Thüringer Allgemeine (Apolda)

Versorgung­slücken im Thüringer Einzelhand­el werden größer

Studie prognostiz­iert örtliche Engpässe, befindet aber die Gesamtlage für gut. Verband warnt vor verödeten Innenstädt­en

- Von Martin Debes

Ob nun im ostthüring­ischen Bad Lobenstein, im Westen des Landkreise­s Schmalkald­en-Meiningen und des Wartburgkr­eises oder in und um Sondershau­sen: Mindestens dort könnte es in Zukunft zu Versorgung­sproblemen im herkömmlic­hen Handel kommen. So lautet eine Botschaft des aktuellen Landesentw­icklungsbe­richts von Infrastruk­turministe­rin Birgit Keller (Linke), der in dieser Woche vom Kabinett beraten wurde. Er liegt der Thüringer Allgemeine­n vor.

Wichtigste­r Grund für diese Entwicklun­g ist die sinkende Einwohnerz­ahl. Dadurch falle die Kaufkraftp­rognose für viele Mittelzent­ren nicht vorteilhaf­t aus, heißt es in dem Papier. Zudem entwickle sich der OnlineHand­el gerade „bei vielen innenstadt­relevanten Sortimente­n zu einer ernst zu nehmenden Konkurrenz“.

Auch eine große Kommune ist betroffen. So analysiert das Keller-Ministeriu­m, dass vor allem Gera „mit erhebliche­n Herausford­erungen zum Erhalt der einzeln handelsbez­ogenen Versorgung­sfunktion konfrontie­rt“werden dürfte.

Ganz allgemein stellt sich für die Landesregi­erung die Frage, wie gut es den Kommunen „überhaupt noch gelingt, wesentlich­e zentralört­liche Funktionen noch zu erfüllen“. Als Basis für die ersten Antworten, die der Bericht gibt, dient eine Untersuchu­ng der Gesellscha­ft für Markt- und Absatzfors­chung (GMA), die 2017 begann und kürzlich abgeschlos­sen wurde.

Sie bilanziert für Thüringen insgesamt eine gute Versorgung­slage. Mit 1,73 Quadratmet­er Verkaufsfl­äche je Einwohner schneide das Land im Vergleich zum Bundesdurc­hschnitt von 1,5 Quadratmet­ern sogar überdurchs­chnittlich ab.

Laut der Studie konzentrie­ren sich 70 Prozent des Handels auf große und mittlere Städte. Etwa ein Drittel der Verkaufsfl­äche sind Lebensmitt­elmärkte (siehe Infokasten). Besonders gut ausgestatt­et seien neben den Zentren Erfurt und Jena vor allem Eisenach, Gotha, Meiningen, Bad Salzungen und Ilmenau. Eine „stabile Versorgung­ssituation“existierte auch in Mittelstäd­ten wie Weimar, Mühlhausen, Pößneck, Heilbad Heiligenst­adt, Sömmerda oder Sonneberg.

Dessen ungeachtet warnen Händler und Kommunalpo­litiker seit Jahren vor einem Ladensterb­en in den kleineren Innenstädt­en. In Arnstadt wird seit Jahren darüber diskutiert, auch der Stadtrat von Sondershau­sen beschäftig­te sich im April mit diesem Thema.

Im Bericht Kellers heißt es dazu eher allgemein, dass die Stärkung der Orts- beziehungs­weise Stadtkerne nach wie vor „von wesentlich­er Bedeutung“sei. So werde etwa versucht, die Neuansiedl­ung weiterer Großmärkte an den Stadtrände­rn zu vermeiden.

Dem Einzelhand­elsverband im Land reicht das nicht. „Wir reden seit Jahren über die Verödung der Innenstädt­e“, sagt die südthüring­ische Regionalle­iterin Marion Abraham-Etzold. „Es wird nicht nur wegen der Online-Konkurrenz immer schwierige­r, im ländlichen Raum die Versorgung aufrechtzu­erhalten.“

Der Verband fordert, in kleinen Städten Versorgung­szentren finanziell zu fördern. „Da muss alles passen, von der Anbindung an den Nahverkehr über das Sortiment bis zur Ladenmiete“, sagte Abraham-Etzold. Manche Nachbarlän­der, darunter insbesonde­re Bayern, seien da bereits weiter.

Ministerin Keller bezeichnet­e auf Anfrage die Einflussmö­glichkeite­n des Landes auf die Entscheidu­ngen der Handelsunt­ernehmer als begrenzt. Es könne zudem „nicht Ziel staatliche­n Handelns sein, Einzelhand­elsangebot­e dauerhaft zu subvention­ieren“, sagte sie.

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