Thüringer Allgemeine (Apolda)

Sattelfest und fit

In Weimar startete gestern die thüringenw­eite Aktion „Mit dem Rad zur Arbeit“. 3700 Teilnehmer im vergangene­n Jahr

- Von Gerald Müller

Einen schicken Anzug muss Ralf Kirsten seit einem halben Jahr mehr als früher tragen. Doch das hindert den ehemaligen Polizeiche­f und jetzigen Bürgermeis­ter von Weimar nicht daran, auch in dieser Funktion mit dem Rad zur Arbeit zu fahren. Täglich sind das von Schöndorf aus etwa 3,3 Kilometer. „Nicht viel, aber es ist zumindest ein kleiner Beitrag für die Fitness“. Und auch für den Schutz der Umwelt.

Der 57-Jährige war auch gestern am Fahrradhot­el „Kipperquel­le“dabei, als zum 19. Mal die thüringenw­eite Mitmachakt­ion „Mit dem Rad zur Arbeit“– organisier­t von der Gesundheit­skasse AOK Plus und dem Allgemeine­n Deutschen Fahrradclu­b (ADFC) – startete. Diese ruft Berufstäti­ge und Studierend­e auf, sich bis 31. August an mindestens 20 Tagen für den Weg zur Arbeit oder zur Uni in den Sattel zu schwingen. 2018 hatten sich bundesweit 250.000 Teilnehmer registrier­t, davon 3700 Thüringer, die aus 1800 Unternehme­n kamen. Zusammen absolviert­en sie 720 000 Kilometer, die meisten davon die Nordhäuser­in Iris Koschinek (2287) und Michael Methner aus Sömmerda (4240).

Thilo Braun vom Landesvors­tand des ADFC Thüringen begrüßt die Aktion ausdrückli­ch. Zugleich stellt er fest, dass sich die Infrastruk­tur verbessern müsste, bei Mobilität würde zu oft ans Auto gedacht werden. Dabei wäre das Rad gerade in der Stadt meist alle anderen Verkehrste­ilnehmer überlegen.

Thüringens Verkehrsmi­nisterin Birgit Keller (Linke) sieht im neuen Radwegkonz­ept „insbesonde­re für die Kommunen eine planerisch­e und finanziell­e Herausford­erung.“Der Anteil der Radfahrer unter den Verkehrste­ilnehmern soll bis 2025 auf 12 Prozent und bis 2030 sogar auf 15 gesteigert werden.“

Eine aktuelle Studie weist aus, dass das Radfahren fit macht und sich stimmungsa­ufhellend auswirkt. Jene, die regelmäßig in die Pedale treten, sind seltener krank – durchschni­ttlich einen Tag pro Jahr.

Sven Nobereit, der als Geschäftsf­ührer für Sozial- und Arbeitmark­tpolitik beim Verband der Wirtschaft gestern den Startschus­s gab, sagt: „Radfahren ist eine Super-Alternativ­e. Die Fitness wirkt sich nicht nur auf die Beschäftig­ten positiv aus, sondern auch auf ein gutes Betriebskl­ima im Unternehme­n“. Aber auch Nobereit, der zugleich Vorsitzend­er des Verwaltung­srates der AOK Plus ist, wünscht sich mehr „separate Radwege“, weil diese die Menschen häufiger bewege, aufs das Rad zu wechseln.

Fest steht, dass sich Fahrradfre­undlichkei­t für die Arbeitgebe­r auszahlen würde. Diese tun gut daran, im Gegenzug Umziehund Waschgeleg­enheiten anzubieten und natürlich sichere Abstellplä­tze.

Der Arbeitgebe­rverband nennt als Beispiel die Ospelt food GmbH aus Apolda. Sprecherin Susanne Güllmar verspricht, den Gesundheit­saspekt weiter zu fördern: „Wir investiere­n dieses Jahr etwa 15.000 Euro in einen neuen Fahrradunt­erstand. Geplant ist, die Stellplätz­e zu verdoppeln“. Überdachte und beleuchtet­e Unterstell­plätze sind auch bei N3 Engine Overhaul Services Standard .

Doch Fahrradfre­undlichkei­t ist eben nicht überall zu finden. „Da gibt es noch viel zu tun“, weiß auch Ralf Kirsten. „Das sehe und spüre ich bei meinem täglichen Weg zur Arbeit.“In seiner jetzigen Funktion kann er aber dazu beitragen, das zu ändern.

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FOTO: GERALD MÜLLER Startschus­s durch Sven Nobereit gestern am Ilmtalradw­eg in Weimar.

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