Schöner wird’s nicht
Es sind bewegende Bilder, die da aus Harvard über den Atlantik nach Deutschland übertragen wurden. Über 20.000 Menschen–vorderKulissederberühmtesten Hochschule der Welt im Jubel vereint. Im Herzen Amerikas untermauerte Angela Merkel, dass sie die Anführerin der freien Welt ist. Wohltuend ging sie auf scharfe Distanz zu Populisten wie Donald Trump – dafür musste sie noch nicht einmal seinen Namen nennen.
Ja, diese kluge Physikerin und pragmatische Ostdeutsche ist auf der zunehmend von Despoten dominierten Weltbühne unbestritten eine
Lichtgestalt.
Aber schaut man auf Europa und die deutsche Innenpolitik, verkümmert die Merkel’sche Strahlkraft zu der einer Taschenlampe mit ausgelaugten Batterien. Im Europawahlkampf machte sich Angela Merkel das Motto des Komikers Hape Kerkeling zu eigen: „Ich bin dann mal weg.“
Nur eine Handvoll Auftritte absolvierte sie. Für ein einziges großes Interview reichte es, in dem sie „ihre gesteigerte Verantwortung“für Europa kundtat, dafür aber wiederholt Frankreichs Präsident Emmanuel Macron im Regen stehen ließ. Merkel wollte mit einer weiteren Niederlage nicht verbunden werden. Die Bühne der CDU sollte Annegret Kramp-Karrenbauer allein gehören.
Aber wofür brennt Angela Merkel noch? Und was unternimmt die Frau eigentlich, um das Ende der ausgelaugten schwarz-roten Koalition zu verhindern?
Merkel verdankt ihre vierte Amtszeit den Sozialdemokraten, die sich nach dem Scheitern von Jamaika in die staatspolitische Pflicht nehmen ließ und nun einen sehr hohen Preis dafür zahlt. Deutschland hat Angela Merkel viel zu verdanken.
Wer im schnöden Regierungsalltag nicht mehr führt, sondern sich nur noch im Glanz internationalen Ruhms sonnt, sollte Platz machen. Vor 2021. Schöner als in Harvard wird’s nicht mehr.