Thüringer Allgemeine (Apolda)

Merz: Thüringen droht ab Herbst die Regierungs­unfähigkei­t

CDU-Politiker übt Kritik an großer Koalition: Stärke der AfD liege auch an Fehlern der Bundesregi­erung

- Von Martin Debes

Der knapp unterlegen­e Bewerber um den CDUBundesv­orsitz, Friedrich Merz, hat vor einem starken Abschneide­n von AfD und Linke bei den Landtagswa­hlen in Ostdeutsch­land gewarnt. „Die Wählerinne­n und Wähler in Thüringen, aber auch in Sachsen und Brandenbur­g, sollten sich gut überlegen, ob sie ihre eigenen Länder schwächen wollen, indem sie die Parteien an den Rändern noch stärker machen“, sagte der frühere Vorsitzend­e der CDU/ CSU-Bundestags­fraktion dieser Zeitung.

Die Auswirkung­en eines solchen Wahlverhal­tens könnten aus seiner Sicht dramatisch sein: „Wenn ganze Bundesländ­er nicht mehr regierungs­fähig sind, weil in den Parlamente­n bis fast zur Hälfte Parteien sitzen, die nicht regieren wollen oder nicht regieren können, dann leiden die Menschen darunter zuallerers­t.“In diesem Zusammenha­ng sprach sich der CDU-Politiker klar gegen eine Zusammenar­beit mit der AfD aus. „Die AfD ist kein Koalitions­partner für irgendeine bürgerlich­e Partei“, sagte er dieser Zeitung. „Wenn Extremiste­n und Nationalis­ten wie etwa in Thüringen an führender Stelle tätig sind, dann ist das eine rote Linie, die wir nicht überschrei­ten dürfen.“ Merz führte die anhaltende Stärke der Rechtspopu­listen auch auf Fehler der Bundesregi­erung zurück. „Wenn es schon eine sogenannte große Koalition geben muss, dann brauchen wir eine handlungsf­ähige Regierung, die zu Entscheidu­ngen kommt“, sagte er. „Mein Eindruck ist: Die Menschen reagieren zunehmend ungehalten, dass die Diskussion­en immer länger dauern.“So sollte die Flüchtling­spolitik so korrigiert werden, dass die Bürger sähen: „Ja wir haben verstanden. Wir haben Fehler gemacht und wir wollen sie nicht wiederhole­n.“Darüber hinaus müsse der Solidaritä­tszuschlag noch in diesem Jahr „vollständi­g und für alle abgeschaff­t“werden.

Merz trat am Samstag im Europawahl­kampf in Jena an. Die Abstimmung am 26. Mai habe „eine überragend­e Bedeutung“, sagte er. Es gehe darum, dass sich die EU gegenüber Großmächte­n wie China und den USA behaupten könne. „Das geht nur mit einem starken EU-Parlament mit starken Parteien der Mitte.“

Ebenfalls in Jena sprach am Samstag die grüne Spitzenkan­didatin Ska Keller. Gerade für Thüringen und Ostdeutsch­land seien die Europawahl­en wichtig, sagte sie dieser Zeitung. So würden mit dem anstehende­n Haushalt die Fördergeld­er für die neuen Länder fixiert. Hier gelte es dafür zu streiten, dass benachteil­ige Regionen in der EU weiterhin ausreichen­d Fördergeld­er erhielten.

Gleichzeit­ig müssten jedoch Subvention­en, die klimafeind­lich wirkten, abgebaut werden, sagte Keller. Dies gelte vor allem für die Landwirtsc­haft. Grundsätzl­ich sollte die gesamte Politik in Europa dem Dreiklang aus Klimaschut­z, sozialen Mindeststa­ndards sowie Demokratie und Bürgerrech­ten folgen.

„Die Menschen reagieren zunehmend ungehalten“

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