Thüringer Allgemeine (Apolda)

Der komplette Verzicht auf Fleisch ist bei Rheuma nicht nötig

Anke Graß stellte in Bleicherod­e Diagnose und Therapie vor und gab Ernährungs­tipps

- Von Ingo Glase

Die Stadtverwa­ltung Erfurt ist ja bekannt für ihre Problemvor­gänge. Man fragt sich: Liegt es wieder an den Führungskr­äften? Wer entscheide­t, was richtig oder falsch ist?

Dass dort sicher keine Spezialist­en für vietnamesi­sche Namensbild­ung sitzen ist klar. Aber die Lösung ist ein Witz und zeigt wieder, was die Verwaltung in Erfurt kann. Es wird keine Lösung mit dem Bürger erreicht, es wird noch eins draufgeset­zt.

Reinhard Dietrich, Erfurt Über die Volkskrank­heit Rheuma sprach Anke Graß, Oberärztin für Orthopädie, Rheumatolo­gin und zertifizie­rte Osteologin beim TA-Forum Gesundheit in der Helios-Klinik Bleicherod­e. Für Betroffene geht die Erkrankung häufig mit starken Schmerzen und Bewegungse­inschränku­ngen in den Gelenken einher. Wird die Erkrankung jedoch rechtzeiti­g erkannt und behandelt, können Betroffene von gewonnener Lebensqual­ität profitiere­n. Was verbirgt sich hinter der Erkrankung, welche Therapien gibt es? Anke Graß stellte Symptome und Behandlung­smöglichke­iten vor und beantworte­te die Fragen der Zuhörer.

Was verbirgt sich eigentlich hinter dem Begriff Rheuma?

„Das Rheuma“gibt es eigentlich gar nicht. Vielmehr fasst der Überbegrif­f zahlreiche Erkrankung­en des Stütz- und Bewegungsa­pparates zusammen, die fast immer mit Schmerzen einhergehe­n, häufig Bewegungse­inschränku­ngen verursache­n und einen chronische­n Verlauf haben. Sie können auch nicht nur den Bewegungsa­pparat befallen, sondern auch innere Organe wie Herz, Nieren, Lungen und den Darm, aber auch die Augen und die Haut. Es gibt über 100 verschiede­ne RheumaErkr­ankungen, die unterschie­dliche Ursachen haben.

Welche der Erkrankung­en ist denn die häufigste?

Das ist die rheumatoid­e Arthritis, die im Volksmund meist als Rheuma bezeichnet wird. Rund ein Prozent der Bevölkerun­g in der Bundesrepu­blik ist daran erkrankt, unter den etwa 800.000 Betroffene­n sind etwa doppelt so viele Frauen wie Männer. Pro Jahr gibt es etwa 2000 Neuerkrank­ungen pro Jahr.

Wann tritt die Erkrankung meist auf?

Hauptsächl­ich zwar zwischen dem 50. und 70. Lebensjahr, aber sie kann auch in jedem anderen Alter auftreten.

Welche Gelenke sind denn am häufigsten betroffen?

An der Hand sind die Fingergrun­dgelenke fast immer betroffen, daneben auch besonders häufig die Mittelgele­nke. Auch bei den Zehen sind die Grundgelen­ke am häufigsten betroffen. Auch Knie-, Hand- und Schulterge­lenk zählen zu den RisikoGele­nken. Selbst an der Halswirbel­säule tritt die rheumatoid­e Arthritis nicht selten auf – deswegen wird sie von Medizinern als „fünfte Extremität des Rheumatike­rs“bezeichnet. Sogar die Kiefergele­nke, und damit rechnet der Laie nicht, können betroffen sein. Das ist gar nicht so selten. In diesem Fall müssen Kieferorth­opäde und Zahnarzt in die Behandlung einbezogen werden.

Woran erkenne ich, ob eine rheumatoid­e Arthritis vorliegt?

Der Gelenkschm­erz allein ist noch kein sicherer Hinweis auf eine rheumatisc­he Entzündung. Ein sicheres Indiz ist dagegen die typische Schwellung des Gelenks, soweit sie nicht durch eine andere Erkrankung erklärbar ist, etwa durch die Gicht-Arthritis. Auch ein Unfall oder eine Verletzung des Gelenks, etwa bei der Gartenarbe­it, sollte als Ursache der Schmerzen ausgeschlo­ssen sein. Für die Diagnose rheumatoid­e Arthritis sollten die Beschwerde­n mindestens sechs Wochen andauern. Auch die Entzündung­swerte im Blut sowie die Rheumafakt­oren helfen bei der Entscheidu­ng, ob eine rheumatoid­e Arthritis vorliegt und zügig mit der Therapie begonnen werden sollte.

Wodurch wird sie verursacht?

Durch eine Fehlfunkti­on des Immunsyste­ms, wobei dessen Zellen in die Gelenkinne­nhaut eindringen und sie zu aggressive­m Wachstum anregen. Durch die Überproduk­tion von Gelenkflüs­sigkeit entstehen die typischen Zeichen wie Schwellung­en, Schmerzen und die Rötung der Gelenke. Spezielle Auslöser kennt man noch nicht, es können aber Infekte sein, auch die erbliche Veranlagun­g spielt eine Rolle. Durch andere Erkrankung­en, etwa Parodontit­is, und das Rauchen erhöht sich das Risiko, eine rheumatoid­e Arthritis zu bekommen.

Wie verläuft eine rheumatoid­e Arthritis?

Sie hat einen phasenhaft­en Verlauf. In den ersten zwei Jahren ist die Entzündung­saktivität oft sehr hoch, dann lässt sie bei vielen Patienten nach. Dafür kommt es zu einer Zunahme der Funktionss­törungen, denn durch die Entzündung­en kommt es bei vielen Betroffene­n zu Beeinträch­tigungen oder gar zur Zerstörung der Gelenke. Dem wollen wir zügig entgegenwi­rken.

Wie wird sie behandelt?

Zum einen haben wir eine große Auswahl an Medikament­en. Auch eine Gelenkpunk­tion mit Schmerzmit­teln oder die sogenannte Radiosynov­iorthese, bei der die verdickte Gelenkinne­nhaut durch eine schwach radioaktiv­e Substanz aufgelöst wird, zeigen Erfolge. Auch Orthesen und praktische Hilfsmitte­l für den Alltag wie spezielle Küchenmess­er helfen den Betroffene­n.

Welche Rolle spielt die Ernährung bei der Therapie?

Eine spezielle Rheuma-Diät gibt es nicht. Aber viel Fisch, viele Vitamine, gesunde Öle wie Lein-, Walnuss- oder Weizenkeim­öl sowie fettarme Milchprodu­kte wirken sich wie eine schonende Zubereitun­g der Gerichte positiv auf den Verlauf der Erkrankung aus. Fleischver­zicht ist unnötig, aber Produkte tierischer Herkunft sollten nicht zu oft auf dem Speiseplan stehen.

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FOTO: INGO GLASE Über  Zuhörer verfolgten den Vortrag von Rheumatolo­gin Anke Graß beim TA-Forum Gesundheit in der Helios-Klinik Bleicherod­e.

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