Merz: Thüringen droht ab Herbst die Regierungsunfähigkeit
CDU-Politiker übt Kritik an großer Koalition: Stärke der AfD liege auch an Fehlern der Bundesregierung
Der knapp unterlegene Bewerber um den CDUBundesvorsitz, Friedrich Merz, hat vor einem starken Abschneiden von AfD und Linke bei den Landtagswahlen in Ostdeutschland gewarnt. „Die Wählerinnen und Wähler in Thüringen, aber auch in Sachsen und Brandenburg, sollten sich gut überlegen, ob sie ihre eigenen Länder schwächen wollen, indem sie die Parteien an den Rändern noch stärker machen“, sagte der frühere Vorsitzende der CDU/ CSU-Bundestagsfraktion dieser Zeitung.
Die Auswirkungen eines solchen Wahlverhaltens könnten aus seiner Sicht dramatisch sein: „Wenn ganze Bundesländer nicht mehr regierungsfähig sind, weil in den Parlamenten bis fast zur Hälfte Parteien sitzen, die nicht regieren wollen oder nicht regieren können, dann leiden die Menschen darunter zuallererst.“In diesem Zusammenhang sprach sich der CDU-Politiker klar gegen eine Zusammenarbeit mit der AfD aus. „Die AfD ist kein Koalitionspartner für irgendeine bürgerliche Partei“, sagte er dieser Zeitung. „Wenn Extremisten und Nationalisten wie etwa in Thüringen an führender Stelle tätig sind, dann ist das eine rote Linie, die wir nicht überschreiten dürfen.“ Merz führte die anhaltende Stärke der Rechtspopulisten auch auf Fehler der Bundesregierung zurück. „Wenn es schon eine sogenannte große Koalition geben muss, dann brauchen wir eine handlungsfähige Regierung, die zu Entscheidungen kommt“, sagte er. „Mein Eindruck ist: Die Menschen reagieren zunehmend ungehalten, dass die Diskussionen immer länger dauern.“So sollte die Flüchtlingspolitik so korrigiert werden, dass die Bürger sähen: „Ja wir haben verstanden. Wir haben Fehler gemacht und wir wollen sie nicht wiederholen.“Darüber hinaus müsse der Solidaritätszuschlag noch in diesem Jahr „vollständig und für alle abgeschafft“werden.
Merz trat am Samstag im Europawahlkampf in Jena an. Die Abstimmung am 26. Mai habe „eine überragende Bedeutung“, sagte er. Es gehe darum, dass sich die EU gegenüber Großmächten wie China und den USA behaupten könne. „Das geht nur mit einem starken EU-Parlament mit starken Parteien der Mitte.“
Ebenfalls in Jena sprach am Samstag die grüne Spitzenkandidatin Ska Keller. Gerade für Thüringen und Ostdeutschland seien die Europawahlen wichtig, sagte sie dieser Zeitung. So würden mit dem anstehenden Haushalt die Fördergelder für die neuen Länder fixiert. Hier gelte es dafür zu streiten, dass benachteilige Regionen in der EU weiterhin ausreichend Fördergelder erhielten.
Gleichzeitig müssten jedoch Subventionen, die klimafeindlich wirkten, abgebaut werden, sagte Keller. Dies gelte vor allem für die Landwirtschaft. Grundsätzlich sollte die gesamte Politik in Europa dem Dreiklang aus Klimaschutz, sozialen Mindeststandards sowie Demokratie und Bürgerrechten folgen.
„Die Menschen reagieren zunehmend ungehalten“