„Lieber keine Möbel besorgt“
Jenas Cheftrainer Lukas Kwasniok spricht übers Ankommen in Jena, Selbstzweifel und 38 anstehende Endspiele
Hans-Georg Kremer (Jena/Alter: 72)
Jens Wötzel (Goslar/67), Hans-Dieter Wolfram (Weimar/69)
Folker Görlach (Mühlhausen/78), Bernhard Krüger (66), Roland Winkler (beide Berlin/72), Wolfgang Nadler (Delitzsch/67)
Gunter Bohn (Kleinmachnow/66), Walter Bückle (Berlin/70), Michael Ermrich (Wernigerode/65), Gerhard Faust (Erfurt/78), Wieland Güntzel (Themar/63), Reiner Milek (Lengenfeld/76)
Nach dem Klassenerhalt mit dem FC Carl Zeiss Jena plant Cheftrainer Lukas Kwasniok die neue Saison in der dritten Liga und gönnt sich zunächst keinen Urlaub. Im Interview blicken wir mit ihm zurück und voraus.
Sie haben Freudentränen geweint, als Sie nach dem Sieg gegen 1860 München Ihre Familie in die Arme geschlossen haben. Warum?
Ich hatte nicht damit gerechnet, dass sie im Stadion ist. Meine Frau hatte mir am Vorabend viel Erfolg gewünscht und ihr Nichtkommen begründet, dass wir mit ihr im Stadion noch kein Heimspiel gewonnen hatten. Als meine Frau und meine Kinder aus der Menschenmenge auf mich zugelaufen sind, konnte ich mich nicht mehr beherrschen.
Interessiert sich Ihre Frau für Fußball?
Gezwungenermaßen. Wir haben uns auf dem Sportplatz kennengelernt. Sie ist nach und nach hineingewachsen. Inzwischen entstehen zu Hause sogar Diskussionen über Fußball.
Sind Ihre Kinder fußballbegeistert?
Mein Sohn ist auf dem Fußballplatz aufgewachsen, spielt selbst in der U 16 des Karlsruher SC und war schon ein paar Mal im Jenaer Stadion. Meine Tochter war am Wochenende zum ersten Mal da: Seit zwei Tagen höre ich nur: Papa, ich will nach Jena ziehen, es war der schönste Tag meines Lebens.
Erfüllen Sie ihr den Wunsch?
Ich werde ihr raten, in Karlsruhe zu bleiben. Die Verweildauer eines Trainers ist oft nicht so lang, als dass sich ein Umzug mit der ganzen Familie lohnen würde.
Warum haben Sie sich im Dezember für Jena entschieden?
Ich hatte mir den Kader angeschaut und war überzeugt, dass er offensiv gut bestückt ist. Die leichtere Aufgabe ist nämlich, ein Team defensiv zu stabilisieren. Das ist auch innerhalb kürzester Zeit gelungen.
Doch dann hakte es in der Offensive.
Julian Günther-Schmidt und Maximilian Wolfram hatten sich verletzt. Deshalb haben wir so viele Spiele nur Unentschieden gespielt. Zum Glück hatte sich Wolfram nur eine Kreuzbanddehnung und keinen Riss zugezogen. Ohne ihn hätten wir den Klassenerhalt nicht geschafft.
Was hatten Sie sich anders vorgestellt vor Ihrem Amtsantritt?
Eines musste ich lernen: Ich bin ein sehr offener Mensch und vertraue den Mitmenschen sehr. Leider wird das im Profisport zu oft missbraucht. Ich muss Mechanismen entwickeln, um mehr bei mir selbst zu bleiben, damit nicht alle Dinge gleich bei der Presse landen.
Stimmt es, dass Sie in Ihrer Wohnung nicht mal eine Kaffeemaschine haben?
Ich habe nicht einmal ein Bett, sondern schlafe auf der Couch.
Ich habe die Wohnung erhalten, als ich schon mit anderthalb Beinen nicht mehr Trainer in Jena war. Ich habe von Woche zu Woche überlebt und es nicht als sinnvoll erachtet, Möbel zu besorgen.
Richten Sie sich jetzt ein?
Im Umfeld leben viele Studenten, deren Tages- und Nachtrhythmus sich nicht mit meinem deckt. Deshalb überlege ich, noch einmal umzuziehen. Auf jeden Fall werde ich mir Möbel kaufen.
Also lockt nicht Zweitligist Holstein Kiel?
Es liegen keine Anfragen anderer Klubs vor und es gibt auch keine Gespräche.
Hatten Sie einen Moment, in dem Sie in Jena nicht mehr weitermachen wollten?
Ja. Wenn die Mannschaft funktioniert, aber du trotzdem immer nur Unentschieden spielst, stellt man sich schon die Frage, ob man der Richtige ist. Durch die Analyse der Leistung ist letztlich die Erkenntnis gereift, dass erst mal einer kommen müsse, der es besser hinbekommt. Aber ich gebe zu: Es hat Körner gekostet, die Überzeugung selbst jeden Tag vorzuleben, aber es hat sich unterm Strich gelohnt.
Wie sind Sie auf die Idee gekommen, die Kwasniok-Tabelle einzuführen?
Wir standen mit dem Rücken an der Wand, dass wir etwas verändern mussten. Ich hätte nicht geglaubt, dass du am Ende Erster in der Tabelle werden musst, um in der Liga zu bleiben. Der Mannschaft hatte ich Platz drei oder vier als Ziel genannt, um den Klassenerhalt zu schaffen. Im Nachhinein betrachtet, war das gelogen.