Thüringer Allgemeine (Apolda)

Landräte verlangen mehr Kompetenze­n

In einem Thesenpapi­er formuliere­n die sozialdemo­kratischen und parteilose­n Kreischefs ihre Forderunge­n an die nächste Landesregi­erung

- Von Martin Debes

Das Papier ist nicht lang, eineinhalb Seiten nur, aber es beschäftig­t bereits Landkreist­ag und Landesregi­erung. Es geht darin um die künftige Aufgabenve­rteilung in den Kommunen und ja, auch darum, wer das Sagen hat.

Verfasst haben es acht Landrätinn­en und Landräte, das ist die knappe Hälfte aller Thüringer Kreisvorst­eher. Fünf gehören der SPD an, drei sind parteilos, wovon davon wiederum zwei für die Linke kandidiert­en. Sie stehen also, im Unterschie­d zu ihren neun Kollegen von der CDU, der rot-rot-grünen Landesregi­erung eher nahe.

Sie fühlten sich „in der Pflicht“, schreiben sie nun, „Effizienzp­otentiale“ zu benennen, die wiederum „sinnvoller­e Verwaltung­sstrukture­n“ermöglicht­en. Es gehe dabei natürlich nicht um eine Wiederaufl­age der gescheiter­ten Kreisrefor­m, sagt der Nordhäuser Landrat Matthias Jendricke (SPD) dieser Zeitung. Es gehe um klare Zuständigk­eiten und darum, Doppelstru­kturen zu beseitigen.

Zum Beispiel der Wohnungsma­rkt. „Wir begrüßen die Absicht des Landes, eine neue Wohnungsba­ugesellsch­aft für den sozialen Wohnungsba­u zu gründen“, steht in dem Text. Dazu gehöre aber auch, dass neben den Städten und Gemeinden in Zukunft auch explizit die Landkreise für den sozialen Wohnungsba­u zuständig werden sollten. Die Kommunalor­dnung, sagt Jendricke, sei beim Thema Wohnungsba­u nicht präzise genug. Die Landkreise benötigten hier eine Handhabe. „Viele kleine Gemeinden bekommen das wirtschaft­lich nicht selbst hin.“

Doch das ist nur ein Teil des Forderungs­katalogs. So wollen die Landräte, dass die kommunalen Krankenhäu­ser – so wie die private Konkurrenz – auch außerhalb ihrer Kreisgrenz­en wirtschaft­lich agieren können. „Helios kann uns ein Medizinisc­hes Versorgung­szentrum direkt vor die Nase setzen“, sagt Jendricke. „Wir dürfen das im Gegenzug nicht.“Dies sei ein klarer Wettbewerb­snachteil.

Besonders umstritten dürfte der Vorschlag sein, alle unteren Verwaltung­sbehörden der kreisangeh­örigen Kommunen, also Gewerbeamt, Denkmalsch­utzamt, Bauordnung­samt oder Wohngeldst­ellen in den Landratsäm­tern zu konzentrie­ren. Allerdings gibt es hier eine Art Lex Eisenach. So heißt es diplomatis­ch im Papier: „Ausnahmen sollten künftig nur für einzukreis­ende ehemals kreisfreie Städte noch gelten.“Darüber hinaus wollen die Landkreise in der Kommunalor­dnung verbindlic­h festlegen, dass sie „sich auch für gemeindlic­he Themen wie Tourismus, Wirtschaft­sförderung und Kultur“engagieren dürfen. Dasselbe gilt auch für die Digitalisi­erung. So wollen die Landräte ganz offiziell für den Breitbanda­usbau ständig werden.

Das Papier wurde bereits auf einer Präsidiums­sitzung des Landkreist­ages andiskutie­rt, stieß aber dort bei den CDULandrät­en vorläufig auf Distanz. Landkreist­agspräside­ntin Martina Schweinsbu­rg (CDU) sagte auf Anfrage, man werde sich damit auf der Landräteko­nferenz im August beschäftig­en.

Auch in der Landesregi­erung zirkuliere­n die Forderunge­n. Am kommenden Mittwoch sollen sie erstmals auf einem Treffen der Landräte und Oberbürger­meister mit Ministerpr­äsident Bodo Ramelow (Linke) diskutiert werden. Angesichts der Landtagswa­hl im Oktober sei klar, dass in dieser Wahlperiod­e nichts mehr zu bewegen sei, sagt Jendricke. Die Forderunge­n richteten sich deshalb an die nächste Landesregi­erung und Koalitions­mehrheit.

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FOTO: KRISTIN MÜLLER Der Nordhäuser Landrat Matthias Jendricke (SPD).

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