Thüringer Ermittler zerschlagen Bande von Arzneibetrügern
Mit gestohlenen Patientendaten und gefälschten Rezepten jahrelang Profit gemacht. Razzia in mehreren Bundesländern
Nach jahrelangen Ermittlungen wegen bandenmäßigen Betrugs mit sehr teuren Medikamenten hat die Staatsanwaltschaft Mühlhausen gestern früh ein Apothekerehepaar und eine 32-jährige Gehilfin verhaften lassen. Um acht Uhr rückten 60 Beamte der Landespolizeiinspektion Nordhausen und vier Staatsanwälte zeitgleich in acht Wohnungen in Thüringen und Brandenburg ein. Heute sollen die drei Verhafteten dem Haftrichter vorgeführt werden.
Ein Betrugsverfahren wie dieses habe es in Thüringen bisher nicht gegeben, sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Dirk Germerodt, unserer Zeitung. Man gehe derzeit von mehr als 200 Betrugsfällen aus. Der kriminelle Gewinn liege bei mehreren Hunderttausend Euro, vielleicht sogar mehr.
Die Masche der Betrüger: Aus einer vertraulichen ärztlichen Datenbank stahlen sie sensible Patienteninformationen. Diese bildeten die Grundlage für die Fälschung der Rezepte.
Ausgestellt wurden die Verordnungen zumeist auf teure Medikamente gegen Rheuma, Multiple Sklerose oder Arthritis. Ein Beispiel: 50 Milligramm Benepali kosten mehr als 4000 Euro. Die Unterschrift der Ärzte wurde ebenfalls gefälscht.
Jahrelang zogen die Mitglieder der auf Arzneibetrug spezialisierten Bande durch Deutschland und lösten die gefälschten Rezepte ein. Vielfach bestellten sie die Medikamente zuvor am Telefon.
Die Medikamente, die sie erhielten, machten die Betrüger zu Geld. Ein Weg war der Weiterverkauf der Arzneien über eine Apotheke im brandenburgischen Königs Wusterhausen südlich von Berlin. Nach Auskunft der Staatsanwaltschaft steht diese Apotheke im Zusammenhang mit dem Apothekerehepaar, er 60 Jahre alt, sie 58.
Ob die gefälschten Papiere auch in Apotheken in Thüringen eingelöst wurden, wird nach Auskunft der Staatsanwaltschaft noch geprüft. Außerdem schöpften wegen der gefälschten Medikamente Krankenkassen Verdacht.
Die Staatsanwaltschaft werde alles versuchen, um den Gewinn der mutmaßlichen Betrüger für die Staatskasse zu sichern, sagte Germerodt. „Wir werden Vermögensabschöpfungen durchführen, wo immer es geht.“