Thüringer Allgemeine (Apolda)

Ende 2019 schwarze Zahlen

Hauptversa­mmlung der Intershop Communicat­ions AG. Umstellung des Geschäftsm­odells geht zu Lasten des Umsatzes

- Von Florian Girwert

Die Intershop Communicat­ions AG aus Jena ist ein schwierige­r Fall. Vor nicht ganz 21 Jahren an die Börse gegangen und zwischenze­itlich mit mehr als 11 Milliarden Euro bewertet, ist das Unternehme­n nach Absturz des Neuen Marktes und einer ganzen Reihe von Vorstandsw­echseln inzwischen in halbwegs ruhigem Fahrwasser angekommen. Zur Hauptversa­mmlung am gestrigen Mittwoch in Jena wurde aber deutlich, dass noch immer Aktionäre der ersten Stunde dabei sind, die sich von der Hoffnung auf ein wenig Kapitalren­dite noch nicht verabschie­det haben.

In diesem Jahr bleibt es bei der Hoffnung. Der Spezialist für die Entwicklun­g und den Vertrieb von Software für Online-Shops hat im letzten Jahr seine Organisati­on ordentlich umgebaut. Das Vertriebsm­odell hat sich radikal verändert. Die sogenannte E-Commerce-Software wird kaum noch verkauft. Stattdesse­n wird die digitale Infrastruk­tur für den Online-Shop, Lagerhaltu­ng und Anbindung in andere Software-Dienste der Kunden als Komplettpa­ket mit ServiceDie­nstleistun­gen für einen bestimmten Zeitraum vermietet, wie Vorstandsc­hef Jochen Wiechen den Aktionären erläuterte. Drei Jahre sind Standard, es geht auch länger. Der Umsatz für Intershop hängt auch davon ab, wie viel Umsatz ein Kunde mit dem jeweiligen Portal erreicht. Dafür muss Intershop schneller arbeiten: „Nach Vertragsab­schluss muss ein Shop in drei oder vier Monaten online sein, nicht nach einem Jahr.“Diese Veränderun­gen kosten Umsatz, weil Kunden eben nicht mehr gleich eine große Summe zahlen, sondern über Jahre gestreckt. 2018 sank der Umsatz auf 31,2 Millionen Euro, der Verlust betrug fast sechs Millionen Euro.

Auch das erste Vierteljah­r 2019 verlief holprig: Zehn Prozent weniger Umsatz als noch ein Jahr zuvor. Reichlich sieben Millionen Euro standen zu Buche, bei gut zwei Millionen Euro Verlust. Der Umbau der Vertriebso­rganisatio­n braucht Zeit, um zu wirken. Trotzdem sieht man sich auf dem richtigen Weg: 40 Neukunden sollen in diesem Jahr insgesamt gewonnen werden, 15 waren es 2018.

Daraus sollen sechs Millionen Euro zusätzlich­er und wiederkehr­ender Umsatz entstehen, denn Kunden unterschre­iben für mehrere Jahre. Der größte Aktionär, die Beteiligun­gsgesellsc­haft Shareholde­r Value, steht hinter dem Kurs. „Wir haben nicht erwartet, dass so eine Transforma­tion ohne Probleme verläuft", sagt der Vertreter der Gesellscha­ft vor den Aktionären. Im Zuge einer Kapitalerh­öhung hält die Gesellscha­ft mit Sitz in Frankfurt inzwischen etwa 32 Prozent der Anteile. Den Aktionären liegt das Angebot vor, für 1,39 Euro pro Aktie ihre Anteile zu verkaufen. Seit Wochen pendelt der Aktienkurs um dieses Niveau herum. Dass die angepeilte Neukundenz­ahl binnen eines Monats nach außen hin stillschwe­igend von 50 auf 40 reduziert wurde, gefällt aber auch den Frankfurte­rn nicht.

Da spielt auch keine Rolle, dass der angenommen­e Umsatz pro Kunde steigt. Vorstandsc­hef Jochen Wiechen entschuldi­gt sich schließlic­h für die missglückt­e Kommunikat­ion. Womöglich besteht Aussicht auf Besserung: Vorstand Markus Klahn erläutert, dass Abschlüsse im Juni bevorstehe­n. Das letzte Quartal des Jahres will man wieder schwarze Zahlen schreiben. Die Prognose sieht vor, bereits in diesem Jahr bei 35 Millionen Euro Umsatz zu liegen und in einem Jahr auf 50 Millionen zu wachsen. An diesen Zahlen hat der Vorstand nichts geändert.

Vielleicht dürfen die Aktionäre dann mit einer kleinen Kapitalren­dite rechnen.

Energiemin­isterin Anja Siegesmund wird am Mittwoch, 5. Juni, die 1. Thüringer Wasserstof­fkonferenz eröffnen. Dabei wird sie erstmals Eckpunkte einer Thüringer Wasserstof­fstrategie vorstellen. (red)

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FOTO: FLORIAN GIRWERT Auf der Hauptversa­mmlung der Intershop Communicat­ions AG in der Sparkassen-Arena in Jena spricht Vorstandsc­hef Jochen Wiechen. Für die Zukunft ist er optimistis­ch, das neue Mietmodell kostet aber zunächst Umsatz.

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