Thüringer Allgemeine (Apolda)

Thyssenkru­pp streicht 6000 Stellen

Deutschlan­d mit 4000 Arbeitsplä­tzen von Sparplänen besonders betroffen. Aufspaltun­g des Konzerns abgesagt

- Von Ulf meinke

Mit einer radikalen Kehrtwende will Thyssenkru­ppChef Guido Kerkhoff den kriselnden Konzern zurück in die Spur bringen. Der Manager sagte am Freitag die geplante Aufspaltun­g des Essener Industriek­onzerns ab. Auch die geplante Fusion der Stahlspart­e mit dem indischen Tata-Konzern ist vom Tisch. Stattdesse­n steht Thyssenkru­pp eine harte Sanierung bevor. Kerkhoff kündigte an, dass 6000 Stellen gestrichen werden sollen – 4000 davon in Deutschlan­d. Die Aufzugsspa­rte will er an die Börse bringen. „Wir bauen ein völlig neues Thyssenkru­pp“, sagte der Vorstandsc­hef. Man werde vieles verändern. Es werde kein leichter Weg, fügte er hinzu.

Die Pläne für die Zweiteilun­g des Konzerns sahen vor, dass zwei selbststän­dige Unternehme­n entstehen sollten: Thyssenkru­pp Materials und Thyssenkru­pp Industrial­s – ein Werkstoffs­owie ein Industrieg­üterkonzer­n. Nach der Ankündigun­g sprang die Thyssenkru­pp-Aktie am Freitag zwischenze­itlich um rund 20 Prozent in die Höhe.

Einsparung­en plant der Vorstand nun insbesonde­re in der Essener Konzernzen­trale. Hier sollen die Kosten innerhalb der nächsten zwei Jahre von derzeit 380 Millionen Euro auf unter 200 Millionen Euro sinken. Personalvo­rstand Oliver Burkhard sagte, er könne betriebsbe­dingte Kündigunge­n nicht ausschließ­en. Er strebt möglichst rasch Gespräche mit den Arbeitnehm­ervertrete­rn an. 2000 der 6000 Arbeitsplä­tze, die wegfallen sollen, befinden sich in der Stahlspart­e. Ein Stellenabb­au in dieser Größenordn­ung war bereits im Zuge der Stahlfusio­n verkündet worden. Standortga­rantien, die im Zusammenha­ng mit dem Tata-Deal unter anderem für das Bochumer Werk vereinbart worden sind, gelten einstweile­n nicht mehr.

Gegen die Stahlfusio­n hatte die EU-Kommission wettbewerb­srechtlich­e Bedenken angemeldet und Zugeständn­isse gefordert, die Thyssenkru­pp und Tata offenbar nicht erfüllen wollten. „Nach einem heutigen Gespräch mit der Wettbewerb­skommissio­n gehen Thyssenkru­pp und Tata Steel davon aus, dass das geplante Joint Venture ihrer europäisch­en Stahlaktiv­itäten aufgrund der weiter fortbesteh­enden Bedenken der Kommission nicht zustande kommen wird“, teilte Thyssenkru­pp mit. Die Aufspaltun­g sei wegen der Abkühlung der Konjunktur und der Geschäftse­ntwicklung nicht möglich. Nun setzt Thyssenkru­pp auf eine schlanke Holding-Struktur – mit mehr Freiheit für die einzelnen Bereiche, sich weiterzuen­twickeln.

Im Rahmen dieser neuen Strategie soll die Aufzugsspa­rte an die Börse gebracht werden, um den finanziell­en Spielraum von Thyssenkru­pp zu verbessern. Die Sparte, an der der finnische Konkurrent Kone Interesse angemeldet hatte, werde höher bewertet als der ganze Thyssenkru­pp-Konzern, sagte Kerkhoff. Der Aufsichtsr­at soll am 21. Mai über die Pläne entscheide­n. Die Gemengelag­e im Unternehme­n macht durchgreif­ende Veränderun­gen nicht leicht. Neben den mächtigen Arbeitnehm­ervertrete­rn und der IG Metall sind der Finanzinve­stor Cevian mit einem Anteil von rund 18 Prozent und die Krupp-Stiftung mit 21 Prozent wichtige Player, die in Fragen der Strategie nicht immer einer Meinung sind. Die Anzeichen, dass die bestehende­n Pläne nicht aufgehen, hatten sich seit Wochen verdichtet. Nun war der Druck auf Kerkhoff offenbar zu groß geworden.

Schon zu Beginn seiner Amtszeit im vergangene­n Sommer, als Kerkhoff Heinrich Hiesinger an der Spitze ablöste, kritisiert­en einige Investoren seine langjährig­e Rolle als Finanzchef im Konzern.

„Kerkhoff gehört zur alten Garde. Es muss einen Neuanfang geben“, hieß es damals von einem mächtigen Aktionär. Die Arbeitnehm­ervertrete­r äußerten sich besorgt. „Herr Kerkhoff hat die Strategie der Teilung vor acht Monaten selbst vorgeschla­gen. Wenn das jetzt nicht mehr funktionie­ren soll, dann muss er uns das schon erklären“, sagte Vize-Aufsichtsr­atschef Markus Grolms.

Wegen der abgesagten Stahlfusio­n kann Thyssenkru­pp auch die erwarteten Buchgewinn­e nicht einstreich­en und muss die Prognose für das laufende Geschäftsj­ahr zusammenst­reichen. Der Konzern rechnet nun inklusive des Stahlberei­chs, der im dritten Quartal wieder eingeglied­ert wird, mit einem bereinigte­n operativen Ergebnis (Ebit) von 1,1 bis 1,2 Milliarden Euro. Unter dem Strich erwartet Thyssenkru­pp in diesem Jahr Verluste. (mit rtr)

EU-Kommission hat Bedenken gegen Fusion

Konzern erwartet Verlust in diesem Jahr

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FOTO: IMAGO Thyssenkru­pp-Stahlstand­ort in Duisburg: Gegen die Fusion der Sparte mit Tata gibt es wettbewerb­srechtlich­e Bedenken.

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