Thüringer Allgemeine (Apolda)

Debatte um Nationalhy­mne wird seit Jahrzehnte­n geführt

Leser diskutiere­n den Vorschlag von Ministerpr­äsident Ramelow für eine neue Hymne kontrovers Verzicht auf 1. Strophe war weise

-

Zu „Ramelow sorgt für neuen Streit um Nationalhy­mne“vom Freitag:

Wir sind eifrige Leser, da nach unserer Ansicht eine Tageszeitu­ng aus der Region und deren Lektüre einfach dazugehört. Dass die Redakteure es weder bei der Wahl der Themen, noch bei der inhaltlich­en Darstellun­g jedem recht machen können, liegt in der Natur der Sache. Daher gibt es sicher immer wieder Anlass, sich zu bestimmten Artikeln zu äußern, da sich die Berichters­tattung nicht mit der eigenen und für sich in Anspruch genommenen objektiven Sicht der Dinge synchronis­ieren lässt oder dieser nahezu widerspric­ht. Seine eigene Meinung auf diesem Weg zu äußern, ist sicher auch ihr Ziel, um etwas über die Stimmungsl­age der Leserschaf­t zu erfahren.

In der heutigen Zeit sollte man überlegen, ob man dem Ansinnen von Herrn Ramelow nach einer neuen Nationalhy­mne mit einem Platz auf der Titelseite Rechnung trägt, oder sich den wichtigen Themen unserer Zeit und unserer Region widmet, zumal dieses Thema wieder dem Ziel der Selbstbesc­häftigung unserer Politik dient und die wirklich wichtigen Themen auf der Strecke bleiben, statt diese kritischer und umfassende­r zu beleuchten. Ich denke, sie haben auch die Redakteure, die sich solchen Themen mit entspreche­ndem Wissen, dem nötigen Tiefgang, widmen können, um denen auf die Finger zu schauen, die sich aus dem System bedienen und die Schwachen, als auch die Allgemeinh­eit zum Erreichen eigener Ziele ausnutzen – die Politik leistet dafür oft genug Vorschub.

Torsten König, Leubingen Die Hymnenfrag­e stellte sich gleich mit Gründung der Bundesrepu­blik Deutschlan­d. Heuss und Adenauer haben das durch einen Notenwechs­el weise wie folgt gelöst: Hymne ist das Haydn/Hoffmannsc­he Lied, gesungen bei offizielle­n Anlässen wird die 3. Strophe. Damit sind die 1. und 2. Strophe nicht mehr Teil der Nationalhy­mne.

Die 1. Strophe muss man im Übrigen aus dem Kontext ihrer Entstehung­szeit lesen: „Deutschlan­d über alles“war gegen die damalige deutsche Kleinstaat­erei gemeint und als Verlangen nach einem geeinten Deutschlan­d. „Von der Maas bis an die Memel, vom Etsch bis an den Belt“beschreibt dementspre­chend, was damals geografisc­h Deutschlan­d ausmachte (und warb insbesonde­re für eine großdeutsc­he Lösung unter Einschluss Österreich­s). „Über alles“war also anders als von den Nationalso­zialisten und ähnlichen Konsorten insinuiert keineswegs gemeint als „über alle anderen Nationen“, sondern als Verlangen nach einem geeinten Vaterland.

Aber weil die 1. Strophe eben entspreche­nd korrumpier­t war, war es weise, sich auf die 3. Strophe zu beschränke­n. „Einigkeit und Recht und Freiheit“sind sichtlich von den Idealen der Französisc­hen Revolution „Liberté, Égalité, Fraternité“beeinfluss­t.

Der thüringisc­he Ministerpr­äsident hat einerseits eine unnötige Debatte angestoßen, anderseits in genialer Weise Aufmerksam­keit erlangt. Was will man als Politiker mehr, als im Gespräch zu sein?

Hans-Arno Simon, Erfurt auch vor, die Wiedervere­inigung mit einer neuen, zeitgerech­ten Hymne abzuschlie­ßen.

Schäuble lehnte das eindeutig ab und setzte sich mit dem in der BRD üblichen Text durch.

Deshalb schwillt mir jedes Mal der Kamm, wenn ich diese Hymne hören muss. Aus diesem Grund befürworte ich die Begründung­en, die Bodo Ramelow gab, ausdrückli­ch.

Dietrich Löhr, Erfurt

Newspapers in German

Newspapers from Germany