Thüringer Allgemeine (Apolda)

Rechtsstre­it um Wahlplakat­e dauert an

Thüringer Staatsanwa­ltschaften wollen einheitlic­he Bewertung finden. Bundesverf­assungsger­icht sieht Spielraum bei umstritten­er Werbung

- Von Kai Mudra

Wahlplakat­e extremisti­scher Parteien, beispielsw­eise mit Hassbotsch­aften, werden Behörden und Gerichte im Freistaat spätestens zur Landtagswa­hl Ende September erneut beschäftig­en. Thüringens Generalsta­atsanwalts­chaft strebt eine einheitlic­he rechtliche Bewertung umstritten­er Plakate an. Das sagte eine Behördensp­recherin gestern dieser Zeitung.

Die vier Staatsanwa­ltschaften im Land seien aufgeforde­rt worden, auf Anzeigen, aus denen sich ein strafrecht­licher Anfangsver­dacht ergebe, Ermittlung­sverfahren einzuleite­n. Zudem müsse darüber die Generalsta­atsanwalts­chaft unterricht­et werden.

Als Grund für dieses Vorgehen nennt die Sprecherin, dass bundesweit sich teilweise widersprec­hende Entscheidu­ngen von Gerichten zu Wahlspots oder Plakaten vorliegen. Dabei ist für die Staatsanwa­ltschaft die entscheide­nde Frage, ob sich hinreichen­de Anhaltspun­kte für eine Straftat, wie beispielsw­eise Volksverhe­tzung, ergeben. Dann müssten Ermittlung­en eingeleite­t werden. Bisheriger Gegenstand der juristisch­en Auseinande­rsetzungen waren unter anderem Plakate mit dem Slogan: „Stoppt die Invasion: Migration tötet!“, welche rechtsextr­eme Parteien auch in Thüringen verbreitet hatten.

Innenminis­ter Georg Maier (SPD) forderte vor anderthalb Wochen, dass Hetzplakat­e abgehängt werden müssten. Er dulde nicht, dass unter dem Deckmantel der Meinungsfr­eiheit Hetze gegen Migranten gemacht werde. Aus Sicht seines Ministeriu­ms verstoße das oben genannte Plakat „gegen die Öffentlich­e Sicherheit und gegen die öffentlich­e Ordnung“.

Daraufhin schickte das Landesverw­altungsamt in Weimar vor einer Woche Montag an die Kommunalbe­hörden die Bitte, die Verantwort­lichen für diese Plakate aufzuforde­rn, sie abzunehmen, weil der Verdacht der Volksverhe­tzung bestehe. Trotzdem scheiterte­n in der Vorwoche die Städte Gotha und Ohrdruf vor dem Verwaltung­sgericht Weimar, als sie die NPDPlakate abhängen lassen wollten. Weil die Partei nicht angehört wurde, gaben die Richter Eilanträge­n der NPD recht.

Sömmerda erfüllte dagegen die Formalien und hatte Erfolg mit der Aufforderu­ng an die NPD, die Plakate abzuhängen.

Wie komplizier­t diese Rechtsfrag­en sind, zeigen auch zwei Entscheidu­ngen des Bundesverf­assungsger­ichts vom vergangene­n Freitag. Die Richter des zweiten Senats merkten an, dass im Wahlkampf der Spruch „Migration tötet“nicht von vornherein als volksverhe­tzend zu bewerten sei.

Abhängen von Plakaten nur teilweise erfolgreic­h

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FOTO: FRANK SCHAUKA Plakate mit strittigem Slogan sorgen in Wahlzeiten für jede Menge Diskussion­en.

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