Heilsversprechen aus Hollywood
Schauspielerin Gwyneth Paltrow hat mit Lifestyle-Produkten ein Imperium geschaffen – und greift nun nach der Politik
Wie kann man ein angenehmes Leben noch angenehmer machen? Gwyneth Paltrow (46), eigentlich Hollywoodstar und gerade in einer Nebenrolle in „Avengers: Endgame“im Kino, weiß es. Und sie ist bereit, ihr Wissen zu teilen. Am 21. Juni ist es wieder so weit, erstmals in Europa, in London. Die elfenblonde Gründerin des LifestyleUnternehmens Goop lädt zum Wellness-Workshop. „Emotional und spirituell“soll es zugehen, verspricht sie. Es werden Themen behandelt wie Intimität, Geschlechterrollen, Burnout, Krise und Heilung. In den Workshops, an denen regelmäßig etwa 600 Frauen und eine Handvoll Männer teilnehmen, vermittelt sie Weisheiten wie: „Organisiere dir den Tag. Ernähre dich gesund. Nimm dein Handy nicht mit ins Bett.“Die Selbstoptimierungs-Gipfeltreffen für die „Goopies“genannten Anhänger sind also eine zum Seminar gewordene Frauenzeitschrift. Unterschied: Eine Zeitschrift gibt es für zwei Pfund. Ein Tagespass für das Seminar kostet 1000 Pfund (rund 1140 Euro), ein Wochenende inklusive Hotel 4500 Dollar. Doch das scheint es wert: „Sie ist wie eine Freundin“, notieren die Goopies im Netz über ihre Meisterin. Manches liest sich wie im Vitaminrausch geschrieben: „Sie versucht, die Welt zu einem besseren Ort zu machen.“Oder, ganz schlicht: „Sie ist so entspannt.“
Paltrow hat allen Grund, entspannt zu sein. Ihr Unternehmen, das von dem Kult um ihre Person lebt, soll 250 Millionen Dollar wert sein. Die Seminare dienen hauptsächlich der Promotion. Kerngeschäft ist der Online-Shop, in dem sie Duftkerzen Marke „Orchidee“(78 Euro), Puder für innere Schönheit (80 Euro) oder Sommerkleider, die sich der Figur anpassen sollen (um 1000 Euro), anbietet.
Unverkrampft holt Paltrow auch Sexspielzeug aus der Schmuddelecke. Doch gerade ein sogenanntes Vaginalei handelte ihr Ärger ein – sie versprach, es könne auch Depressionen heilen. Die Organisation Truth in Advertising legte Beschwerde ein, ein Gericht verdonnerte Paltrow 2018 zu 145.000 Dollar Strafe. Im Gespräch mit dem Sender CNN spülte sie die Vorwürfe sanft weg, als nutze sie dafür ihr eigenes Mondwasser: „Wir wussten gar nicht, dass wir bestimmte Behauptungen nicht machen dürfen.“
Jetzt geht die zweifache Mutter noch einen Schritt weiter und will Einfluss in der Politik gewinnen: Anfang Mai gaben sie und ihr zweiter Ehemann, Regisseur Brad Falchuk, in ihrer Villa für 100 Gäste eine Spendenparty für den demokratischen Politiker Pete Buttgigieg, der nächster Präsident werden will. Timothy Caulfield, Experte für Gesundheitsrecht an der Universität Alberta, sieht das mit Sorge: „Gwyneth Paltrow hat erfolgreich eine Marke auf Pseudowissenschaft aufgebaut. Fakten bedeuten ihr nicht viel. Das Letzte, was wir brauchen, ist ein Politiker, der diese Haltung toleriert.“
„Sie ist wie eine Freundin“