Jäger tun sich schwer mit dem neuen Jagdgesetz
Verbot von Blei-Schrot bleibt umstritten. Ministerin Birgit Keller (Linke) verteidigt den Entwurf bei Verbandstag in Meiningen
Ihr Terminplan hält längst nicht mehr. Für 90 Minuten wollte Birgit Keller (Linke) eigentlich dem Thüringer Jagdverband ihre Aufwartung machen – als sie geht, da liegen weit mehr als zwei Stunden intensiver Debatte hinter ihr.
Thüringens Forstministerin, die auch die Jagd in ihrem Ressort betreut, bemüht sich darum, ausgleichend auf die Delegierten zu wirken, die aus ganz Thüringen in den Süden des Freistaates gereist sind. Dennoch: Die Neufassung des Thüringer Jagdgesetzes bringt die Landesjäger auf die Palme.
Ein Thema liegt ihnen nach wie vor besonders am Herzen – das Verbot von Blei-Schrot. Verbandsvorsitzender Steffen Liebig sagt: „Das sollte, wenn überhaupt, auf einer bundeseinheitlichen Vorgabe basieren.“Außerdem zieht Liebig in Zweifel, dass Blei-Schrot negativ auf die Lebensmittelsicherheit wirkt. Totfangfallenverbot, Überjagen, die Regelung zur „Entnahme von wildernden Katzen und Hunden“und der Verzicht darauf, eine Pflicht zur Fütterung in der Notzeit im neuen Thüringer Jagdgesetz festzuschreiben, sind weitere strittige Punkte.
Birgit Keller lauscht aufmerksam, was der Verbandschef zu sagen hat – und auch darauf, wofür er Applaus erhält. Das Thema Blei-Schrot umgeht sie dann fast vollständig, lässt aber durchblicken, dass nicht allein ihr Ressort für die Fassung des jetzt vorliegenden Gesetzentwurfes verantwortlich zeichnet. Die Fassung enthalte Kompromisse aus einem dreijährigen Diskussionsprozess.
Keller will sich das Jagdgesetz auch nach mehr als zwei Stunden nicht verleiden lassen, antwortet auf die Nachfrage dieser Zeitung, dass es doch am Anfang 30 strittige Punkte gegeben habe – jetzt seien es noch sechs. Das habe sie der Rede des Präsidenten entnommen.
Für Keller bleibt Meiningen dennoch ein schwieriges Pflaster. Die Jäger wollen sich nicht recht mit dem neuen Gesetz anfreunden. „Das machen wir seit über 100 Jahren“, poltert ein Delegierter in den Saal, als Keller gerade darüber spricht, welche wichtigen Aufgaben die Jäger in Thüringen haben. Sie habe, sagt sie, dem nicht widersprochen.
Über politisches Interesse kann sich der Thüringer Jagdverband am Wochenende nicht beklagen. Abgeordnete von CDU, SPD, Linke und AfD sind im Saal und loben über alle Maßen die Wichtigkeit der Jagd in Thüringen. Als die Debatte auf die Nilgans fällt, wird aber erneut deutlich, dass es in der Politik offenbar hin und wieder darum geht, von wem ein Vorschlag eingebracht wird. Die AfD hatte im Landtag per Antrag gefordert, dass die Nilgans in die Liste der jagdbaren Arten aufgenommen wird. Sie richte, das bestätigt der Verbandspräsident in seiner Rede, große Schäden an. Der Antrag, so Liebig, sei aber mit „abenteuerlichen Begründungen“ im Landtag abgelehnt worden. Tilo Kummer, Umweltpolitiker der Linken, sagt bei seinem Grußwort dann einen Satz, der ihm merklich schwer über die Lippen geht: „Ich bin, was die Nilgans angeht, inhaltlich der gleichen Meinung, wie die AfD-Fraktion.“Allerdings sei ein Antrag das falsche Mittel. Zunächst sei ein Gesetzgebungsverfahren notwendig.
Birgit Keller ist da schon nicht mehr im Saal. Die nächsten Termine drücken schon. Im Rausgehen lässt sie noch eine Nachfrage zu. „Könnte das Blei-SchrotVerbot noch einmal aus dem Gesetzentwurf fallen?“Keller sagt: „Ich kann mir das vorstellen.“Dann verschwindet sie im Fahrzeug. Der Landesjägertag geht ohne sie weiter.