Thüringer Allgemeine (Apolda)

Rätsel um das heimlich gedrehte Video

- Von Kai Hinrich-Renner und Christian Unger

Vor ein paar Monaten kontaktier­te ein Unbekannte­r die Redaktion der „Süddeutsch­en Zeitung“(SZ) und bot ihr ein Video an, in dem der damalige Parteichef der österreich­ischen FPÖ Heinz-Christian Strache zusammen mit seinem Adlatus Johann Gudenus im Juli 2017 im Gespräch mit einer angebliche­n russischen Milliardär­in in einer Finca auf Ibiza zu sehen ist. Kurze Zeit später wurde das Video auch dem „Spiegel“offeriert. So erzählte es der „Spiegel“-Redakteur Martin Knobbe am Sonntagabe­nd in der ARD-Talkshow „Anne Will“.

Die SZ-Redakteuri­n Leila Al-Serori erzählte in der Nachrichte­nsendung „Zeit im Bild“des österreich­ischen ORF, auch Jan Böhmermann sei das Video angeboten worden. Er habe die Sache aber nicht weiterverf­olgt. Nach übereinsti­mmenden Angaben von Al-Serori und Knobbe sind zumindest SZ und „Spiegel“erst seit gut einer Woche im Besitz des Videos.

Und doch machte Böhmermann in einer Videobotsc­haft anlässlich der Verleihung des österreich­ischen TV-Preises Romy bereits im April Andeutunge­n, deren Tragweite damals allenfalls Insidern bewusst war. Er könne die ihm verliehene Auszeichnu­ng nicht selbst abholen, weil er „gerade ziemlich zugekokst und Red-Bull-betankt mit ein paar FPÖ-Geschäftsf­reunden in einer russischen Oligarchen-Villa auf Ibiza rumhänge“und über die Übernahme der „Kronen Zeitung“verhandle. Diese Äußerung hat das Gerücht befeuert, Böhmermann selbst habe Strache auf Ibiza eine Falle gestellt. Das ZDF schloss in der „Bild“-Zeitung eine Beteiligun­g Böhmermann­s oder seiner Produktion­sfirma an der Herstellun­g des Videos aus.

Wer die FPÖ-Politiker in die Falle lockte, ist weiter unklar. Die Aufnahmen wurden geheim, ohne Einwilligu­ng Straches und in einer privaten Wohnung gedreht. Nach deutschem Recht ist laut Medienwiss­enschaftle­r Nima MafiGudarz­i jedoch weder das Drehen noch das Veröffentl­ichen strafbar. Es seien nicht „höchstpers­önliche oder gar intime Lebensbere­iche betroffen gewesen“. Hier überwiege das öffentlich­e Interesse und die Kontrollau­fgabe der Presse.

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