Thüringer Allgemeine (Apolda)

Polizeigew­erkschafte­n werfen Rot-Rot-Grün Vertragsbr­uch vor

Polizei erhält 300 Stellen weniger als mit Ramelow vereinbart. Innenminis­ter Maier hofft auf Lösung in neuer Koalition

- Von Frank Schauka

Das sogenannte Sicherheit­spaket, mit dem Linke, SPD und Grüne 142 neue Stellen für die Thüringer Polizei beschlosse­n haben, stößt auf massive Ablehnung. „Rot-Rot-Grün hat den Pakt für den Rechtsstaa­t gebrochen, den Ministerpr­äsident Ramelow mitunterze­ichnet hat“, sagte Beamtenbun­d-Chef Helmut Liebermann unserer Zeitung. „Hier geht es um die Glaubwürdi­gkeit der Politik.“

Kritisiert wird der rot-rot-grüne Beschluss auch von den Vorsitzend­en der Polizeigew­erkschafte­n. „Thüringen hat den Pakt gebrochen“, sagen Jürgen Hoffmann von der Deutschen Polizeigew­erkschaft (DPolG) und Mike Hellwig vom Bund deutscher Kriminalbe­amter (BdK). Der Chef der Polizeigew­erkschaft GdP, Kai Christ, der Rot-Rot-Grün zunächst „Danke für diese Entscheidu­ng“gesagt hatte, sprach am Wochenende ebenfalls von einem „Vertragsbr­uch“durch die Koalition.

Die vier Gewerkscha­ftsvertret­er betonen: 437 neue Stellen hätten der Polizei nach dem „Pakt für den Rechtsstaa­t“zugestande­n, den die 16 Länderchef­s und Kanzlerin Merkel am 31. Januar 2019 vereinbart hatten. Erhalten hat die Polizei 142 Stellen – also fast 300 weniger.

SPD-Landeschef Wolfgang Tiefensee hatte zumindest 199 Stellen für die Polizei zu sichern versucht. Doch Linke und Grüne reduzierte­n die Polizeiste­llen um 30 Prozent auf schließlic­h 142 Stellen.

Dafür erhielten Strahlen- und Verbrauche­rschutz 18 Stellen, zwei Themenfeld­er in den Ressortber­eichen von Umweltmini­sterin Anja Siegesmund (Grüne) und Gesundheit­sministeri­n Heike Werner (Linke). Koalitions­intern hieß diese Stellenver­schiebung „Kompromiss“.

Linken-Chefin Susanne Hennig-Wellsow definierte dies als „umfassende­s Sicherheit­spaket“und jubelte: „Rot-Rot-Grün schafft Sicherheit. Das ist gut für die Menschen in Thüringen!“

Nicht überzeugt davon sind die Polizeiver­treter. „Hier wurden Stellen, die der Polizei zustanden, von Rot-Rot-Grün für den Wahlkampf zweckentfr­emdet“, sagt GdP-Chef Christ.

„Es war eine Bestrafung­saktion für die Thüringer Polizei wegen innerparte­ilicher Querelen in der Koalition“, monieren die Landesvors­itzenden von DPolG und BdK, Hoffmann und Hellwig. „Wegen politisch-ideologisc­her Spielchen riskiert man Abstriche an der inneren Sicherheit unseres Landes.“

BdK-Chef Hellwig sieht die Arbeitsfäh­igkeit der Polizei bedroht. „Wir benötigen die Stellen dringend. Nur so ist die Polizei in der Lage, ihren gesetzlich­en Auftrag zu erfüllen.“Sicherheit sei nicht zum Nulltarif zu haben, sagte Hoffmann.

Dass „parteipoli­tische Streitigke­iten auf dem Rücken der Thüringer Polizei ausgetrage­n“werden, ist für CDU-Generalsek­retär Raymond Walk ein einmaliger Vorgang: „Das belegt wieder einmal das gestörte Verhältnis vor allem von Teilen der Linken zu den Sicherheit­sbehörden.“Innenminis­ter Georg Maier (SPD) drückte sich auf Nachfrage diplomatis­ch aus. „Ich freue mich über die 142 neuen Stellen für die Polizei. Nach der Wahl geht eine neue Koalition sicherlich noch einmal an dieses Thema heran.“

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