Polizeigewerkschaften werfen Rot-Rot-Grün Vertragsbruch vor
Polizei erhält 300 Stellen weniger als mit Ramelow vereinbart. Innenminister Maier hofft auf Lösung in neuer Koalition
Das sogenannte Sicherheitspaket, mit dem Linke, SPD und Grüne 142 neue Stellen für die Thüringer Polizei beschlossen haben, stößt auf massive Ablehnung. „Rot-Rot-Grün hat den Pakt für den Rechtsstaat gebrochen, den Ministerpräsident Ramelow mitunterzeichnet hat“, sagte Beamtenbund-Chef Helmut Liebermann unserer Zeitung. „Hier geht es um die Glaubwürdigkeit der Politik.“
Kritisiert wird der rot-rot-grüne Beschluss auch von den Vorsitzenden der Polizeigewerkschaften. „Thüringen hat den Pakt gebrochen“, sagen Jürgen Hoffmann von der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) und Mike Hellwig vom Bund deutscher Kriminalbeamter (BdK). Der Chef der Polizeigewerkschaft GdP, Kai Christ, der Rot-Rot-Grün zunächst „Danke für diese Entscheidung“gesagt hatte, sprach am Wochenende ebenfalls von einem „Vertragsbruch“durch die Koalition.
Die vier Gewerkschaftsvertreter betonen: 437 neue Stellen hätten der Polizei nach dem „Pakt für den Rechtsstaat“zugestanden, den die 16 Länderchefs und Kanzlerin Merkel am 31. Januar 2019 vereinbart hatten. Erhalten hat die Polizei 142 Stellen – also fast 300 weniger.
SPD-Landeschef Wolfgang Tiefensee hatte zumindest 199 Stellen für die Polizei zu sichern versucht. Doch Linke und Grüne reduzierten die Polizeistellen um 30 Prozent auf schließlich 142 Stellen.
Dafür erhielten Strahlen- und Verbraucherschutz 18 Stellen, zwei Themenfelder in den Ressortbereichen von Umweltministerin Anja Siegesmund (Grüne) und Gesundheitsministerin Heike Werner (Linke). Koalitionsintern hieß diese Stellenverschiebung „Kompromiss“.
Linken-Chefin Susanne Hennig-Wellsow definierte dies als „umfassendes Sicherheitspaket“und jubelte: „Rot-Rot-Grün schafft Sicherheit. Das ist gut für die Menschen in Thüringen!“
Nicht überzeugt davon sind die Polizeivertreter. „Hier wurden Stellen, die der Polizei zustanden, von Rot-Rot-Grün für den Wahlkampf zweckentfremdet“, sagt GdP-Chef Christ.
„Es war eine Bestrafungsaktion für die Thüringer Polizei wegen innerparteilicher Querelen in der Koalition“, monieren die Landesvorsitzenden von DPolG und BdK, Hoffmann und Hellwig. „Wegen politisch-ideologischer Spielchen riskiert man Abstriche an der inneren Sicherheit unseres Landes.“
BdK-Chef Hellwig sieht die Arbeitsfähigkeit der Polizei bedroht. „Wir benötigen die Stellen dringend. Nur so ist die Polizei in der Lage, ihren gesetzlichen Auftrag zu erfüllen.“Sicherheit sei nicht zum Nulltarif zu haben, sagte Hoffmann.
Dass „parteipolitische Streitigkeiten auf dem Rücken der Thüringer Polizei ausgetragen“werden, ist für CDU-Generalsekretär Raymond Walk ein einmaliger Vorgang: „Das belegt wieder einmal das gestörte Verhältnis vor allem von Teilen der Linken zu den Sicherheitsbehörden.“Innenminister Georg Maier (SPD) drückte sich auf Nachfrage diplomatisch aus. „Ich freue mich über die 142 neuen Stellen für die Polizei. Nach der Wahl geht eine neue Koalition sicherlich noch einmal an dieses Thema heran.“
Leitartikel