Duell gegen sich selbst
Mercedes fährt in der Formel 1 den nächsten Doppelsieg ein. Gewinner Hamilton ohne echte Konkurrenz
Die Formel Silber setzt sich auch beim Neustart in Europa fort, diesmal wieder in der Reihenfolge Lewis Hamilton vor Valtteri Bottas. Es ist der fünfte Mercedes-Doppelerfolg in Serie. Auch Ferrari setzt seine Serie fort – der neue Antriebsstrang kann nicht verhindern, dass Sebastian Vettel als Vierter hinter Max Verstappen im RedBull-Honda das Podium verpasst. Die Scuderia hatte viel zu spät dem Heppenheimer den Vorzug gegen den am Ende fünftplatzierten Charles Leclerc gegeben. Das Ergebnis ist durch eine Safety-Car-Phase sogar noch geschönt.
Deutlich werden die Machtverhältnisse in der Fahrer-Wertung: Titelverteidiger Hamilton liegt nach seinem dritten Saisonsieg mit 112 Punkten in Front, Kollege Bottas kommt auf 105 Zähler. Dahinter rangiert Verstappen (66) vor Vettel (64) und Leclerc (57). In der Konstrukteurs-WM steht es zwischen Mercedes und Ferrari jetzt 217:121. „Wir sind dabei, Geschichte zu schreiben, und ich bin stolz dabei zu sein“, sagt Hamilton. Vettel hat inzwischen Routine in der Fehleranalyse, zum Vorwurf der falschen Ferrari-Taktik macht er nur einen Zisch-Laut, aber die Enttäuschung steht ihm ins Gesicht geschrieben. Es ist ähnlich wie mit seinem Auto beim Großen Preis von Spanien – es herrscht eine gewisse Unwucht.
Der Ferrari von Sebastian Vettel Rad an Rad mit den beiden Silberpfeilen, schiebt sich außen vorbei, hat die rote Fahrzeugnase vorn. Aber dann kommt die erste Kurve auf dem Circuit de Catalunya. Der Heppenheimer wird über die Begrenzung hinaus getragen, innen quetscht sich Lewis Hamilton am Teamkollegen Valtteri Bottas vorbei, dessen Kupplung zickt. „Ich dachte in der ersten Runde, dass da was geht“, bilanziert Vettel hinterher. Doch kaum ist er wieder voll auf der Piste, kassiert ihn Max Verstappen, dann muss er auch noch einen Bremsplatten auf seinem rechten Vorderreifen melden. Von Drei auf Vier, das erhöht den Frustfaktor bei Ferrari noch. In Runde zwölf muss er auch noch seinen Kollegen Charles Leclerc passieren lassen, der Monegasse ist schneller. Damit ist früh klar, dass die Krise des vierfachen Weltmeisters noch nicht beendet ist.
Die Alarmstufe bei Ferrari leuchtet eher in noch etwas grellerem Rot, denn schon in der Qualifikation wurde der SF 90, obwohl dieser mit einer neuen Motorausbaustufe nach Katalonien gekommen war, von Mercedes deklassiert. Dem Deutschen fehlten mehr als acht Zehntel-Sekunden auf den Tagesschnellsten Bottas – das sind Galaxien. Trotz der Klatsche herrschte da noch die Hoffnung auf eine Verbesserung im Rennen. Doch nach 20 Runden beträgt der Rückstand auf Spitzenreiter Hamilton schon 23 Sekunden, Vettel meldet vor seinem ersten Stopp „bad vibrations“– die liegen wohl nicht nur am Reifen, offenbar ist sein Auto komplett aus der Balance. Der Titelverteidiger ganz vorn fährt zu diesem Zeitpunkt auch schon nicht mehr gegen Bottas, der über sechs Sekunden zurückliegt, sondern nur gegen sich selbst.
Zwanzig Runden vor Schluss wird es dann doch noch spannend, als sich Lance Stroll und Lando Norris gegenseitig in den Kies befördern. Safety-Car-Phase! Wilde Reifenwechsel folgen, Hamilton verliert seinen MegaVorsprung, und Vettel kommt wieder elegant an Leclerc vorbei. Neue Chance, neues Glück? Es wird eng beim Neustart in der 53. Runde, als sich die Prozession in Bewegung setzt, aber Hamilton spielt auch dieses Spielchen mit der Souveränität eines fünffachen Champions. Immerhin hat Vettel plötzlich doch wieder eine Podiumschance, liegt nur eine gute Sekunde hinter Max Verstappen, der wiederum Bottas jagt. So hätte man sich das schon am Anfang gewünscht. Mercedes-Lenker Dieter Zetsche muss bei seinem letzten Rennen auf dem Chefposten um den silbernen Doppelerfolg bangen. Aber es geht gut, nur sein Ferrari-Kollege Louis C. Camillieri muss einmal mehr konstatieren, dass sein Team es vergeigt hat.