Hilfe für die häusliche Pflege
Fachleute erklären, welche Unterstützung es gibt und wie sie beantragt wird
Wird jemand aus der Familie zum Pflegefall, muss man vieles anders regeln. Die Leistungen der Pflegeversicherung erleichtern den Pflege-Alltag. Welche Hilfen es gibt, und was einem im Einzelfall zusteht – dazu berieten Monika Jäger der Compass-Pflegeberatung, Marc Reifschneider von der AOK Plus, Kathrin Pusch von der Diakonie Sozialdienst Thüringen GgmbH, Hans-Christian Schuster und Klaus Meier von der Barmer an den Lesertelefonen. Einige Fragen und Antworten:
Mir wurde von einer privaten Pflegeberatungsfirma ein Angebot gemacht. Das kostet ganz schön. Was soll ich tun?
Nutzen Sie die kostenfreie, neutrale Pflegeberatung. Die steht jedem Bürger per Gesetz zu. Sie fordern diese Leistungen einfach bei Ihrer Pflegekasse an. In Jena, Nordhausen und Sondershausen stehen auch Pflegestützpunkte oder Sozialstationen zur Verfügung.
Unsere Mutter geht in die Kurzzeitpflege, weil der Vater, der sie pflegt, selbst ins Krankenhaus muss. Stimmt es, dass sie da etwas zuzahlen muss?
Ja, die 1612 Euro im Jahr für die Kurzzeitpflege sind für die Finanzierung der pflegebedingten Aufwendungen gedacht. Es bleibt ein bestimmter Eigenanteil für die sogenannten Hotelkosten. Es können aber auch die Entlastungsleistungen für die Finanzierung genutzt werden.
Wir haben einen Pflegedienst für unseren schwerst kranken Vater. Jetzt wird eine palliativmedizinische Betreuung notwendig. Können wir die zusätzlich in Anspruch nehmen?
Ja, das eine schließt das andere nicht aus.
Ich habe Pflegegrad 1. Welche Zuschüsse kann ich nutzen?
Ja. Sie haben die Möglichkeit, die zusätzlichen Entlastungsleistungen in Anspruch zu nehmen, erhalten auch den Zuschuss für wohnumfeldverbessernde Maßnahmen und zudem die 40 Euro Zuschuss für die Kosten von zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel.
Unsere Nachbarin, die Rentnerin ist, würde stundenweise als Ersatzpflegerin einspringen, wenn ich in den Urlaub fahre. Darf sie das? Gibt es da etwas von Pflegeversicherung?
Ja. Dass Ihre Nachbarin Rentnerin ist, spielt keine Rolle. Sie kann die Ersatzpflege übernehmen. Stellen Sie bei der Pflegekasse Ihrer Mutter einen Antrag auf Verhinderungspflege. 1612 Euro stehen jährlich als Erstattungsbetrag für die Ersatzpflege zur Verfügung, wenn Sie als Pflegeperson ausfallen. Dieses Geld kann für die Finanzierung der Person, die Sie kurzfristig ersetzt, verrechnet werden. Sollte Ihre Mutter innerhalb eines Kalenderjahres zudem noch keine Kurzzeitpflege in Anspruch genommen haben, kann sich der genannte Betrag um die Hälfte des Kurzzeitpflegegeldes, welches ebenfalls 1612 Euro beträgt, erhöhen. Sie könnten gegebenenfalls somit im Kalenderjahr 2418 Euro für Ihre Bekannte abrechnen.
Mein Vater hat einen Termin zur Begutachtung bei sich zu Hause bekommen.Was sollten wir an Unterlagen parat haben?
Krankenakten wären gut, sind aber nicht zwingend notwendig. Ansonsten sollten Sie vorab notieren, in welchen Bereichen Ihr Vater nicht mehr selbstständig zurechtkommen. Die Selbstversorgung spielt dabei die größte Rolle, aber es werden auch Mobilität, Einschränkungen in der Alltagskompetenz, psychische Probleme, der Umgang mit Medikamenten und soziale Kontakte einbezogen. Es bietet sich auch an, vorab ein sogenanntes Pflegetagebuch zu führen.
Mein Mann hat Pflegegrad 2, aber er kommt immer schlechter zurecht. Jetzt wurde eine beginnende Demenz diagnostiziert. Ich benötige Hilfe.
Wenn sich die Pflegesituation sehr verschlechtert hat, sollten Sie einen Höherstufungsantrag für Ihren Mann stellen. Bei Pflegegrad 3 gibt es mehr Leistungen von der Pflegeversicherung. Das kann den Pflegealltag erleichtern. Außerdem sollten Sie überlegen, ob Sie nicht besser eine so genannte Kombi-Leistung bei der Pflegekasse Ihres Mannes beantragen. Das bedeutet, Ihr Mann nimmt neben dem Pflegegeld auch Sachleistungen eines ambulanten Pflegedienstes in Anspruch. In Ihrem Fall ist es sicher sinnvoll, zunächst einmal bei der Pflegekasse Ihres Mannes eine kostenfreie Pflegeberatung anzufordern. Sollte Ihr Mann privat versichert sein, ist die bundesweite Compass-Private Pflegeberatung zuständig.
Ich lebe mit einer Freundin zusammen, die jetzt den Pflegegrad 2 hat. Aufgrund ihrer stark eingeschränkten Mobilität ist ein Badumbau geplant. Gibt die Pflegversicherung etwas dazu?
Ja. Ihre Freundin stellt für dieses Vorhaben bei Ihrer Pflegekasse einen Antrag auf den Zuschuss für wohnumfeldverbessernde Maßnahmen. Das sind bis zu 4000 Euro, die sie bei Bewilligung erhält. Legen Sie dem Antrag eine Vorhabensbeschreibung und einen Kostenvoranschlag bei. Und beginnen Sie mit dem Umbau erst, wenn der Bewilligungsbescheid da ist.
Als privat Versicherte bin ich jetzt abgelehnt worden und habe keinen Pflegegrad bekommen. Das finde ich nicht richtig, weil ich tatsächlich viel Hilfe benötige. Was kann ich machen?
Gehen Sie zunächst einmal mit einem Pflegeberater das Gutachten, auf dem der Ablehnungsbescheid beruht, durch. Schauen Sie nach, wo Ihrer Meinung nach der dargestellte Hilfebedarf mit dem von Ihnen selbst eingeschätzten nicht übereinstimmt. Sie haben natürlich die Möglichkeit, bei Ihrem privaten Versicherer einen Einspruch zu machen, indem Sie Ihre Beweggründe darlegen. Danach kommt es zu einer erneuten Begutachtung durch einen anderen Gutachter. Sollte daraus wiederum eine Ablehnung erfolgen, mit der Sie nicht einverstanden sind, können Sie den Rechtsweg einschlagen.
Meine Sorge ist, dass meine Kinder irgendwann mal meinen Heimplatz finanzieren müssen, weil mein Geld nicht reicht. Ist das immer so?
Das kann man pauschal nicht beantworten. Für die Finanzierung der Heimkosten werden die Einkommen sowie das Vermögen Ihrer Eltern und die Leistungen der Pflegeversicherung genutzt. Reichen diese Quellen nicht aus, um alles zu bezahlen, können beide beim zuständigen Sozialhilfeträger einen Antrag auf Hilfe zur Pflege stellen. Das springt dann ein, prüft aber seinerseits, ob und inwieweit Sie als Sohn in die Pflicht genommen werden können. Dabei kommen jedoch diverse Freibeträge in Anrechnung. Ihre sozialrechtliche Stellung wird berücksichtigt. Ausschlaggebend ist auch, ob vorhandene Kinder sich in der Ausbildung befinden, ob eventuell noch ein selbst genutztes Haus abzuzahlen ist oder anderweitige finanzielle Verpflichtungen bestehen.
Da ich jetzt den Pflegegrad 1 erhalten habe, bekomme ich ja diese zusätzlichen Entlastungsleistungen. Aber ich habe noch nichts auf dem Konto.
Diese Leistung ist keine Geldleistung, die wie Pflegegeld auf das Konto des Pflegebedürftigen geht. Der zusätzliche Entlastungsbetrag steht allen Pflegebedürftigen mit den Pflegegraden 1 bis 5 zu, die in ihrer häuslichen Umgebung betreut werden. Es handelt sich hierbei um einen Erstattungsanspruch, mit dem Kosten in der Tages- oder Nachtpflege, in der Kurzzeitpflege, bestimmte Kosten des ambulanten Pflegedienstes und für Angebote zur Unterstützung im Alltag finanziert werden können. Die monatlichen 125 Euro können für ambulante, teilstationäre und häusliche Pflege zusätzlich eingesetzt werden.