Federn, Glitzer und Berliner Schnauze
„Die letzte lebende Diseuse“Désirée Nick feiert sich selbst im Weimarer Spiegelzelt
Sie umgibt sich mit Federn und Glitzer und will den Ikonen, Diven und Grazien wieder Leben einhauchen. Das Image des armen Mädchens, das Blandine Ebinger in der Weimarer Republik dank der Kompositionen und Texte ihres Ehemannes Friedrich Hollaender pflegte und festigte, kann die so vollbusig dekolletierte und bunt ausstaffierte La Nick aber nicht rüberbringen. Als die Ebinger „Wenn ick mal tot bin“sang, schwangen Elend und Not der 20er-Jahre mit, bei La Nick ist von dieser Tragik nichts spürbar.
Frivol singt sie „Johnny, wenn du Geburtstag hast“, säuselt, schreit bisweilen schrill vom Leid der Stripperinnen und schickt die Zote gleich hinterher: „In meinem Alter ist Striptease eher Denkmalsenthüllung“. Was einer Marlene Dietrich mit laszivem Rauchen und Augenaufschlag gelang, will die Nick mit der Keule erzeugen, bleibt aber in affektierten Gebärden und billiger Situationskomik stecken. Die Nick macht, was erwartet wird. Sie nimmt den Mund ziemlich voll, strippt ein bisschen, macht an, schlüpft in viele Rollen, vom kleinen Mädchen bis zur Artistin, Tiefe und Erkenntnis sucht man vergeblich. Früher, sagt sie, habe sie Angst gehabt, das Publikum zu langweilen. Heute würden die Menschen sie langweilen. So ist es. Wenn die Nick auf der Bühne steht, braucht sie nur sich.
Was in Erinnerung bleibt, ist ihre Berliner Schnauze, mit der sie zu provozieren und zu unterhalten vermag. „Nett“muss sie auch gar nicht sein, „nur gut geschminkt“. Ob sie singen kann oder nicht, das hat uns die letzte lebende Diseuse bewiesen, spielt überhaupt keine Rolle.