Merkel macht sich „Sorgen um Europa“
Bundeskanzlerin verweist auch auf Unterschiede zu Frankreichs Präsident Emmanuel Macron
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sieht in der Europawahl am 26. Mai eine außergewöhnliche Wegmarke für den Kontinent. Viele machten sich „Sorgen um Europa, auch ich“, sagte die Bundeskanzlerin im Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“. Daraus entstehe bei ihr ein „noch einmal gesteigertes Gefühl der Verantwortung, mich gemeinsam mit anderen um das Schicksal dieses Europas zu kümmern“. Die Abstimmung sei „von großer Bedeutung, eine besondere Wahl“.
Im Interview machte die deutsche Regierungschefin auch Unterschiede zwischen ihr und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron deutlich. Dieser hatte vor einigen Wochen in einem Appell an alle Europäer geschrieben, Europa sei „noch nie in so großer Gefahr“gewesen. Diesen Satz machte sich Merkel nicht zu eigen. „Europas heutige Lage mit den Gefährdungen früherer Jahrzehnte zu vergleichen fällt mir schwer, weil ich damals nicht dabei war und heute aktiv im Geschehen stehe.“Auf den Einwand, auch Macron stehe aktiv im Geschehen, sagte Merkel: „Das stimmt, aber er ist es noch nicht so lange. Noch bringt er gewissermaßen auch ein wenig die Perspektive von außen mit. Es ist gut, wenn wir unser Europa aus verschiedenen Blickwinkeln sehen.“
Trotzdem stimmten Deutschland und Frankreich „in den großen Linien natürlich“überein und fänden stets Kompromisse. „Gewiss, wir ringen miteinander. Es gibt Mentalitätsunterschiede zwischen uns sowie Unterschiede im Rollenverständnis“, sagte Merkel. Das sei schon mit früheren Präsidenten so gewesen. „So leisten wir viel für Europa, auch heute“, sagte die Kanzlerin weiter. Als Beispiel nannte sie „enorme Fortschritte“in der Verteidigungspolitik. „Wir haben beschlossen, zusammen ein Kampfflugzeug und einen Panzer zu entwickeln. Es ist doch ein großes gegenseitiges Kompliment und ein Zeichen des Vertrauens, wenn man sich in der Verteidigungspolitik stärker aufeinander verlässt.“
Auf die Frage, ob sich ihr Verhältnis zu Macron in den vergangenen Monaten verschlechtert habe, antwortete Merkel: „Nein. Überhaupt nicht.“Es habe allerdings in den Beziehungen „Ungleichzeitigkeiten“gegeben. „Als er an der Sorbonne sprach, war es kurz nach der Bundestagswahl“, sagte Merkel mit Blick auf die große Europarede Macrons an der Pariser Universität Ende September 2017. „Dann kam die ungewöhnlich lange Zeit unserer Regierungsbildung.“(mün)