Die Frau ohne Vornamen
Thi Minh Nguyet Tran aus Erfurt kämpft um ihren Vornamen – denn die Stadtverwaltung Erfurt erkennt ihn nicht an
Seit 14 Jahren lebt, studiert und arbeitet Thi Minh Nguyet Tran, geboren in Vietnam, in Deutschland – in Hannover, Jena und nun Erfurt. Noch nie hatte die 34-Jährige Probleme in dieser Zeit mit ihrem Namen. Doch mit der langersehnten Einbürgerung im November vergangenen Jahres begann der Ärger. „Als ich beim Bürgerservice Personalausweis und Reisepass abholte, bekam ich einen großen Schreck: Meine Vor- und Familiennamen standen komplett im Feld für den Nachnamen, dafür waren im Feld für den Vornamen nur drei schwarze Striche abgedruckt. Ich dachte zuerst an ein Versehen, doch das war es nicht“, erinnert sich die Ökonomin fassungslos.
In einer schriftlichen Erklärung der Stadtverwaltung heißt es, Thi Minh Nguyet Tran sei ein sogenannter Fullname, bei dem keine Aufschlüsselung in Vorund Nachname bestehe.
„Quatsch“, kontert die Erfurterin, „Tran ist in Vietnam ein Nachname wie in Deutschland Müller oder Meier. Der Name Thi erklärt das Geschlecht, Minh Nguyet sind meine Vornamen wie Anne-Katrin. In meinem vorläufigen Ausweis, dem in Berlin ausgestellten Aufenthaltstitel, ist der Name doch auch korrekt eingetragen – von einer Bundesbehörde! Und auch in den Ausweisen meiner Freundinnen stimmen Vor- und Nachnamen.“Es kam noch skurriler: „Am Tag der Einbürgerung wollte mich die Erfurter Standesbeamtin sehr hartnäckig überreden, eine gebührenpflichtige doppelte Namensänderung zu beantragen. In einem ersten Antrag sollte ich darum bitten, Thi zu streichen und die weiteren Namen Minh und Nguyet zu vertauschen, also in Nguyet Minh. Anschließend sollte ich bei einem weiteren Termin mit einem zweiten Antrag um einen erneuten Tausch der beiden Namen bitten, also wieder in Minh Nguyet. Aber das ist doch kein Puzzle, das ist mein Name!“
Die wirren Erklärungsversuche konnten trotz vieler Nachfragen weder die 34-Jährige, noch ihr Lebenspartner nachvollziehen – der übrigens im Innenministerium arbeitet. „Selbst er war fassungslos“, verriet Thi Minh Nguyet Tran. „Er hat mir später gestanden, wenn er das nicht selbst erlebt hätte, hätte er mir das nicht geglaubt.“
In einer dreiseitigen Erklärung bietet die Stadt Erfurt zwei Varianten für einen Namentausch an, schreibt von „Ablegung des Namenszusatzes Thi und des Mittelnamens Minh“und von einer „Sortiererklärung“– und verweist auf die Gebühren von insgesamt 35 Euro.
Den doppelten und teuren Namenstausch hat die Erfurterin natürlich nicht beantragt. „Vielmehr war ich sehr enttäuscht, dass mein erster Tag als deutscher Staatsbürger sofort von bürokratischen Problemen überschüttet wurde.“
2005 kam Thi Minh Nguyet Tran zum Studium in die Bundesrepublik, arbeitete nach dem Abschluss an der Leibnitz-Universität Hannover bei verschiedenen Banken und Konzernen in ganz Deutschland. „In der gesamten Zeit hatten deutsche Behörden oder Arbeitgeber niemals Probleme mit meinem Namen, auf allen behördlichen Dokumenten, allen Urkunden und Verträgen wurde mein Name stets korrekt angegeben.“
Seit einem Jahr arbeitet die 34Jährige für die Stadtverwaltung Jena im Bereich Controlling, der Buchhaltung. Natürlich hat sie Kollegen auf dem dortigen Standesamt nach deren Meinung zu ihrem Fall gefragt. In den Antworten war von „Schikane“und „Willkür“die Rede.
„Eine Neuausstellung von Dokumenten mit geänderter Namensführung kann erst nach erfolgter Namenserklärung gegenüber dem Standesamt und unter Vorlage der Bescheinigung nach § 47 EGBGB beim Meldeamt erfolgen“, schreibt das Erfurter Bürgeramt. Dabei will Thi Minh Nguyet Tran ihren Namen, den sie seit 14 Jahren auch in Deutschland trägt, nicht ändern. Sondern nur einen Ausweis mit korrekt eingetragenem Vornamen, wie das bei all ihren vietnamesischen Freundinnen, die eingebürgert sind, passierte. Wobei – die leben nicht in Erfurt. Aber daran dürfte das doch nicht scheitern.