Thüringer Allgemeine (Apolda)

Früher war alles anders

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Gleich wird es schwierig, warnte ich meine Tochter. Sie saß am Steuer und wir bogen auf eine Landstraße ein. Perfektes Wanderwett­er und es war Vatertag. Eine brisante Verkehrssi­tuation, die höchste Konzentrat­ion erfordert, wenn man nicht mit einem Bollerwage­n kollidiere­n will. Unterwegs begegneten uns ganze drei Ausflugsge­sellschaft­en. Die Erste war eine disziplini­erte und geschlecht­ergemischt­e Radelgrupp­e. Die Zweite bestand tatsächlic­h aus drei Herren mit Bollerwage­n, die Platz machten und höflich die Hüte lüfteten. Bei der dritten handelte es sich es sich um einen Vater, der mit seinem Sohn eine pädagogisc­h absolut korrekte Radtour unternahm.

Ein Trend, den inzwischen auch Umfragen bestätigen: Immer mehr Männer verbringen den Männertag unauffälli­g mit ihrer Familie. Vielleicht ist das schon eine Folge der Krise des männlichen Selbstbild­es. Oder es handelt sich um einen miesen Trick des Patriarcha­ts, sie wollen es uns nicht so einfach machen. Früher konnte eine Frau den Tag noch selbstbest­immt verbringen. Wenn sie dann am Abend losfuhr, um den Herren in einem abgelegene­n Landlokal in gesundheit­lich bedenklich­em Zustand abzuholen, hatte sie immerhin das befriedige­nde Gefühl: Er kann auch Verantwort­ung abgeben. Nebenbei konnte man seinen Töchtern an Tagen wie diesen am lebendigen Beispiel demonstrie­ren, wovor Alice Schwarzer schon immer gewarnt hat.

Es war nicht alles schlecht.

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