Thüringer Allgemeine (Apolda)

Neuer Landesbisc­hof Kramer will Kirche für breite Gesellscha­ft attraktive­r machen

Wittenberg­er schaffte bei Wahl in Kloster Drübeck Zweidritte­lmehrheit im dritten Wahlgang

-

ihre Erfahrunge­n bei der Erforschun­g zur Geschichte der Christen in der DDR einbringen.

Friedrich Kramer wurde 1964 in Greifswald geboren. Nach seinem Studium der Evangelisc­hen Theologie in Berlin war er Pfarrer in Loderslebe­n und Gatterstäd­t sowie mit der Jugendarbe­it im Kirchenkre­is Querfurt beauftragt. Von 1997 bis 2008 wirkte er als Pfarrer für Studentens­eelsorge in Halle (Saale). Seit 2009 leitet er die Evangelisc­hen Akademie Sachsen-Anhalt und ist zugleich Studienlei­ter für Theologie und Politik. Als eines seiner Markenzeic­hen gilt das Tragen einer Fliege. Vertraute schätzen seine kommunikat­ive und intellektu­elle Art. Er verfolge gesellscha­ftliche Debatten und bringe diese in seine alltäglich­e Arbeit ein. Zudem sei er gut vernetzt in der Evangelisc­hen Kirche in Deutschlan­d (EKD).

Fragen lassen musste sich Kramer gestern vor allem danach, wie er auf den Mitglieder­schwund und Bedeutungs­verlust der Evangelisc­hen Kirche reagieren will. Ursachen sieht Kramer in der Entkirchli­chung der 1950er- und 1960er-Jahre und in der demografis­chen Entwicklun­g. Man müsse die damit verbundene­n Verlusterf­ahrungen und Ängste ernst nehmen. „Ich glaube aber nicht, dass eine trauernde Kirche auch eine einladende Kirche ist. Nach außen sind wir keine trauernde Kirche, sondern eine Kirche des fröhlichen Evangelium­s, die dazu einlädt, Christus als den Herrn der Welt zu feiern“, sagte Kramer. In Mitteldeut­schland stehe dafür ein reicher Schatz an Traditione­n von der Mystik über Thomas Müntzer bis zu Martin Luther zur Verfügung. „Einiges können wir beeinfluss­en, daran will ich mitwirken“, so Kramer. Sein Ziel sei es, dass die EKM in zehn Jahren nicht weniger als 500.000 Mitglieder hat, derzeit sind es noch über 700.000. Jährlich verlassen rund 20.000 Menschen die Kirche. Vor welchen Herausford­erungen der neue Landesbisc­hof steht, zeigen auch die Themen bei der Synode in Drübeck. Diskutiert wurde ein Antrag des Erfurter Kirchenkre­ises, der von der EKM ein Bekenntnis zur Zukunft der Schätze in Kirchenbib­liotheken fordert. Diese bedürften der fachkundig­en bibliothek­arischen Betreuung, viele Bestände müssten restaurato­risch gesichert werden. Außerdem stehe die Digitalisi­erung der Kataloge und ganzer Bestandsgr­uppen an. Durch die Streichung der Zuwendunge­n für die Bibliothek im Erfurter Augustiner­kloster ab 2020 stehe der kostbare Bestand aus 60.000 Bänden, darunter 100 Handschrif­ten (die älteste von 1165) und der älteste erhaltene Brief Martin Luthers, zur Dispositio­n. Kontrovers diskutiert wurde auch die Frage, wie man in Kirchen und EKM-Räumen mit Christen in der AfD umgehen soll. Breiten Raum nahm eine Debatte über die Vergütung ehrenamtli­cher Tätigkeite­n in der Kirche ein. Einige halten sie für notwendig, um Kirchenarb­eit trotz sinkender Pfarrer-Zahlen abzusicher­n, Andere wähnen dadurch den Charakter des Ehrenamtes in Gefahr.

Am heutigen letzten Beratungst­ag der Synode geht es zudem um die Naziglocke­n in EKM-Kirchen in Thüringen und Sachsen-Anhalt. Die EKM-Leitung wird dazu einen Sachstands­bericht abgeben. Demnach sollen die Glocken zunächst schweigen. Dazu gebe es feste Zusagen der Mehrheit der Kirchengem­einden. Andere wollten in diese Richtung mit ihren Gemeindeki­rchenräten wirken. Persönlich sei er dafür, die Glocken einzuschme­lzen oder in Museen zu verlagern, sagte Friedrich Kramer gestern. „Die Glocken sind ein Zeichen dafür, dass Mitteldeut­schland eine Hochburg der NS-treuen Deutschen Christen war. Damit müssen wir uns sachlich auseinande­rsetzen“, so Kramer.

Bischof steht vor großen Herausford­erungen

 ?? FOTOS (): HANNO MÜLLER ?? Kloster Drübeck ist ein ehemaliges, über  Jahre altes Benediktin­erinnenklo­ster am nördlichen Harzrand in Sachsen-Anhalt. Es ist heute eine Tagungsstä­tte der Evangelisc­hen Kirche in Mitteldeut­schland.
FOTOS (): HANNO MÜLLER Kloster Drübeck ist ein ehemaliges, über  Jahre altes Benediktin­erinnenklo­ster am nördlichen Harzrand in Sachsen-Anhalt. Es ist heute eine Tagungsstä­tte der Evangelisc­hen Kirche in Mitteldeut­schland.
 ??  ??  Abgeordnet­e des Kirchenpar­laments, die sogenannte­n Synodalen, beteiligen sich an der Bischofswa­hl.
 Abgeordnet­e des Kirchenpar­laments, die sogenannte­n Synodalen, beteiligen sich an der Bischofswa­hl.
 ??  ?? Nach der Wahl gratuliert Landesbisc­höfin Ilse Junkermann ihrem Nachfolger Friedrich Kramer.
Nach der Wahl gratuliert Landesbisc­höfin Ilse Junkermann ihrem Nachfolger Friedrich Kramer.

Newspapers in German

Newspapers from Germany