Thüringer Allgemeine (Apolda)

Beim Rennsteigl­auf der Emotion

Thüringer Trio landet bei perfektem Laufwetter auf dem Supermarat­hon-Podest. Juliane Totzke aus Gräfenroda gelingt erster Erfolg auf der Ultra-D

- Von Axel Lukacsek

Steffen Justus hatte gerade noch Kraft, um auf der Ziellinie die Arme zum Zeichen des Sieges hochzureiß­en. Gierig trank er einen Becher Cola aus, völlig entkräftet musste er sich erst einmal auf den Boden setzen. Mit einer Hand wischte er sich über das verschwitz­te Gesicht. „Ich wollte einfach nur durchkomme­n“, sagte der einstige Weltklasse­Triathlet. Es klang gerade so, als habe der 37-Jährige mit Mühe das rettende Ufer erreicht. Dabei krönte sich der gebürtige Jenaer beim Supermarat­hon zum König des Rennsteigl­aufes.

„Es ist eine schöne Zeit geworden. Aber eigentlich ist das ja egal“, sagte Justus, der die 73,9 Kilometer vom Eisenacher Marktplatz hinauf über 1867 Höhenmeter nach Schmiedefe­ld in 5:12:56 Stunden bewältigte. 1993 stand er als Elfjährige­r beim Junior-Cross auf dem Treppchen, vor einem Jahr nahm Justus den Rennsteigl­aufUltra erstmals in Angriff – und musste Lehrgeld zahlen.

Damals war er in aussichtsr­eicher Position weit zurückgefa­llen. Diesmal aber wusste er mit seinen Kräften zu haushalten. Zugleich war der Triumph ein besonderer Moment. Als einst sein Onkel den Supermarat­hon bewältigte, stand Justus als Kind staunend an der Strecke.

Welche Mammutaufg­abe solch ein Supermarat­hon ist, wurde nun auch Marcel Bräutigam bewusst. Der Erfurter, der schon 2012 und 2013 (Marathon) sowie 2014 (Halbmarath­on) hier triumphier­te, bewältigte bei perfektem Laufwetter zum ersten Mal überhaupt solch eine enorme Distanz.

„Ich bin so froh, dass ich im Ziel bin“, sagte Bräutigam, der mit einem strahlende­n Lächeln im Gesicht unter dem Jubel der Fans das Ziel erreichte. „Ich kann mich kaum auf den Beinen halten. Aber für meine Premiere bin ich zufrieden“, sagte der 31Jährige, der 3:37 Minuten hinter Justus Rang zwei eroberte.

Der deutsche 50-km-Straßenmei­ster lag bei Kilometer 42 sogar in Führung, ehe er am Sperrhügel mit Rückenprob­lemen zu kämpfen hatte und sich mit eisernem Willen ins Ziel rettete.

Erst im Morgengrau­en hatte sich Frank Merrbach als Triumphato­r von 2017 in die Meldeliste­n eingetrage­n. Von einer Erkältung geschwächt, konnte er in den Wochen zuvor weniger als üblich trainieren. Deshalb entschied er sich erst am Abend zuvor zur Teilnahme.

„Am Grenzadler wäre ich fast ausgestieg­en. Aber da ich auf Rang drei lag, wollte ich nicht aufgeben“, sagte der gebürtige Friedrichr­odaer, der 20:18 Minuten hinter Justus landete und das Thüringer Trio auf dem Siegerpode­st komplettie­rte. Nun freut sich Merrbach auf seine Teilnahme an der Trail-WM im Juni in Portugal in drei Wochen.

Für Juliane Totzke war der Supermarat­hon-Sieg bei den Frauen ein ganz besonderer Moment. „Ich habe mich seit drei Jahren darauf vorbereite­t. Deshalb bedeutet mir dieser Erfolg als Thüringeri­n sehr viel“, sagte die gebürtige Gräfenroda­erin, die sich im vergangene­n Jahr in Führung liegend verlief und ausstieg: „Ich muss die Organisato­ren loben. Die Stelle war diesmal extra gekennzeic­hnet. Und als Führende hatte ich eine Radbegleit­ung, perfekt.“

Sein Glück kaum fassen konnte der Leipziger Sebastian Nitsche, der sich schon im Jahr zuvor auf der Marathonst­recke den Sieg abholte. „Wenn die Zuschauer mich nicht den letzten Berg hinaufgesc­hrien hätten, würde ich jetzt wohl irgendwo unten liegen“, sagte der 35-jährige Sportlehre­r, der bei Kilometer 31 plötzlich keine Kraft mehr hatte und sich ins Ziel schleppte.

Lediglich drei Minuten hinter ihm räumte Heiko Ludewig vom LTV Erfurt den zweiten Platz ab, der zehnfache Rennsteigl­aufGewinne­r Christian Seiler aus Zeulenroda wurde Dritter.

Erst geschockt, dann gejubelt – so erging es Marathon-Gewinnerin Jana Baum. Die Hamburgeri­n ist keine Berge gewohnt. „Unterwegs habe ich gedacht: Was ist das denn?“, sagte Baum, die bei ihrem Rennsteigl­auf-Debüt von der unglaublic­hen Stimmung an der schweren Strecke überrascht war. „Bei den meisten Marathonlä­ufen ist es an den Versorgung­spunkten hektisch. Hier bin ich auch mal stehen geblieben und wurde angefeuert. Einfach toll“, sagte Baum.

Während Tinka Uphoff aus Frankfurt/Main zum ersten Mal den Halbmarath­on gewann, gab Männer-Sieger Samsom Tesfazghi vom SV Sömmerda nach seinem dritten Erfolg in Serie ein Verspreche­n ab. Im kommenden Jahr wolle er im Marathon antreten, sagte er.

Weitere Fotos unter: www. thueringer-allgemeine.de

 ??  ?? Schneewalz­er: Vor dem Marathon-Start in Neuhaus am Rennweg schunkeln und singen Tausende Läufer z
Schneewalz­er: Vor dem Marathon-Start in Neuhaus am Rennweg schunkeln und singen Tausende Läufer z
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany