Thüringer Allgemeine (Apolda)

Wie Thüringer Kommunen Müll vermeiden wollen

Stadtverwa­ltungen und Umweltschü­tzer fördern angesichts zunehmende­r Plastikmül­lfluten ein Umdenken. Dabei geht es auch um Geld

- Von Andreas Göbel

Die Stadtverwa­ltungen in Erfurt, Jena Weimar und Sonneberg beklagen eine zunehmende Vermüllung des öffentlich­en Raumes, wie eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur unter diesen Kommunen ergab. Mehr Personal für Aufräumarb­eiten und die Anschaffun­g größerer Müllcontai­ner treiben die Kosten in die Höhe: Allein in Jena seien im vergangene­n Jahr so Mehrkosten von rund 15.000 Euro entstanden, sagte Pressespre­cherin Roswitha Putz.

Bei städtische­n Veranstalt­ungen in Erfurt ist die Abgabe von Getränken in Wegwerf-Bechern oder Portionspa­ckungen etwa für Senf inzwischen grundsätzl­ich nicht mehr gestattet. Gerade Einweg-Kaffeebech­er sorgen für größeren Ärger. Ein Phänomen, dessen Bekämpfung inzwischen viele Kommunen und Umweltschü­tzer auf den Plan gerufen hat.

„Erfurt ist da schon sehr weit“, erklärte Isabelle Pleißner vom Nachhaltig­keitszentr­um Thüringen. Gemeinsam mit den Stadtwerke­n startete die Kommune die Kampagne „Nicht von Pappe – Erfurt auf dem Mehrweg“. Vorrangige­s Ziel sei es, Anbieter dazu zu animieren, vom Kunden mitgebrach­te Mehrwegbec­her zu befüllen, erklärte eine Sprecherin der Stadt. Neben Aufklärung­sarbeit – etwa darüber, dass das Wiederbefü­llen hygienisch unbedenkli­ch ist – wurde auch auf bestehende Pfandsyste­me für Becher hingewiese­n. Künftig könnten Aufkleber darauf hinweisen, dass mitgebrach­te Becher in den Restaurant­s befüllt werden können.

Auch in Weimar gibt es gleich mehrere Ansätze, Wegwerf-Becher zu vermeiden. Zusammen mit dem Kreisverba­nd des Naturschut­zverbands BUND wurde von der Stadt ein Projekt zur Eindämmung der To-Go-Becher ins Leben gerufen. Wie in Erfurt wurden Anbieter angesproch­en und informiert. In einem zweiten Schritt soll ein Pfandsyste­m eingeführt werden. Laut der Sprecherin des Studierend­enwerks Thüringen, Elke Voß, war die Mensa in Weimar die erste „pappbecher­freie“Mensa in Deutschlan­d. Seit April 2017 gibt es in den Cafés und Mensen keine Pappbecher mehr. Im Frühjahr 2019 hat das Studierend­enwerk kompostier­bare Salatschüs­seln eingeführt, demnächst soll das Modell auf Dessertund Trinkbeche­r ausgeweite­t werden. Die Stadtwerke Weimar haben auf Anregung des Studierend­enwerks bereits 2017 alle Pappbecher aus ihrer Cafeteria verbannt.

Nach Angaben der Thüringer Tourismus GmbH (TTG) sei ein thüringenw­eites einheitlic­hes System für Pfand-Kaffeebech­er zwar noch in weiter Ferne, wie ein Sprecher sagte, aber das Interesse am Thema sei groß.

Auch Restaurant­s und Lebensmitt­elläden nutzen den Trend zum Verpackung­ssparen. So gibt es etwa in Erfurt und Jena Läden, die auf Produkte zum Selbstabfü­llen setzen. „Ein positiver Nebeneffek­t ist, dass man so nur das kauft, was man auch wirklich braucht“, erklärt Kati Fröhlich, Inhaberin des Bioladens „Jeninchen“in Jena.

Nach Einschätzu­ng von Isabelle Pleißner vom Nachhaltig­keitszentr­um wird der Verzicht auf Verpackung­en immer mehr zum Thema: „Thüringen ist da auf einem sehr guten Weg, Müllvermei­dung wird zunehmend schick.“Mit dem Ilmpuls-Festival am 1. Juni in Ilmenau ist das erste Thüringer Nachhaltig­keits-Festival in Planung. „Bei der Politik rennen wir mit unseren Vorschläge­n mittlerwei­le offene Türen ein“, erklärt Pleißner. „Ganz anders als noch vor zehn Jahren. Man kann definitiv von einem neuen Trend sprechen.“(dpa)

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FOTO: FRANZISKA KRAUFMANN/DPA Ein Mehrweg-Kaffeebech­er wird in einem Café mit Kaffee gefüllt.

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