Wie Thüringer Kommunen Müll vermeiden wollen
Stadtverwaltungen und Umweltschützer fördern angesichts zunehmender Plastikmüllfluten ein Umdenken. Dabei geht es auch um Geld
Die Stadtverwaltungen in Erfurt, Jena Weimar und Sonneberg beklagen eine zunehmende Vermüllung des öffentlichen Raumes, wie eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur unter diesen Kommunen ergab. Mehr Personal für Aufräumarbeiten und die Anschaffung größerer Müllcontainer treiben die Kosten in die Höhe: Allein in Jena seien im vergangenen Jahr so Mehrkosten von rund 15.000 Euro entstanden, sagte Pressesprecherin Roswitha Putz.
Bei städtischen Veranstaltungen in Erfurt ist die Abgabe von Getränken in Wegwerf-Bechern oder Portionspackungen etwa für Senf inzwischen grundsätzlich nicht mehr gestattet. Gerade Einweg-Kaffeebecher sorgen für größeren Ärger. Ein Phänomen, dessen Bekämpfung inzwischen viele Kommunen und Umweltschützer auf den Plan gerufen hat.
„Erfurt ist da schon sehr weit“, erklärte Isabelle Pleißner vom Nachhaltigkeitszentrum Thüringen. Gemeinsam mit den Stadtwerken startete die Kommune die Kampagne „Nicht von Pappe – Erfurt auf dem Mehrweg“. Vorrangiges Ziel sei es, Anbieter dazu zu animieren, vom Kunden mitgebrachte Mehrwegbecher zu befüllen, erklärte eine Sprecherin der Stadt. Neben Aufklärungsarbeit – etwa darüber, dass das Wiederbefüllen hygienisch unbedenklich ist – wurde auch auf bestehende Pfandsysteme für Becher hingewiesen. Künftig könnten Aufkleber darauf hinweisen, dass mitgebrachte Becher in den Restaurants befüllt werden können.
Auch in Weimar gibt es gleich mehrere Ansätze, Wegwerf-Becher zu vermeiden. Zusammen mit dem Kreisverband des Naturschutzverbands BUND wurde von der Stadt ein Projekt zur Eindämmung der To-Go-Becher ins Leben gerufen. Wie in Erfurt wurden Anbieter angesprochen und informiert. In einem zweiten Schritt soll ein Pfandsystem eingeführt werden. Laut der Sprecherin des Studierendenwerks Thüringen, Elke Voß, war die Mensa in Weimar die erste „pappbecherfreie“Mensa in Deutschland. Seit April 2017 gibt es in den Cafés und Mensen keine Pappbecher mehr. Im Frühjahr 2019 hat das Studierendenwerk kompostierbare Salatschüsseln eingeführt, demnächst soll das Modell auf Dessertund Trinkbecher ausgeweitet werden. Die Stadtwerke Weimar haben auf Anregung des Studierendenwerks bereits 2017 alle Pappbecher aus ihrer Cafeteria verbannt.
Nach Angaben der Thüringer Tourismus GmbH (TTG) sei ein thüringenweites einheitliches System für Pfand-Kaffeebecher zwar noch in weiter Ferne, wie ein Sprecher sagte, aber das Interesse am Thema sei groß.
Auch Restaurants und Lebensmittelläden nutzen den Trend zum Verpackungssparen. So gibt es etwa in Erfurt und Jena Läden, die auf Produkte zum Selbstabfüllen setzen. „Ein positiver Nebeneffekt ist, dass man so nur das kauft, was man auch wirklich braucht“, erklärt Kati Fröhlich, Inhaberin des Bioladens „Jeninchen“in Jena.
Nach Einschätzung von Isabelle Pleißner vom Nachhaltigkeitszentrum wird der Verzicht auf Verpackungen immer mehr zum Thema: „Thüringen ist da auf einem sehr guten Weg, Müllvermeidung wird zunehmend schick.“Mit dem Ilmpuls-Festival am 1. Juni in Ilmenau ist das erste Thüringer Nachhaltigkeits-Festival in Planung. „Bei der Politik rennen wir mit unseren Vorschlägen mittlerweile offene Türen ein“, erklärt Pleißner. „Ganz anders als noch vor zehn Jahren. Man kann definitiv von einem neuen Trend sprechen.“(dpa)