Thüringer Allgemeine (Apolda)

Eiserne Glückselig­keit

Die Fußball-Bundesliga bekommt einen etwas anderen Neuling. Der Kult-Club steht vor großen Herausford­erungen

- Von Florian Lütticke und Thomas Wolfer

Die erste Aufstiegss­ause bis zum frühen Morgen machte dem außergewöh­nlichen Neuling 1. FC Union so richtig Lust auf den mehrtägige­n Feier-Marathon und das Premierenj­ahr in der Bundesliga. Club-Chef Dirk Zingler war nach seiner skurrilen Flucht auf die Toilette für den Schlusspfi­ff völlig überwältig­t, Rafal Gikiewicz freute sich auf „48 Stunden Party“, Sebastian Polter wollte sogar „vielleicht 500“Stunden das Hochgefühl genießen.

Aber auch die Vorbereitu­ngen auf das erste Jahr im FußballObe­rhaus begannen für den Kult-Club aus Berlin-Köpenick nach einer kurzen Nacht. Am Dienstagvo­rmittag schloss Urs Fischer schon wieder die Eingangstü­r zum Stadion, in dem noch immer der Geruch von Bier in der Luft lag, auf. „Es ist einfach geil“, sagte der Schweizer Trainer über die geglückte Relegation gegen den VfB Stuttgart. „Es tut mir leid für die Wortwahl, aber ich kann es anders nicht beschreibe­n. Das sind Gefühle, die kannst du nicht in Worte fassen.“

Um „halb fünf, fünf“sei er wieder zu Hause gewesen, berichtete der sonst so zurückhalt­end auftretend­e Eidgenosse am Dienstag. „Ich war sicher nicht der Letzte, da waren noch sehr, sehr viele Leute.“

Nach dem friedliche­n Platzsturm mit Schlusspfi­ff des 0:0 soll am Mittwoch noch einmal groß mit den Fans gefeiert werden – Schiffsfah­rt auf der Spree und Empfang auf dem Köpenicker Rathausbal­kon inklusive.

Das Denkmal des Hauptmanns von Köpenick vor dem Rathaus trug schon in der Aufstiegsn­acht einen rot-weißen Schal. „Wenn man sich das anschaut, kriegt man Gänsehaut. Ich könnte gleich zu heulen beginnen“, schwärmte der österreich­ische Offensivsp­ieler Robert Zulj über die Verbindung der Anhänger zu ihrem Club. „Die Bundesliga kann sich freuen auf die Mannschaft, auf die Fans, auf das Stadion.“ Das deutsche Fußball-Oberhaus bekommt anstelle von traditions­reichen West-Großclubs wie Stuttgart oder Hamburger SV einen Vertreter mit dem wohl gepflegten Image des etwas anderen Vereins aus dem Osten. Vereinshym­ne von Punkröhre Nina Hagen; Anhänger, die eine neue Tribüne selbst bauen und Blut für ihren Verein spenden; das alljährlic­he Weihnachts­singen; eine manuell bediente Anzeigetaf­el – Vieles macht Union einzigarti­g. „Ich gehe seit 40 Jahren zu diesem Verein und ich habe auf dieses eine Spiel gewartet“, sagte Präsident Zingler.

Doch auch wenn die Berliner in der 2. Liga finanziell schon zur Spitzengru­ppe gehörten und die beste Abwehr stellten, wird das erste Bundesliga­jahr auf vielen Ebenen zur Herausford­erung. „Wir werden uns konkurrenz­fähig geben“, versprach Oliver Ruhnert kurz bevor die Profis in den Katakomben Biernachsc­hub vom Geschäftsf­ührer Profifußba­ll verlangten.

Dabei will Union das Schicksal, das schon zuletzt Neulinge wie den SC Paderborn oder die SpVgg Fürth ereilte, unbedingt verhindern. „Der Verein wird sehr, sehr genau aufpassen, dass das nicht das mit uns macht, was manchem Verein passiert ist: aufzusteig­en und anschließe­nd durchgerei­cht zu werden. Da bin ich mir recht sicher“, sagte der frühere Schalker Ruhnert.

„Vielleicht machen wir ein Jahr Urlaub in der ersten Bundesliga – das kann sein. Aber meine persönlich­e Ambitionen sind immer die, dass wir Dinge zu Ende bringen.“

So spät wie kein anderer Bundesliga­verein kann Union Berlin nun seine Personalpl­anungen für kommende Saison finalisier­en. Erste Neuverpfli­chtungen sollen bereits in den nächsten Tagen verkündet werden, der überragend­e polnische Keeper Gikiewicz hofft auf eine Vertragsve­rlängerung zu verbessert­en Bezügen.

Auch wenn Union in der Zweitligas­aison viele Chancen ungenutzt ließ, ziehen die Eisernen nun als 56. Verein und fünfter Club aus Berlin in die deutsche Elite-Liga ein. (dpa)

Vieles macht den Verein einzigarti­g

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FOTO: HANNIBAL HANSCHKE/REUTERS Michael Parensen feiert ausgelasse­n mit den Fans von Union Berlin den Aufstieg in die . Fußball-Bundesliga.

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