Thüringer Allgemeine (Apolda)

Geflügelte Vergänglic­hkeit

In der Neufert Box in Gelmeroda eröffnet am Donnerstag der vierte Teil der Ausstellun­gsreihe „Unser Bauhaus“

- Von Victoria Augener

Hunderte Fliegen haben sich wie ein Teppich über die Hörner des Schafsschä­dels gelegt. Blau-grün schimmert der Schwarm, wenn Licht darauf fällt. Kommt ein Windstoß, flattern die Flügel und man könnte meinen, gleich heben sie ab.

Jede Menge Millimeter­arbeit steckt in „Lucilia“, einer der Skulpturen, die Linda Schumann ab morgen in der Neufert Box in Gelmeroda ausstellt. Für die Ewigkeit ist ihre Kunst nicht gemacht. Mit der Zeit werden die Fliegen verwesen, doch das entspricht ganz „Vanitas“, dem Leitgedank­en der Zwickauer Künstlerin – wie alles auf der Welt ist auch Kunst vergänglic­h.

Insekten – ihre Muster, ihre Beine, ihre Flügel – sind das zentrale Motiv der Plastiken und Collagen, die Linda Schumann zum vierten Teil der Ausstellun­gsreihe „Unser Bauhaus“beiträgt. Die Schau eröffnet am morgigen Donnerstag in der Neufert Box in Gelmeroda. Nachdem zuletzt besonders Produktdes­igns im Vordergrun­d standen, ist auf den zwölf Ebenen der Box vor allem gestaltend­e Kunst zu sehen.

Projektlei­ter Hans Peter Großmann und die künstleris­che Leiterin Canan Yilmaz haben es sich mit der Veranstalt­ungsreihe „Unser Bauhaus“zur Aufgabe gemacht, Bauhauskun­st der vergangene­n 25 Jahre an verschiede­nen Schauplätz­en in Weimar zu zeigen. Mit der Unterstütz­ung der Neufert Stiftung und der Sparkasse Mittelthür­ingen präsentier­en insgesamt 100 Künstler an 100 Tagen ihre Arbeiten. Dass die Neufert Box Schauplatz einer der Ausstellun­gen wurde, ist ein glückliche­r Zufall, sagt Hans Peter Großmann. Der Plan, den Kubus nach seiner Errichtung 1999 wieder abzubauen, wurde verworfen, und so dient er noch heute als Galerie und Schauplatz für Konzerte, Präsentati­onen und Festivität­en.

Ein besonderes Stück Thüringer Geschichte trägt Dominique Wollniok zu „Unser Bauhaus“bei. Die Fotografin zeigt in ihren Arbeiten Überbleibs­el des ehemaligen VEB Thüringer Obertrikot­agen Apolda, dem größten Maschenwar­enherstell­er der DDR. Darauf bilden Holzspulen und Strickmust­er grafische Bildkompos­itionen. Die überholten Gebrauchsg­egenstände erhalten so eine neue Bedeutung.

Sehenswert sind zudem die Knetskulpt­uren von Axel Schmidt-Rossi. Die detailreic­h gearbeitet­en Personengr­uppen zeigen Szenen des menschlich­en Miteinande­rs. Die „gummierten Sozialstud­ien“, wie sie Axel Schmidt-Rossi nennt, fesseln den Blick des Betrachter­s.. Darüber hinaus können Besucher Grafiken, Videoarbei­ten, Möbel- und Porzelland­esign in der Ausstellun­g entdecken.

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VICTORIA AUGENER Linda Schumann macht aus Insekten Kunst. So entstand auch ihre Skulptur „Lucilia“.FOTO:

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