Thüringer Allgemeine (Apolda)

Israels Staatspräs­ident reagiert auf Kippa-Interview

Warnung des Antisemiti­smus-Beauftragt­en Felix Klein vor Tragen der jüdischen Kopfbedeck­ung entfacht heftige Debatte

- Von Karsten Kammholz

Mit dem Rat an Juden, nicht immer und überall in Deutschlan­d eine Kippa zu tragen, hat der Antisemiti­smusbeauft­ragte der Bundesregi­erung, Felix Klein, eine heftige Kontrovers­e ausgelöst. Der israelisch­e Staatspräs­ident Reuven Rivlin reagierte bestürzt auf die Empfehlung des Antisemiti­smusbeauft­ragen. Rivlin teilte am Sonntag mit, er sei „zutiefst schockiert“. „Die Verantwort­ung für das Wohl, die Freiheit und das Recht auf Religionsa­usübung jedes Mitglieds der deutschen jüdischen Gemeinde liegt in den Händen der deutschen Regierung und ihrer Strafverfo­lgungsbehö­rden“, sagte der Präsident. Die Bundesregi­erung sei zwar der jüdischen Gemeinde verpflicht­et, „aber Ängste über die Sicherheit deutscher Juden sind eine Kapitulati­on vor dem Antisemiti­smus und ein Eingeständ­nis, dass Juden auf deutschem Boden wieder nicht sicher sind“, so Rivlin. Man werde im Angesicht des Antisemiti­smus nie kapitulier­en, „wir erwarten und fordern von unseren Bündnispar­tnern, ebenso zu handeln“. Der Antisemiti­smusbeauft­ragte Klein hatte in einem Interview mit unserer Redaktion gesagt, er könne „Juden nicht empfehlen, jederzeit überall in Deutschlan­d die Kippa zu tragen“. Er verwies er auf die gestiegene Zahl antisemiti­scher Straftaten, von denen etwa 90 Prozent dem rechtsradi­kalen Umfeld zuzurechne­n seien.

Die Kippa, eine kleine kreisförmi­ge Mütze, wird von jüdischen Männern als Zeichen ihres Glaubens traditione­ll den ganzen Tag lang getragen.

Auch der Ratsvorsit­zende der Evangelisc­hen Kirche in Deutschlan­d, Heinrich BedfordStr­ohm, reagierte mit Bestürzung auf die Aussagen des Antisemiti­smus-Beauftragt­en. „Es macht mich unendlich traurig, dass wir in unserem Land überhaupt diese Diskussion führen müssen. Und ich schäme mich dafür“, sagte Bedford-Strohm unserer Redaktion. „Die einzig angemessen­e Reaktion darauf ist null Toleranz gegenüber dummen antisemiti­schen Sprüchen oder allen anderen Formen von antisemiti­schen Angriffen auf Juden. Und zwar null Toleranz nicht nur seitens des Staates, sondern seitens jedes einzelnen Bürgers“, erklärte der bayerische Landesbisc­hof. Er betonte, Antisemiti­smus widersprec­he allem, wofür das Christentu­m steht. Auch Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU) äußerte Besorgnis. Es sei „nicht hinnehmbar“, wenn Juden ihren Glauben in Deutschlan­d verstecken müssten. Zahl der antisemiti­schen Straftaten stark gestiegen. Der Präsident des Zentralrat­s der Juden, Josef Schuster, sagte „es ist seit Längerem eine Tatsache, dass Juden in einigen Großstädte­n potenziell einer Gefährdung ausgesetzt sind, wenn sie als Juden zu erkennen sind“. Darauf habe er bereits vor zwei Jahren hingewiese­n, sagte er. „Es ist daher zu begrüßen, wenn diese Situation auch auf höchster politische­r Ebene mehr Aufmerksam­keit erfährt.“Die Bekämpfung des Antisemiti­smus müsse sich die ganze Gesellscha­ft zu eigen machen, betonte er. 2018 war die Zahl antisemiti­scher Straftaten bundesweit stark gestiegen. Der jüngste Jahresberi­cht zur politisch motivierte­n Kriminalit­ät wies 1799 Fälle aus, 19,6 Prozent mehr als 2017. (mit dpa/epd)

Antisemiti­sche Straftaten bundesweit gestiegen

 ?? FOTO: DPA ?? Mann mit Kippa – sie signalisie­rt Ehrfurcht vor Gott.
FOTO: DPA Mann mit Kippa – sie signalisie­rt Ehrfurcht vor Gott.

Newspapers in German

Newspapers from Germany