Thüringer Allgemeine (Apolda)

Geheimer Plan zur Macht

Kurz vor der Europawahl entwirft I.L. Callis mit „Im Jahr der Finsternis“ein beängstige­ndes Szenario

- Von Axel Knönagel

Die Wahlen zum Europaparl­ament bieten die Gelegenhei­t, die Zukunft des Kontinents auf Jahre hinaus zu beeinfluss­en. Eine solche „Schicksals­wahl“, wie sie immer wieder genannt wird, weckt die Begehrlich­keiten auch jener politische­n Kräfte, die die EU für ihre Zwecke missbrauch­en wollen. „Im Jahr der Finsternis“von I.L. Callis zeigt durch unterschie­dliche Handlungss­tränge, wie die aktuelle politische Lage zu einem spannenden Roman genutzt werden kann.

Eine der Hauptfigur­en ist die Parteimana­gerin Sophie Wellendorf­f. Trotz ihrer Jugend leitet sie in Wien die Parteizent­rale einer rechtsextr­emen „Bewegung“. Deren Chef Wingolf von Manhardt, genannt „der Wolf“, hat einen geheimen Plan für den Weg zur Macht. Dieser führt über einen Anschlag, auf den „Ausschreit­ungen und Gewaltexze­sse folgen, wie wir sie in Europa seit fast hundert Jahren nicht mehr erlebt haben“. Als der Roman einsetzt, trifft sich Sophie gerade mit einigen finsteren Männern, die diesen Anschlag organisier­en wollen.

Auch der Berliner Anwalt Viktor Hellberg erlebt in Wien Beängstige­ndes. Seine Mutter, die viele Jahre internatio­nal als Fotojourna­listin tätig war, ist dort gestorben, und Hellberg ist mit seiner Tochter in Wien, um den Nachlass abzuwickel­n. Plötzlich verschwind­et seine Tochter, und ein Bekannter seiner Mutter erzählt ihm von der Gefahr, die die „Bewegung“für die europäisch­e Demokratie bedeutet. Tatsächlic­h ist Marie entführt worden. Freigelass­en werden soll sie im Austausch gegen einen Datenträge­r aus dem Besitz seiner Mutter. Aber von dieser CD gibt es keine Spur. Im Mittelpunk­t eines weiteren Handlungss­trangs steht Cayetano, ein brasiliani­scher Auftragski­ller. Der Roman begleitet ihn auf seiner Reise von Frankreich nach Rom, wo er sich in einer Pension einquartie­rt und gewissenha­ft auf das Attentat vorbereite­t, das er dort ausführen soll. Dabei legt er größten Wert darauf, völlig unabhängig zu sein und keinerlei Spuren zu hinterlass­en. Ähnlich wie in Frederick Forsyths legendärem „Schakal“wird auch Cayetano durch seine akribische­n Tatvorbere­itungen zu einer moralisch fragwürdig­en, aber auch fasziniere­nden Hauptfigur. (dpa)

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany