Wollten Armbrust-Opfer sterben?
Fall bleibt nach Fund von fünf Leichen mysteriös. Staatsanwalt glaubt, dass Tote auf eigenes Verlangen erschossen wurden
Die Frühstückspension in Passau liegt idyllisch am Waldrand. Dort im Zimmer 20 wurden am Samstag drei von Pfeilen durchbohrte Leichen gefunden – seitdem wird der Fall immer mysteriöser. Jetzt bringt das Obduktionsergebnis die Ermittler ein Stück voran: Es hat offenbar kein Kampf stattgefunden. Das hat die Untersuchung des 53-jährigen Mannes und der beiden Frauen (33, 30) ergeben, die mithilfe einer Armbrust getötet wurden.
Demnach wurden keinerlei Kampf- oder Abwehrspuren festgestellt. Deshalb und aufgrund der Auffindesituation der Leichen geht die Passauer Staatsanwaltschaft von Tötung auf Verlangen beziehungsweise Suizid aus. Die Polizei schließt aus, dass weitere Personen an der Tötung beteiligt waren. Es deute alles darauf hin, dass die 30-Jährige erst die beiden anderen und dann sich selbst erschossen habe, sagt Oberstaatsanwalt Walter Feiler. In dem Pensionszimmer seien zwei Testamente gefunden worden. Sie gehören zu dem Mann und der 33-Jährigen, die Hand in Hand im Bett lagen. Er wurde von fünf Pfeilen in Brust und Kopf getroffen, wobei laut Feiler ein Schuss ins Herz „todesursächlich“war. Bei der Frau neben ihm wurden zwei Pfeile sichergestellt, auch sie starb durch einen Pfeil im Herzen. Die 30-jährige mögliche Schützin lag auf dem Boden, sie war nach einem Schuss in den Hals sofort tot. Das spreche dafür, dass sie die Armbrust gegen sich selbst gerichtet habe, so Feiler. Die Bäckerei-Verkaufsleiterin steht im Zentrum der Ermittlungen.
Mittlerweile steht fest, wer die beiden toten Frauen waren, die die Polizei am Montag in der Wohnung der 30-Jährigen im niedersächsischen Ort Wittingen entdeckte. Es handelt sich um die 35 Jahre alte Lebenspartnerin der Frau – eine Grundschullehrerin – sowie eine 19Jährige. Laut einem Polizeisprecher spricht einiges für einen Suizid.
Unklar ist, in welchem Verhältnis die 19-Jährige zu dem Frauenpaar stand. Auffällig: Sie war zwar in Wittingen gemeldet, stammte aber aus RheinlandPfalz – ebenso wie der 53-Jährige und die 33-Jährige, die in der Passauer Pension starben. Beide lebten im Westerwald.
Die Toten von Passau waren offenbar in der Mittelalter-Szene aktiv. Der Mann betrieb in der Gemeinde Hachenburg bei Altenkirchen ein Geschäft, in dem er Met und Ritterrüstungen verkaufte sowie Trainingsstunden im Schwertkampf anbot. Der letzte Eintrag auf der Facebookseite von „Milites conductius“– so heißt der Laden – stammt vom vergangenen Mittwoch: Dieses Wochenende hätte der Mann demnach einen historischen Markt am Bodensee besuchen wollen.
Beiträge wie diese werfen weitere Fragen auf: Schreibt so jemand, der sich kurze Zeit später offenbar töten lässt? Und warum schoss die 30-Jährige gleich fünfmal auf ihn? Wie hängen die Passauer und die Wittinger Todesfälle zusammen? Andere Gäste der Pension haben den Mann und seine beiden Begleiterinnen als auffällig beschrieben: Er trug demnach einen Anzug, als man ihn fand, die beiden Frauen waren ganz in Schwarz gekleidet.
Toter verkaufte Ritterrüstungen