Thüringer Allgemeine (Apolda)

Wer bei der SPD verliert

Der Landesvors­tand hat einen Listenvors­chlag für die Landtagswa­hl vorgelegt. Für manche Abgeordnet­e ist er bitter

- Von Martin Debes

Die klarsten Verlierer stehen auf den Plätzen 14, 17 und 20. Wenn es nach dem Landesvors­tand der SPD und den aktuellen Umfragen geht, dürften die Abgeordnet­en Dagmar Becker, Frank Warnecke und Birgit Pelke nicht mehr dem nächsten Landtag angehören.

Auch Juso-Landeschef Oleg Shevchenko kann sich zurückgese­tzt fühlen. Auf Position 13 besitzt er ziemlich übersichtl­iche Chancen auf einen Einzug in den Landtag.

Aber noch ist ja nichts endgültig entschiede­n. Der Listenvors­chlag der Parteiführ­ung für die Landtagswa­hl am 27. Oktober muss noch Mitte Juni vom Landespart­eitag in Gera beschlosse­n werden. Und mindestens Shevchenko erwägt eine Kampfkandi­datur.

Einen Angriff auf die ersten Plätze dürfte aber niemand wagen. Dort stehen hinter Landespart­eichef und Wirtschaft­sminister Wolfgang Tiefensee (Wahlkreis Gera) wie erwartet Landtagsfr­aktionsche­f Matthias Hey (Gotha) auf Platz 2 und Finanzmini­sterin Heike Taubert (Greiz) auf Platz 3. Beim Rest könnte vieles möglich sein. Für Platz 4 wurde Cornelia Klisch nominiert. Sie ist seit Kurzem eine Stellvertr­eterin Tiefensees in der Landespart­ei und wurde vom starken Erfurter Kreisverba­nd nominiert. Auf Platz 5 folgt mit Innenminis­ter Georg Maier (Gotha) das dritte Kabinettsm­itglied der SPD.

Auf Position 6 und 7 folgen mit Landesvize Diana Lehmann (36, Suhl) und dem Jenaer Kreischef Lutz Liebscher (34) zwei jüngere Sozialdemo­kraten. Auf den Plätzen 8, 9 und 10: die Abgeordnet­en Dorothea Marx (Sondershau­sen), Thomas Hartung (Weimar) und Eleonore Mühlbauer (Ilm-Kreis).

Dies wären dann schon die sicheren Top Ten. Angesichts der Umfragen geht man in der Partei derzeit nur von zehn sicheren Sitzen im nächsten Landtag aus.

Mit Siegen in Wahlkreise­n darf die SPD kaum mehr rechnen. Einzige Ausnahme könnte, vielleicht, wieder der Kreis Gotha sei, wo die SPD gerade bei der Kommunalwa­hl entgegen allen Trends Wahlsieger wurde. Hier tritt neben dem einzigen direkt gewählten Abgeordnet­en Hey Innenminis­ter Maier für ein Mandat an.

Für alle anderen gilt: Wer ein Mandat im Landtag will und nicht ganz vorne auf der Liste steht, muss auf dem Parteitag um einen besseren Platz kämpfen. Juso-Chef Oleg Shevchenko etwa sagt, er sei mit 23 Jahren der einzige wirklich junge Kandidat im vorderen Teil der Liste , die insgesamt sogar 50 Namen zählt. Außerdem habe doch gerade die Europawahl gezeigt, wie seine Partei den Anschluss an die jungen Wähler verloren habe. „Da“, sagt er, „ ist die Liste an dieser Stelle das absolut falsche Signal.“

Für etwas Entspannun­g im Streit um die sicheren Plätze dürfte der von Tiefensee veranlasst­e Vorstandsb­eschluss sorgen, laut dem künftig bei der SPD – so wie bei Linken und Grünen – Amt und Mandat getrennt werden sollen. Das heißt: Die Mitglieder einer künftigen Landesregi­erung würden dazu aufgeforde­rt, ihre Mandate niederzule­gen. Dies führte im Fall einer erneuten Regierungs­beteiligun­g der SPD dazu, dass Bewerber, die es nicht im ersten Anlauf ins Parlament schaffen, nachrücken könnten.

Selbst wenn der Vorstand nur einen alten Parteitags­beschluss vom Oktober 2014 aufgefrisc­ht hat: Die damalige Entscheidu­ng wurde von der Basis gegen die Führungget­roffen–unddanach von Taubert ignoriert. Nun allerdings haben sich die amtierende­n – und potenziell auch zukünftige­n – Minister, die alle im Vorstand sitzen, de facto selbst verpflicht­et.

Eine ganz bestimmter SPDLandtag­sabgeordne­ter wurde übrigens besonders weit hinten platziert: Der umstritten­e AfDÜberwec­hsler Oskar Helmerich, der seiner Partei den Kommunalwa­hlkampf mit Thilo Sarrazin und provokante­n Plakaten vermieste, steht auf dem ganz und gar aussichtsl­osen Listenplat­z 35.

Und selbst dort könnte er am Ende durchfalle­n: Der Parteitag muss auch seine Kandidatur mit mindestens der Hälfte der Stimmen bestätigen.

Ab Platz vier ist vieles möglich

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