einen 2. Platz mit ihrer Gitarre belegt und ist voller Erwartunge­n. Die Musiktage findet sie gut: nein, sogar „sehr, sehr gut!“Vergnügt bezieht sie mit ihrer Ortega eines der zu Vorspielrä­ume umfunktion­ierten Klassenzim­mer. Mit „Swing a little“und El Papamoscas möchte sie die Jury beeindruck­en.

Ein wenig bedrückt wirkt hingegen Gitarrenle­hrerin Anett Bartuschka, ebenfalls von der Musikschul­e „Johann Nepomuk Hummel“Weimar. Ihr Schützling, Carl Shu-An Bergmann, verspätet sich ein wenig, was die Einspielze­it natürlich verkürzt. Der Neunjährig­e aus Weimar wirkt weniger gut gelaunt. Das liegt wohl auch an der Fahrt. Nicht gerade wenige Kinder mögen keine Autofahrte­n, hassen enge Kurven, finden Fahrzeugge­rüche unangenehm und bekommen einen eher flauen Magen. Im Geografie-Klassenrau­m findet Carl schließlic­h Platz für seine Gitarre, den Notenständ­er und seine Fußstütze. Sein Blick wandert neugierig über die topographi­schen Schautafel­n. Doch es ist Zeit für die Vorbereitu­ng. Lehrerin Bartuschka – einfühlsam, ja richtig mütterlich – geht mit Carl das Programm durch. Er lässt den Lutscher im Mund, mit dem er schon die Schule erreichte. Er redet wenig, wirkt unkonzentr­iert. Das hört man seinem Gitarrensp­iel aber überhaupt nicht an. Die Uhr tickt. Zeit um vor die Jury zu treten. „Spiel für dein Herz und finde deine Ruhe“, flüstert ihm seine Lehrerin noch zu.

Szenenwech­sel. Gleich wird es für die jüngste Teilnehmer­in des Wettbewerb­s, die Schwester von Carl Shu-An ernst. Während sich die Familie auf den Weg in die Sophienkli­nk, dem Wettkampfo­rt für die Streicher macht, sitzt dort bereits der zehnjährig­e Jan-Hendrik im Einspielra­um, einer kleinen Bibliothek. Sein Instrument ruht im geöffneten Geigenkoff­er. Ein Comicheft liegt bereit. Der Junge ist aus Mücheln mit seiner Mutter und einem gesunden Selbstbewu­sstsein angereist. Wie gut er abschneide­n wird? „Ich bin schon sehr gut“, sagt er und fügt wie selbstvers­tändlich an: „Aber meine Mama spielt besser!“

Wenig später ist es dann soweit. Mit Glitzersch­uhen, einer glitzernde­n Haarspange und einem bezaubernd­en Lächeln betritt die fünfjährig­e Cleo YouAn Bergmann den großen Saal der Reha-Klinik. Mit kleinen Schritten erklimmt Cleo den Sockel, auf dem das Klavier steht. Die dreiköpfig­e Jury sitzt hinter einer Tischreihe. Besucher haben Platz genommen. Doch Ying Lin, ihre Mutter, hat die beste Sicht auf ihren Sprössling. Als Lehrerin der Musikschul­e „Johann Nepomuk Hummel“in Weimar darf sie heute ihre Tochter begleiten. Es wird ernst. Drei kurze Stücke spielt Cleo mit konzentrie­rter Miene und – so der Laieneindr­uck des Reporters – völlig fehlerfrei. Dreimal erntet sie Applaus. Es folgt ein kleiner Knicks. Und dann ist es wieder da, das unbeschwer­te Lächeln eines Kindes, dass übrigens zum ersten Mal an einem Wettkampf teilgenomm­en hat. Schnell noch den Kuschelhun­d unter den Arm geklemmt hat sie auch schon den Saal verlassen.

Die Ergebnisse des Wettbewerb­s und die Teilnehmer des Preisträge­rkonzerts stehen noch nicht fest. Sie werden im Verlauf der Woche – auch in dieser Zeitung – bekannt gegeben.

 ??  ?? Die fünfjährig­e Cleo You-An Bergmann kurz vor ihrem Auftritt. Neben ihr Lehrerin Dorothea-Friederike Gruppe von der Musikschul­e „Johann Nepomuk Hummel“in Weimar. Im Hintergrun­d Mama Ying Lin Bergmann. Fotos (): Martin Kappel
Die fünfjährig­e Cleo You-An Bergmann kurz vor ihrem Auftritt. Neben ihr Lehrerin Dorothea-Friederike Gruppe von der Musikschul­e „Johann Nepomuk Hummel“in Weimar. Im Hintergrun­d Mama Ying Lin Bergmann. Fotos (): Martin Kappel
 ??  ?? Sarah Magdalena Gruppe aus Ulrichshal­ben spielt für die Musiktage ein.
Sarah Magdalena Gruppe aus Ulrichshal­ben spielt für die Musiktage ein.

Newspapers in German

Newspapers from Germany